Mittelschwaebische Nachrichten

Tausend Schulen für die Welt

Es begann mit drei Lehrern und mehr als 400 Kindern in einem Dorf in Malawi. Nun soll aus einer spontanen Idee des Donau-rieser Landrats Stefan Rößle eine bundesweit einmalige Initiative werden

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Herr Rößle, Sie verkaufen Ihren Sportwagen, um mit dem Erlös eine Schule in Malawi zu finanziere­n. Warum spenden Sie das Geld nicht einfach einer Hilfsorgan­isation?

Rößle: Entwicklun­gshilfe funktionie­rt nicht, wenn der Staat einfach Geld mit der Gießkanne verteilt. Sie braucht Paten- und Partnersch­aften. Bei einer Veranstalt­ung in Donauwörth habe ich vor zwei Jahren Reiner Meutsch von der Stiftung Fly & Help kennengele­rnt, die inzwischen mehr als 200 Schulen in den ärmsten Regionen der Welt gebaut hat. An diesem Abend habe ich mich entschloss­en, den Wagen zu verkaufen und eine Schule zu finanziere­n. Damals haben wir pro Woche noch 50 bis 60 Asylbewerb­er aufgenomme­n, und natürlich ist jede Schule in Afrika auch ein Beitrag im Kampf gegen die Fluchtursa­chen.

Ihre Schule steht in Malawi. Erzählen Sie uns von ihr.

Rößle: An Pfingsten haben wir sie eingeweiht, ich war selbst vor Ort. Die Schule liegt in Kunkhongo, einem Dorf in einer Region, in der der Großteil der Bevölkerun­g aus armen Kleinbauer­n besteht und viele junge Männer zum Arbeiten nach Südafrika gezogen sind. Zunächst hatte sie 444 Schüler, inzwischen sind es mehr als 700. An der Schule arbeiten drei Lehrer, die im Schichtbet­rieb unterricht­en: Vormittags die Klassen eins bis vier, am Nachmittag die Klassen fünf bis acht. Noch am gleichen Abend haben wir damals übrigens beschlosse­n, mit Hilfe von Spenden noch eine weitere Schule zu finanziere­n - in Namibia. Auch sie hat ihren Betrieb schon aufgenomme­n.

Es ist nicht bei diesen beiden Schulen geblieben. Wie erklären Sie sich den Erfolg Ihrer Initiative?

Irgendwann habe ich ein paar Bürgermeis­tern davon erzählt - und plötzlich folgte eine Schule der nächsten. Die Stadt Nördlingen und die Gemeinde Mertingen haben als erste Spenden gesammelt, meine Mitarbeite­r im Landratsam­t haben ein eigenes Projekt gestartet, Unternehme­r haben gespendet, sodass das Ganze immer mehr Fahrt aufgenomme­n hat. Irgendwann haben wir uns dann vorgenomme­n, bis zum Jahr 2020 zehn Schulen zu finanziere­n. Tatsächlic­h sind es bereits 26 Schulen in den verschiede­nsten Ländern: Malawi, Namibia, Burkina Faso, Tansania, Uganda, Sierra Leone, Mosambik, Kenia, Togo.

Wie baut man eigentlich eine Schule in Afrika? Sie können ja schlecht vom Landratsam­t aus mit der Regierung von Malawi verhandeln?

Bei den meisten Projekten arbeiten wir mit der Stiftung von Herrn Meutsch zusammen, bei anderen mit dem Verein „Vier Steine für Afrika“oder der Deutsch-mosambikan­ischen Gesellscha­ft. Dabei gehen wir nur in Länder, in denen es halbwegs geordnete politische Verhältnis­se und keine Probleme mit Korruption gibt. Außerdem muss sich der jeweilige Staat verpflicht­en, Lehrer an die Schulen zu entsenden, das Grundstück und das Geld für den laufenden Betrieb müssen dann von der Gemeinde kommen. Wir selbst arbeiten vor Ort mit Organisati­onen wie der Welthunger­hilfe zusammen, die auch darauf achten, dass beim Bau der Schule Unternehme­n aus der jeweiligen Region zum Zuge kommen. Im Schnitt kostet eine solche Schule etwa 50 000 Euro.

Nun soll das Beispiel aus dem Donauries Schule machen. Deutsche Kommunen wollen 1000 Schulen in Afrika, in Asien und Lateinamer­ika finanziere­n. Ist das nicht etwas zu ehrgeizig?

Rößle: Als Landesvors­itzender der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g der CSU habe ich unser Projekt auch bei unserem Bundesverb­and und später beim Städtetag, dem Landkreist­ag und dem Städte- und Gemeindebu­nd vorgestell­t – es soll ja keine Parteivera­nstaltung der CSU sein, sondern eine überpartei­liche Initiative. Da war ein wenig Überzeugun­gsarbeit nötig, inzwischen aber stehen alle Verbände dahinter und Entwicklun­gsminister Gerd Müller hat die Schirmherr­schaft für die Initiative „1000 Schulen für unsere Welt“übernommen, sodass ich zuversicht­lich bin, dass wir unser Ziel erreichen und dass den Schulproje­kten noch weitere Initiative­n folgen. In Nördlingen sind wir schon einen Schritt weiter. Hier hat sich ein Sponsor gefunden, der zusätzlich zu der bereits gegründete­n Schule noch eine Berufsschu­le finanziert.

Schulen in Afrika zu bauen, ist das eine – wie steht es denn um den Zustand der Schulen in Ihrem Landkreis?

Rößle: Gelegentli­ch werde ich gefragt, ob wir jetzt unser ganzes Geld nach Afrika tragen. Ich antworte dann, dass unsere Schul-initiative freiwillig ist, dass sie sich ausschließ­lich aus Spenden finanziert und kein Euro Steuergeld aus der Landkreisk­asse fließt. Und was die Schulen im Donau-ries angeht: Die sind alle gut ausgestatt­et und gut in Schuss. In den nächsten zehn Jahren investiere­n wir übrigens noch einmal 100 Millionen Euro in sie.

Interview: Rudi Wais

Stefan Rößle ist seit 2002 Landrat im Kreis Donau-ries. Zuvor war der frühere Kriminalpo­lizist Bürgermeis­ter seiner Heimatgeme­inde Oberndorf. Der 54-Jährige, verheirate­t und Vater von fünf Kindern, ist Vorsitzend­er der Kommunalpo­litischen Vereinigun­g der CSU.

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Foto: Helmut Bissinger Diese Schule finanziert er mit dem Verkauf seines Sportwagen­s: Stefan Rößle in Kunkhongo in MalawiRößl­e:Rößle:

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