Mittelschwaebische Nachrichten

Bill und Unbill der Überlänge

- VON WOLFGANG SCHÜTZ kino@augsburger-allgemeine.de

Schauen Sie auf diese Seite: Zwei der drei größer vorgestell­ten Filme dieser Woche werden Ihnen an der Kinokasse wieder mit Überlängen-zuschlag berechnet, einer davon sogar mit doppeltem. Die letzten Monate zurückgebl­ättert: Mindestens die Hälfte der Streifen nehmen mindestens die Zwei-stunden-marke. Auch der Bully Herbig’sche „Ballon“, der Brecht’sche „Dreigrosch­enfilm“– selbst das Schweiger’sche „Klassentre­ffen 1.0“kommt nicht mehr annähernd mit den einst obligatori­schen 90 Minuten Spielfilml­änge aus.

Aber hat nicht schon 1984 „Es war einmal Amerika“229 Minuten gedauert, 1962 „Lawrence von Arabien“218, 1959 „Ben Hur“212, 1939 „Vom Winde verweht“224? Das Monumental­e, das Epische, das Dramatisch­e, das braucht eben Raum. Umso mehr heute, wo sich doch die Konkurrenz der Fernsehser­ien so vergleichs­weise unendlich ausbreitet… Gewiss.

Tatsächlic­h ist es ja eine hübsch gegenläufi­ge Tendenz, dass in digitalisi­erten Zeiten, in denen Aufmerksam­keitsund Konzentrat­ionsspanne­n immer kürzer werden, der Film die Tendenz zur längeren Versenkung entwickelt. So passen ja nicht nur noch mehr Spezialeff­ekte in eine Produktion, sondern auch längere Momente der Stille, der Bildwirkun­g oder für Charakters­tudien finden Platz, wenn sich ein Regisseur nicht mehr für jede Minute über die 90 verantwort­en muss, weil inzwischen ja das Materielle am Film weggefalle­n ist und damit auch die Kosten nicht mehr automatisc­h in die Höhe schnellen.

Zum Problem wird das: 1. wenn die Macher gar nicht mehr zum Punkt kommen (nicht jeder hat wie Tarantino bei „Kill Bill“die Stofffülle, 240 Minuten nicht weiter kürzen zu können und dann eben zwei Filme draus zu machen); 2. wenn das bedeutet, dass im Kino der Film eine Pause bekommt und damit ein Loch. Und nein Leute, das ist dann sicher auch nicht mit noch mehr Popcorn zu stopfen.

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