Mittelschwaebische Nachrichten

Von Zaza, Saz und Hölderlin

Konzert Wie anatolisch­er Gesang und deutsche Denker im Heimatmuse­um die Kulturen zusammenfü­hrten

- VON MARC HETTICH

Krumbach „Wenn Menschen sich aus innrem Werte kennen, so können sie sich freudig Freunde nennen“. Mantra-artig wiederholt er diesen und andere Verse aus einem Gedicht von Friedrich Hölderlin. Serkan Özkan ist Musiker. Seine Augen sind geschlosse­n, während seine Hände routiniert die Saz anschlagen – eine türkische Langhalsla­ute, deren Saiten einen ätherische­n Klang von mystischer Schönheit erzeugen. Spätestens wenn sein Mitstreite­r Nurullah Turgut mit dezent eingesetzt­er Percussion den Wind imitiert, der über die anatolisch­en Berge streicht, entstehen Bilder im Kopf der Zuhörer.

Das Konzert gleicht einer kollektive­n Meditation, die ihren Höhepunkt findet, als die Aleviten im Publikum gemeinsam in die Lieder einstimmen. Die etwa in selber Anzahl anwesenden Gäste ohne türkische Wurzeln wirken gleicherma­ßen erstaunt wie begeistert. Eine Zugabe fordern am Ende des Abends einträchti­g alle Gäste. Das von Subkult organisier­te Konzert fand unter der Überschrif­t „Anatolien trifft Almanya“statt. Neben Serkan Özkan, der seine Lieder in türkischer und deutscher Sprache singt, steuerte Soner Emir Eigenkompo­sitionen in seiner Mutterspra­che Zazaki bei. Ob die Zaza Kurden sind, ist unter Ethnologen ebenso umstritten wie unter den Zaza selbst.

Sehr gut zum Singen geeignet

Dieser Abend im Mittelschw­äbischen Heimatmuse­um zeigt jedenfalls, dass die mit dem iranischen und kurdischen verwandte Sprache sich sehr gut zum Singen eignet. Soner Emir hat nicht nur anatolisch­e Wurzeln, sondern auch einen Bezug zum Auftrittso­rt: Seine Frau ist in Krumbach aufgewachs­en.

Wenn in Krumbach türkische Musik gespielt wird, ist in der Regel Elif Polat nicht weit. Nachdem die Alevitin im letzten Jahr ein abendfülle­ndes Konzert im Heimatmuse­um gespielt hat, eröffnete sie diesmal den Abend für ihre Kollegen spielend im Alleingang. Die Saz und ihre beeindruck­ende Stimme genügen völlig, um das Publikum zum andächtige­n Zuhören zu bewegen.

Sehr gut kommen auch die türkischen Köstlichke­iten in der Pause an. Dafür haben sich Leyla Savasci und ihre Helferinne­n vom alevitisch­en Kulturvere­in wieder mächtig ins Zeug gelegt. Essen und Musik sind sehr gut geeignet, um Brücken zwischen den Kulturen zu bauen. Das stellt auch Harald Lenz, grüner Bezirkstag­skandidat, in seiner Eröffnungs­rede fest.

Am besten bringt es jedoch Serkan Özkan auf den Punkt. Viele seiner Texte gehen auf morgenländ­ische Denker zurück, einige auch auf deren abendländi­sche Kollegen. „Diese klugen Köpfe haben ungefähr zur selben Zeit gelebt – und das Gleiche gedacht.“Und in der Tat: Wenn er Hölderlins Worte „Ist nicht heilig mein Herz, schöneren Lebens voll, seit ich liebe?“ins Mikrofon haucht, liegt der Geist der Sufis über dem Krumbacher Heimatmuse­um.

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Foto: Marc Hettich Das Trio aus Serkan Özkan, Soner Emir und Nurullah Turgut (von links) brachte einen Hauch anatolisch­er Mystik ins Heimatmuse­um.

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