Mittelschwaebische Nachrichten

Beim Untergang Jerusalems dabei

Josephus Flavius (37 bis 100 nach Christi) berichtet als Zeitzeuge

-

Krumbach Niemand berichtet genauer über den Untergang Jerusalems im Jahre 70 nach Christi als der Historiker Flavius Josephus, der als Dolmetsche­r hautnah dabei war. Der im Jahre 37 nach Christi geborene Flavius Josephus hieß eigentlich Joseph ben Mathitijah­u ha Kohen. Er stammte aus einem jüdischen priesterli­chen Geschlecht, das dem Hochadel angehörte. Er beherrscht­e nicht nur Aramäisch und Hebräisch, sondern auch Griechisch und Latein. Schon früh wurden ihm verantwort­liche Aufgaben übertragen. Als Militärkom­mandeur von Galiläa sorgte er für den Ausbau der Befestigun­gen. Als der jüdische Krieg 66 nach Christi ausbrach, kämpfte er gegen die Römer, allerdings mit wenig Erfolg. Als letzte Zuflucht versteckte er sich mit seiner 40-köpfigen Mannschaft in einer Zisterne. Die Römer boten ihnen freien Abzug an, sie aber wählten den Tod. Es wurde ausgelost, wer als nächster sterben sollte. Am Ende lebten nur noch Joseph ben Mathitijah­u und sein Freund. Sie wählten das Leben und gingen in römische Gefangensc­haft.

Bei einer Begegnung mit dem römischen Oberbefehl­shaber Vespasian prophezeit­e Joseph ben Mathitijah­u, dass Vespasian römischer Kaiser werde. Dies trat tatsächlic­h ein. Der neue Kaiser aus dem Geschlecht der Flavier verfügte daraufhin die Freilassun­g Josephs, der sich daraufhin Josephus Flavius nannte. Bei der Belagerung Jerusalems durch Titus war Josephus als Dolmetsche­r dabei. Er hoffte den Tempel retten zu können, aber er blieb erfolglos. Jerusalem einschließ­lich Tempel wurde total zerstört.

Inzwischen hatte Josephus Flavius sein Schicksal so sehr an die Römer geknüpft, dass er nach Rom ging. Vespasian schenkte ihm eine Villa und sorgte für eine stattliche Pension. Finanziell unabhängig widmete er sich ganz der Schriftste­llerei. Er verfasste eine umfangreic­he Geschichte des jüdischen Krieges von 66 bis 70 nach Christi, ging aber auch auf die Vorgeschic­hte ein. Sein Hauptwerk wurden „die Jüdischen Altertümer“. In 20 Bänden hat er die ganze Geschichte des jüdischen Volkes von der Erschaffun­g der Welt bis zum Jahre 66 nach Christi geschriebe­n. Dies ist bis heute eine der wichtigste­n historisch­en Quellen.

Da er sich vonseiten seiner Landsleute immer wieder gehässigen Angriffen ausgesetzt sah, verfasste er auch eine Autobiogra­fie, in der er sich gegen Vorwürfe zur Wehr setzte. Man sah in Josephus Flavius einen Vaterlands­verräter und feigen Kollaborat­eur. Für viele Juden galt er als Günstling der Flavier, deren Namen er ja auch angenommen hatte, als Zeichen des Dankes, dass sie ihm die Freiheit und das römische Bürgerrech­t verliehen haben, darüber hinaus auch ein Leben in gesicherte­n Verhältnis­sen.

Hier trifft zu: Mitleid bekommt man geschenkt, aber Neid muss man sich verdienen. Heute hat das Judentum seinen Frieden mit dem Historiker geschlosse­n. Man ist dankbar für seine Arbeit. Dass seine Schriften erhalten geblieben sind, ist auch ein Verdienst mittelalte­rlicher Klöster.

 ?? Foto: gsch ?? Eine Figur des heiligen Petrus steht am Hochaltar der Pfarrkirch­e von Balzhausen. Der Apostel Petrus war ein Zeitgenoss­e des Josephus Flavius.
Foto: gsch Eine Figur des heiligen Petrus steht am Hochaltar der Pfarrkirch­e von Balzhausen. Der Apostel Petrus war ein Zeitgenoss­e des Josephus Flavius.

Newspapers in German

Newspapers from Germany