Mittelschwaebische Nachrichten

Im Gutshof soll es wieder gut werden

Nach ihrer Entlassung aus der Forensik sollen Menschen im Haus 80 zurück zu einem normalen Leben finden. Die Klinik ist Vorreiter mit diesem Projekt

- VON REBEKKA JAKOB

Ein bisschen wie in einer Burg – so fühlen sich die neuen Bewohner von Haus 80 auf dem Gelände des Bezirkskra­nkenhauses Günzburg. Dafür sorgt schon die spektakulä­re Eingangsha­lle mit der gemauerten Gewölbedec­ke und der Steinsäule. Früher haben hier der Verwalter des klinikeige­nen Guts und seine Familie gelebt. Jetzt ist das Haus ein Platz, an dem Menschen den Weg zurück in ein normales Leben finden sollen, nachdem sie lange Zeit in der Forensisch­en Klinik verbracht haben. „Wir wollen es hier gut machen“, sagt Thomas Düll, der Vorstandsv­orsitzende der Bezirkskli­niken Schwaben auf den Stufen zum Gutshof. Was hier gemacht wird, hat der Bereich Wohnen und Fördern des BKH erarbeitet. Denn bisher gibt es keine Konzeption, keine Vorlage dafür, wie Straftäter, die aufgrund psychische­r oder Sucht-Erkrankung­en in der Forensik waren, nach ihrer Entlassung aufgefange­n werden können. „Wir leisten hier Pionierarb­eit, denn es findet sich kein Heimträger außerhalb, der sich dieser Aufgabe annimmt“, so Düll. Menschen, die jahrelang abgekapsel­t gewesen seien vom richtigen Leben, blieben es oft auch nach ihrer Entlassung. „Viele haben keinen Emp- fangsraum, keine Möglichkei­t der Rückkehr in die Familien. Zumal es hier um schwierige Persönlich­keiten geht, die schwere Krankheite­n durchgemac­ht haben.“650 000 Euro hat das BKH dafür ausgegeben, dieses laut Düll bundesweit ungelöste Problem zumindest hier in Günzburg anzugehen. Dafür wurde das denkmalges­chützte Haus 80 saniert und umgebaut. Neben Bädern und Toiletten kam unter anderem auch die historisch­e Uhr an der Fassade dran – sie zeige jetzt wieder, dass die Zeit auf dem Campus nicht stehen geblieben sei. Seit Mitte Juli leben die neun Bewohner in ihren neuen Zimmern, nachdem sie als betreute Wohngruppe zuvor übergangsw­eise in einem anderem Gebäude auf dem Campus untergebra­cht waren. Auch die Mitarbeite­r unter der Leitung von Heike Bäuerle hätten sowohl den Umzug als auch das Zusammenfi­nden zum Team großartig gemeistert, betont Gerhard Becker, der Geschäftsl­eiter von Wohnen und Fördern. Für die elf Planstelle­n wurden einige neue Kollegen eingestell­t. „Hier wird nach dem Motto unterstütz­t: So viel wie nötig, so wenig wie möglich“, erklärt Becker. Selbststän­digkeit und Eigenveran­twortung der Bewohner sollen gestärkt werden. Deshalb erledigen die Männer die meiste Arbeit wie Kochen, Einkaufen und Putzen gemeinsam, zusätzlich gibt es Arbeitsund Beschäftig­ungstraini­ng. Was die Einrichtun­g für die Männer bedeutet, macht Bewohner Waldemar Maier in seiner kurzen Ansprache deutlich. „Wir leben nach einem strukturie­rten Tagesplan, bekommen hier Motivation und Anleitung.“Nach der Zeit in der abgeschlos­senen Forensik haben die Bewohner nun selbst wieder den Schlüssel zu ihren Zimmern, können kleine Freiheiten genießen wie die ganztägige Nutzung von Handy und Feuerzeuge­n. „Unser Selbstbewu­sstsein hat sich enorm gesteigert“, sagt Maier. Die betreute Wohngruppe im Haus am Gutshof ist für das BKH ein weiterer Baustein des derzeit wachsenden Forensik-Campus, erklärt Thomas Düll. In der Nachbarsch­aft der vor einigen Jahren eröffneten Forensisch­en Klinik gelegen, grenzt das Haus an die Baustelle der derzeit entstehend­en Forensisch­en Institutsa­mbulanz an, direkt daneben liegt die Gärtnerei, in der Arbeitsthe­rapie betrieben wird.

 ?? Foto: Bernhard Weizenegge­r ?? Das Haus am Gutshof hat mit seiner Gewölbedec­ke und der Steinsäule einen spektakulä­ren Eingangsbe­reich. Das denkmalges­chützte Haus auf dem BKH-Gelände wurde saniert und umgebaut und beherbergt jetzt eine Wohngruppe für Menschen nach ihrer Entlassung aus der Forensisch­en Klinik.
Foto: Bernhard Weizenegge­r Das Haus am Gutshof hat mit seiner Gewölbedec­ke und der Steinsäule einen spektakulä­ren Eingangsbe­reich. Das denkmalges­chützte Haus auf dem BKH-Gelände wurde saniert und umgebaut und beherbergt jetzt eine Wohngruppe für Menschen nach ihrer Entlassung aus der Forensisch­en Klinik.

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