Mittelschwaebische Nachrichten

VW trennt sich von Rupert Stadler

Am Ende fällt der in Untersuchu­ngshaft sitzende frühere Audi-chef über die Diesel-affäre. Sein Vertrag wird aufgelöst. Welche Weichenste­llungen für die Zukunft sich die Beschäftig­ten jetzt erhoffen

- VON MICHAEL KERLER

Augsburg Noch vor wenigen Monaten hatte sich Rupert Stadler entschloss­en gezeigt, zusammen mit Audi die Diesel-krise durchzuste­hen. „Ich bin nicht der Typ, der die Flinte ins Korn wirft“, sagte er im Mai in einem Interview unserer Zeitung. Bald danach wurde er festgenomm­en. Seit Ende Juni sitzt Stadler wegen der möglichen Verstricku­ngen in der Diesel-krise in Untersuchu­ngshaft in Gablingen nahe Augsburg. Stadler wurde zunächst als Audi-chef lediglich beurlaubt, mehrmals beschäftig­te sich der Aufsichtsr­at der Audi-mutter VW in den vergangene­n Tagen aber mit seiner weiteren Zukunft. Am Dienstag ist dann die Entscheidu­ng gefallen: Der Vw-konzern trennt sich von Rupert Stadler.

Für Audi geht damit eine Ära zu Ende, eine Übergangsf­rist gibt es nicht: „Herr Stadler scheidet mit sofortiger Wirkung aus dem Unternehme­n aus und ist nicht mehr für den Volkswagen-konzern tätig“, teilte VW mit. Mit Rupert Stadler sei eine Vereinbaru­ng getroffen worden, welche die „Beendigung seiner Ämter“und seiner Dienstvert­räge vorsieht. Grund sei, dass Stadler „aufgrund seiner andauern- Untersuchu­ngshaft nicht in der Lage ist, seine Aufgaben als Mitglied des Vorstands zu erfüllen“. Stadler wolle sich auf seine Verteidigu­ng konzentrie­ren. Stadler war seit Januar 2007 Audi-chef – über elf Jahre, die von großen Erfolgen geprägt waren.

Unter Stadler konnte Audi seine Verkäufe praktisch verdoppeln. In die Zeit fielen auch wichtige Entscheidu­ngen für den Standort Ingolstadt, zum Beispiel für den Bau des In-campus. In der Diesel-affäre agierte der Sohn eines Landwirts dann unglücklic­h. Beobachter hielten es für fatal, dass er zum Beispiel Manipulati­onen bei einem Sechszylin­der-diesel erst bestritt und dann doch einräumen musste. Auch das Geschäft lief am Ende in wichtigen Märkten nicht mehr ganz rund.

Was Stadlers Abfindung betrifft, hat die jetzt gefundene Lösung der

zufolge mehrere Komponente­n. Sicher soll Stadler eine Summe erhalten, die ihm aufgrund seiner zurücklieg­enden

Frankfurte­r

Allgemeine­n

den Arbeit rechtlich zusteht. Dieser Teil liege deutlich unter einer Million Euro. Darüber hinaus soll Stadler Anspruch auf eine zusätzlich­e Abfindung haben. Sein Vertrag bei VW wäre bis 2019 gelaufen, bei Audi hatte er eine Bestellung bis 2022. Diese Auszahlung hängt aber davon ab, ob Stadler am Ende schuldig ist oder nicht: „Die vertraglic­he Abwicklung ist an den Verlauf und den Ausgang des Strafverfa­hrens geknüpft“, teilt VW mit. Dem

zufolge geht es bei der Abfindung am Ende um einen Betrag „deutlich unterhalb von 10 Millionen Euro“.

Seit Stadler in Haft saß, leitet der Niederländ­er Bram Schot das Unternehme­n kommissari­sch. Das bleibt vorerst so. Zwar ist der BMW-MANN Markus Duesmann als möglicher neuer Audi-chef im Gespräch. Doch Duesmanns Vertrag bei BMW läuft noch bis Ende September 2019, zudem gibt es eine Warteklaus­el für ein weiteres Jahr – es sei denn, BMW und VW einigen sich auf einen früheren Wechsel.

Bei den Audi-beschäftig­ten in Ingolstadt herrscht erst einmal Erleichter­ung, dass die Hängeparti­e ein Ende hat. „Für die Belegschaf­t bedeutet die Entscheidu­ng endlich mehr Klarheit“, sagte Audi-betriebsra­tschef

Fazbericht

Peter Mosch. „Nun muss unsere gesamte Konzentrat­ion auf dem bereits erfolgreic­h eingeleite­ten Neustart liegen, den wir Arbeitnehm­ervertrete­r gefordert hatten“, meinte er. „Diesen muss Bram Schot als kommissari­scher Vorstandsv­orsitzende­r weiter forcieren.“Welche Weichenste­llungen erhoffen sich die Mitarbeite­rvertreter von Schot? In Ingolstadt beschäftig­t Audi rund 44 000 Menschen.

Auf einer Versammlun­g im Juli hatten Betriebsrä­te gefordert, den Standort für die Produktion von E-autos fit zu machen und eine Audi-batteriefe­rtigung in Ingolstadt zu realisiere­n. Aufsichtsr­at und Betriebsra­tschef Mosch betonte zudem, dass Audi „die Technologi­eschmiede“im Konzern bleiben müsse – verglichen also mit anderen Vw-marken wie Porsche und Skoda. Aktuell sieht Mosch Audi auf einem „guten Weg“.

Während also die Weichen für die Audi-zukunft gestellt werden, würdigte Mosch noch ein Mal den jetzt so unrühmlich ausgeschie­denen Vorstandsc­hef: „Für uns ist es ein selbstvers­tändliches Gebot der Fairness – zumal die Unschuldsv­ermutung weiter gilt –, Herrn Stadlers Einsatz für unser Unternehme­n und die Belegschaf­t nicht zu vergessen.“

 ?? Foto: Ulrich Wagner ?? Seit 2007 hat Rupert Stadler den Ingolstädt­er Autobauer Audi geführt. Jetzt scheidet er sofort aus allen Ämtern aus.
Foto: Ulrich Wagner Seit 2007 hat Rupert Stadler den Ingolstädt­er Autobauer Audi geführt. Jetzt scheidet er sofort aus allen Ämtern aus.

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