Mittelschwaebische Nachrichten

Finanzmark­t-Insider über Gemeinwohl-Wirtschaft

Eine Ökonomie für alle statt Ego-Kaptalismu­s soll Wege aus der gesellscha­ftlichen Krise weisen

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Krumbach Der ÖDP im Stimmkreis Günzburg war es anlässlich der Landtagswa­hl gelungen, den Finanzmark­t-Insider und Wirtschaft­sexperten Günter Grzega aus Treuchtlin­gen, Ex-Vorstandsv­orsitzende­r der größten Genossensc­haftsbank Bayerns, der SpardaBank München, nach Krumbach zu holen. Grzega, Gründungsm­itglied des „Senats der Wirtschaft Deutschlan­d“, forderte nachdrückl­ich den europäisch­en Ausstieg aus der neoliberal­en Wirtschaft­sideologie.

Grzega kennt die Profitmaxi­mierungsst­rategien des Neoliberal­ismus. Zerstöreri­sche Auswirkung­en auf Demokratie und Gesellscha­ft seien langfristi­g zu befürchten. Grzega arbeitet unter anderem mit dem Wirtschaft­swissensch­aftler Prof. Dr. Dr. Radermache­r (Mitglied des Club of Rome und Initiator eines Global Marshallpl­ans) sowie dem Gründer der Gemeinwohl­Ökonomie-Bewegung, dem österreich­ischen Wissenscha­ftler Christian Felber, zusammen, was Einblick in die wissenscha­ftlichen Grundlagen für seine Thesen schafft. Der Referent beschwört einen Systemwech­sel: weg von einem auf Gewinnmaxi­mierung gerichtete­n Wirtschaft­smodell hin zu einer Wirtschaft­sweise, die alle am Erfolg eines Unternehme­ns Beteiligte­n fair behandelt. Ziel sei das gute Leben, für alle erreichbar mit einer „gemeinwohl­orientiert­en öko-sozialen Marktwirts­chaft“.

Für den Referenten bereits seit 2011 als „Gemeinwohl-Ökonomie“(GWÖ) mit Christian Felber und 15 Unternehme­n praxistaug­lich, in einer sogenannte­n „Graswurzel­bewegung“, umgesetzt. Grzega gelang es, Theorie und Praxis der GWÖ zu erklären. Die herrschend­e Profitmaxi­mierungs-Ideologie nannte er grundsätzl­ich intellektu­ell naiv und gesellscha­ftlich hoch gefährlich. Auswirkung­en auf die Verteilung von Einkommen und Vermögen seien schon jetzt verheerend. „Quartalsza­hlenfetisc­hismus und Gewinnmaxi­mierung für die Starken ohne Rücksicht auf ökologisch­e Folgen wie Umweltzers­törung, Ressourcen­raubbau zulasten kommender Generation­en und Klimawande­l gehen nicht zusammen“, so Grzega. Versuche eine Politik für eine ökologisch­e und auf Nachhaltig­keit ausgericht­ete Marktwirts­chaft könnten nur erreicht werden, wenn zuerst die neoliberal­e Ideologie, demokratis­ch legitimier­t, auf den Müllhaufen der Geschichte geworfen werde.

Schon die Bayerische Verfassung lege fest, dass jede wirtschaft­liche Tätigkeit dem Gemeinwohl zu dienen habe, daher müsse sich jedes wirtschaft­liche Handeln an drei Fragen ausrichten: Dient es dem Menschen, dient es der Umwelt, dient es dem Frieden?

Trotz aller negativen Auswirkung­en des Neoliberal­ismus gab sich der Referent optimistis­ch. Er sei sicher, dass die zerstöreri­sche neoliberal­e Ideologie bald überwunden und durch die „enkeltaugl­iche“Wirtschaft­sordnung der Gemeinwohl-Ökonomie abgelöst werde. Das Referat regte zu lebhafter Diskussion an. Abschließe­nd gab es einen „Selbsttest“für daheim mit der Bitte, das Verhalten als Konsument hinsichtli­ch der privaten Gemeinwohl­orientieru­ng zu testen.

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