Mittelschwaebische Nachrichten
Bill und Unbill der Überlänge
Schauen Sie auf diese Seite: Zwei der drei größer vorgestellten Filme dieser Woche werden Ihnen an der Kinokasse wieder mit Überlängen-zuschlag berechnet, einer davon sogar mit doppeltem. Die letzten Monate zurückgeblättert: Mindestens die Hälfte der Streifen nehmen mindestens die Zwei-stunden-marke. Auch der Bully Herbig’sche „Ballon“, der Brecht’sche „Dreigroschenfilm“– selbst das Schweiger’sche „Klassentreffen 1.0“kommt nicht mehr annähernd mit den einst obligatorischen 90 Minuten Spielfilmlänge aus.
Aber hat nicht schon 1984 „Es war einmal Amerika“229 Minuten gedauert, 1962 „Lawrence von Arabien“218, 1959 „Ben Hur“212, 1939 „Vom Winde verweht“224? Das Monumentale, das Epische, das Dramatische, das braucht eben Raum. Umso mehr heute, wo sich doch die Konkurrenz der Fernsehserien so vergleichsweise unendlich ausbreitet… Gewiss.
Tatsächlich ist es ja eine hübsch gegenläufige Tendenz, dass in digitalisierten Zeiten, in denen Aufmerksamkeitsund Konzentrationsspannen immer kürzer werden, der Film die Tendenz zur längeren Versenkung entwickelt. So passen ja nicht nur noch mehr Spezialeffekte in eine Produktion, sondern auch längere Momente der Stille, der Bildwirkung oder für Charakterstudien finden Platz, wenn sich ein Regisseur nicht mehr für jede Minute über die 90 verantworten muss, weil inzwischen ja das Materielle am Film weggefallen ist und damit auch die Kosten nicht mehr automatisch in die Höhe schnellen.
Zum Problem wird das: 1. wenn die Macher gar nicht mehr zum Punkt kommen (nicht jeder hat wie Tarantino bei „Kill Bill“die Stofffülle, 240 Minuten nicht weiter kürzen zu können und dann eben zwei Filme draus zu machen); 2. wenn das bedeutet, dass im Kino der Film eine Pause bekommt und damit ein Loch. Und nein Leute, das ist dann sicher auch nicht mit noch mehr Popcorn zu stopfen.