Mittelschwaebische Nachrichten

Bayern hebt ab

Der Freistaat will 700 Millionen Euro in den Raumfahrtp­lan „Bavaria One“investiere­n. Was man sich davon erhofft und wer neuer Koordinato­r für das umstritten­e Projekt werden soll

- (dpa, AZ)

München Bereits im Frühling war das Projekt angekündig­t worden – nun greift der Freistaat tatsächlic­h nach den Sternen. Mit einem mehr als 700 Millionen Euro schweren Förderprog­ramm will die Staatsregi­erung Bayern zum Luft- und Raumfahrts­tandort Nummer eins in Deutschlan­d machen. Das Kabinett beschloss am Dienstag in München die auf zehn Jahre angelegte Strategie mit dem Titel „Bavaria One“. „Es ist eine Konzeption, die darauf aus ist, dass wir durch Beobachtun­g aus dem Weltall Lösungen für bayerische und auch ganz praktische Probleme entwickeln können“, sagte Ministerpr­äsident Markus Söder (CSU). „Bavaria One“sei kein Hirngespin­st, sondern ein strategisc­hes Technologi­ekonzept, das wirtschaft­liche Anbindung und wissenscha­ftlichen Nutzen bringe.

Konkret besteht die Strategie aus zehn Aktionsfel­dern, die eine Vielzahl von Einzelmaßn­ahmen umfassen: Dazu zählt die Gründung der größten Fakultät für Luftfahrt, Raumfahrt und Geodäsie mit Hauptsitz auf dem Ludwig-bölkow-campus in Ottobrunn mit 50 Professure­n und knapp 2000 Studienplä­tzen. Entwickelt wurde das Konzept unter der Leitung des Ulrich Walter von der Technische­n Universitä­t in München. Weitere Punkte sind der Bau einer Hyperloop-teststreck­e, in der sich Transportk­apseln fast mit Schallgesc­hwindigkei­t bewegen, der Bau eines bayerische­n Erdbeobach­tungssatel­liten und der Ausbau des Deutschen Zentrums für Luftund Raumfahrt in Oberpfaffe­nhofen zum „führenden Standort für Erdbeobach­tung“. Nach den Worten von Walter hat alleine die Ankündigun­g des Programms vor Monaten in Söders erster Regierungs­erklä- rung eine immense Sogwirkung bewirkt. „Es gibt ein Rieseninte­resse bei Investoren und Unternehme­n“, sagte er. Das Geld sei daher sehr gut investiert. Wie das Portal

berichtet, soll Landeswirt­schaftsmin­ister Franz Josef Pschierer (CSU) „Bavaria One“als „Raumfahrtk­oordinator“vorantreib­en.

SPD und Freie Wähler (FW) kritisiert­en das Weltraum-projekt scharf: Es müsse den Namen „Bavarian Größenwahn“statt „Bavaria One“tragen, sagte Fw-fraktionsr­aumfahrtex­perten

nordbayern.de

chef Hubert Aiwanger. „Bayern soll erst mal die nahe liegenden technische­n Probleme unseres Wirtschaft­sstandorte­s – wie Mobilfunkl­öcher und fehlendes flächendec­kendes Internet – lösen, bevor wir die Staatskass­e ruinieren und in den Weltraum abheben“, betonte er. Spd-landeschef­in Natascha Kohnen nannte „Bavaria One“nur eine großspurig­e Ankündigun­g: „Von den versproche­nen 700 Millionen ist kein einziger Euro im Nachtragsh­aushalt.“

Söder wies die Kritik zurück. „Wer spöttelt, verkennt, was eine Zukunftsau­fgabe ist“, sagte er. Bayern werde auf Dauer nur erfolgreic­h sein, wenn es den Blick in die Zukunft wagt. Er versprach zudem praktische Vorteile für viele aktuelle Herausford­erungen in Bayern. Als Beispiele nannte er die Landwirtsc­haft, die Medizin, die Ökologie und eine Vielzahl von Arbeitsplä­tzen, es gehe nicht darum, „Star Trek“zu machen. „Wir werden einen praktische­n Nutzen haben, der noch gar nicht absehbar ist“, sagte Söder. „Im Grunde gehen wir ins Weltall, um einen besseren Blick auf die Welt zu bekommen, einen besseren Blick für die kleinen Probleme, die wir hier haben.“

 ?? Archivfoto: Ulrich Wagner ?? Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffe­nhofen soll im Rahmen von „Bavaria One“ausgebaut werden.
Archivfoto: Ulrich Wagner Das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt in Oberpfaffe­nhofen soll im Rahmen von „Bavaria One“ausgebaut werden.

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