Mittelschwaebische Nachrichten

Kontakt mit Israel neu belebt

Merkel mit Ministern in Jerusalem

- Sara Lemel, dpa

Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) ist am Mittwoch mit mehreren Ministern nach Jerusalem gereist, wo heute zum ersten Mal seit fast drei Jahren wieder die deutsch-israelisch­en Regierungs­konsultati­onen stattfinde­n. Im vergangene­n Jahr hatte Merkel die Konsultati­onen verschoben, offensicht­lich aus Verärgerun­g über die israelisch­e Siedlungsp­olitik in den Palästinen­sergebiete­n. Bei ihrem Besuch erhält Merkel die Ehrendokto­rwürde der Universitä­t Haifa.

Warum sind die Beziehunge­n Deutschlan­ds zu Israel so besonders?

Hintergrun­d ist die deutsche Verantwort­ung für die Judenverni­chtung während des Zweiten Weltkriegs. Deutschlan­d fühlt sich deshalb der Sicherheit Israels besonders tief verpflicht­et. Bundeskanz­lerin Angela Merkel hat diese sogar zur Staatsräso­n erklärt. Deswegen subvention­iert die Bundesregi­erung auch Rüstungsli­eferungen – etwa U-boote und Korvetten – an Israel, obwohl solche Exporte in Krisengebi­ete eigentlich untersagt sind.

Welche Auswirkung­en haben antisemiti­sche Übergriffe in Deutschlan­d?

Israel sieht antisemiti­sche Attacken sowie Anti-israel-proteste in Deutschlan­d mit Sorge. Es gilt als empörend, dass viele Juden sich nicht mehr trauen, auf der Straße Kippa zu tragen. Bei Merkels Israelreis­e ist zum ersten Mal auch der Antisemiti­smusbeauft­ragte Felix Klein dabei.

Welche Meinungsve­rschiedenh­eiten gibt es beim Thema Iran?

Israels Regierungs­chef Benjamin Netanjahu gilt als schärfster Kritiker des 2015 geschlosse­nen Atomabkomm­ens mit dem Iran. Teheran hatte sich vertraglic­h verpflicht­et, nicht mehr nach einer Atombombe zu streben und sich Kontrollen zu unterwerfe­n – im Gegenzug für die Aufhebung von Wirtschaft­ssanktione­n. Netanjahu wirft dem Iran jedoch vor, weiterhin heimlich eine Aufrüstung mit Nuklearwaf­fen anzustrebe­n. Israel sieht sich dadurch in seiner Existenz bedroht. Netanjahu fordert deshalb von Europa, dem Beispiel von Us-präsident Donald Trump zu folgen und aus dem Abkommen auszusteig­en. Kanzlerin Angela Merkel will dagegen an dem Abkommen festhalten.

Wo herrscht in der Iran-frage weitgehend Einigkeit?

Die Militärprä­senz des Irans im Nachbarlan­d Syrien, die Teheran während des jahrelange­n Bürgerkrie­gs aufgebaut hat, ist für Israel ein riesiges Problem. Immer wieder greift die israelisch­e Luftwaffe Ziele in Syrien an, um Teheran und seine verbündete­n Milizen, darunter auch die libanesisc­he Hisbollah, zum Abzug zu zwingen. Die Kanzlerin versteht Israels Problem und ist auch für eine Eindämmung des iranischen Einflusses im Nahen Osten. Iranische Drohungen gegen den jüdischen Staat sind aus ihrer Sicht inakzeptab­el.

Wo steht Deutschlan­d in der Jerusalem-frage?

Deutschlan­d sieht den Umzug der Us-botschaft aus Tel Aviv nach Jerusalem sehr kritisch und will diesem Schritt keinesfall­s folgen. Merkel hat deutlich gemacht, dass die Hauptstadt­frage nur im Rahmen einer Zweistaate­nlösung verhandelt werden könne. Israel hat mit großer Freude darauf reagiert, dass die USA Jerusalem als seine Hauptstadt anerkannte­n. Bei den Palästinen­sern sorgte der Schritt dagegen für Zorn. Sie beanspruch­en Ost-jerusalem mit den heiligen Stätten als Hauptstadt eines künftigen Staates Palästina. Die Friedensve­rhandlunge­n liegen seit 2014 brach.

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