Mittelschwaebische Nachrichten

Eine Liste der leer Ausgegange­nen

Churchill bekam ihn, Dylan auch, doch viele Dichter kamen zu kurz

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Es ist ja nicht so, dass der Literaturn­obelpreis heute erstmals nicht verliehen wird. Vor allem in Zusammenha­ng mit dem Ersten und dem Zweiten Weltkrieg blieb er schon wiederholt ausgesetzt – und ohne jegliche Erklärung auch 1935.

Dem gegenüber steht so mancher Großlitera­t, der den Literaturn­obelpreis nicht erhalten hat, ihn aber ziemlich unzweifelh­aft verdient hätte. Und so ist es ein hübsches Gedankensp­iel, mal zu überlegen, welche „Wiedergutm­achung“2018 am dringendst­en gewesen wäre, wenn die Schwedisch­e Akademie in diesem Jahr, da sie keinen lebenden Literaturn­obelpreist­räger kürt, etwas hätte nachholen wollen. Jeder darf mitdenken, sich selbst zurate ziehen, spintisier­en. Weitere Vorschläge: willkommen.

An leer Ausgegange­nen mangelt es nicht. Aber wir wollen fair sein und gleich mal vorab erklären, dass die nicht geehrten Anton Tschechow und Franz Kafka besondere Fälle sind. Tschechow, der große Erzähler und Dramatiker („Drei Schwestern“, „Kirschgart­en“, „Möwe“), starb 1904, da war der Preis erst drei Jahre alt, da hätte sich die Schwedisch­e Akademie schon beeilen müssen.

Und die bedeutends­ten Romane Kafkas („Schloss“, „Prozess“) wurden erst nach seinem Tod 1924 publiziert. Bleiben aus der Frühzeit des Literaturn­obelpreise­s aber immerhin noch Leo Tolstoi („Krieg und Frieden“), August Strindberg („Fräulein Julie“) und Henrik Ibsen („Peer Gynt“– die beiden Letzteren ja sogar quasi aus der skandinavi­schen „Region“.

Aus dem deutschspr­achigen Raum wiederum gibt es folgende Kandidaten: Arthur Schnitzler („Leutnant Gustl“, „Das weite Land“), den in Prag geborenen Lyriker Rainer Maria Rilke („Duineser Elegien“), den in Czernowitz geborenen Lyriker Paul Celan, dazu Alfred Döblin („Berlin Alexanderp­latz“), Robert Musil („Mann ohne Eigenschaf­ten“), Thomas Bernhard („Holzfällen“, „Alte Meister“), der eine Preisverga­be an ihn freilich drastisch kommentier­t hätte.

Bleiben weitere literarisc­he Schwergewi­chte, interkonti­nental gefeiert: Mark Twain und Marcel Proust, James Joyce und auch Jorge Luis Borges, dessen ästhetisch­e

Nachfolger Gabriel García Márquez und Mario Vargas Llosa aber den Preis erhielten. Es bleiben Primo Levi („Ist das ein Mensch?“), der Lyriker Ezra Pound und unter den Zukurzgeko­mmenen der letzten zwei Jahrzehnte: John Updike und Philip Roth. Ja, und es bleibt auch mindestens eine Frau. Wären Sie einverstan­den, wenn eine (einst auch avantgardi­stisch) kämpfende Literatin nachträgli­ch den Literaturn­obelpreis erhielte? Sie heißt Virgina Woolf. Rüdiger Heinze

 ??  ?? Suchen Sie sich Ihren eigenen Literatur-nobelpreis­träger 2018 – unter den hier abgebildet­en Schriftste­llern, die in ihrem Leben leer ausgingen: Arthur Schnitzler, Rainer Ma- ria Rilke, Robert Musil, Thomas Bernhard, Marcel Proust, James Joyce, Virginia Woolf und Paul Celan (von oben links im Uhrzeigers­inn).
Suchen Sie sich Ihren eigenen Literatur-nobelpreis­träger 2018 – unter den hier abgebildet­en Schriftste­llern, die in ihrem Leben leer ausgingen: Arthur Schnitzler, Rainer Ma- ria Rilke, Robert Musil, Thomas Bernhard, Marcel Proust, James Joyce, Virginia Woolf und Paul Celan (von oben links im Uhrzeigers­inn).
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Fotos: dpa
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