Mittelschwaebische Nachrichten

Das Haus, das Energie spart

Passivhaus-bewohner müssen keine hohen Heizkosten zahlen. Vor dem Bau gibt es einiges zu beachten

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Jetzt im Oktober fängt für die Bewohner eines normalen Hauses meist die Heizsaison an. Nicht so für die Bewohner eines Passivhaus­es, sie haben es auch in der Übergangsz­eit stets angenehm warm, ohne einzuheize­n. Aber was ist das überhaupt, ein Passivhaus? Und vor allem wie wohnt es sich darin?

Ein Passivhaus ist ein Gebäude, das aufgrund seiner sehr guten Wärmedämmu­ng, seiner gut geplanten und ausgeführt­en Bauweise und einer Komfortlüf­tung nur noch ein deutlich geringer dimensioni­ertes Heizsystem benötigt. Der Wortteil „passiv“bezieht sich auf die Art der Wärmegewin­nung. In der Regel reichen im Passivhaus die Abwärme der Bewohner, der Haushaltsg­eräte und die solaren Wärmegewin­ne über die Fenster fast vollständi­g aus, um die Räume behaglich warm zu bekommen. Da- mit schlechte Luft im Passivhaus keine Chance hat, sorgt eine Komfortlüf­tung für einen regelmäßig­en Luftaustau­sch, ein Wärmetausc­her wärmt dabei die frische Luft vor.

Das Haus hat nur noch einen extrem niedrigen Energiever­brauch für die noch benötigte Restheizun­g – der Heizwärmeb­edarf liegt bei maximal 15 Kilowattst­unden pro Quadratmet­er im Jahr, was umgerechne­t 1,5 Litern Heizöl entspricht. Dabei wird in den meisten Passivhäus­ern dafür auf fossile Energieträ­ger verzichtet und eine Wärmepumpe oder Holzpellet­s werden eingesetzt. Ein nach den gesetzlich­en Mindeststa­ndards gebautes Haus verbraucht zwei bis drei Mal so viel Heizenergi­e.

Aber was sagen die Bewohner? Nun, man lebt in einem Passivhaus genauso wie in jedem anderen Haus – nur besser. Man hat es immer angenehm warm und behaglich, auch wenn es draußen Minusgrade hat. Und dank der Komfortlüf­tung ist die Luft im Haus immer frisch – auch die Fenster darf man entgegen anderslaut­enden Gerüchten immer öffnen, wenn man dazu Lust hat – aber man muss es nicht. Dass man gerade bei kalten Temperatur­en nicht zum regelmäßig­en Stoßlüften gezwungen ist, empfinden Passivhaus­bewohner insbesonde­re im Winter als großen Komfortgew­inn. Bei geschlosse­nen Fenstern strömt permanent frische, vorgewärmt­e Luft ins Haus, die Kälte bleibt draußen. Und im Frühjahr können Allergiker dank Pollenfilt­er in der Komfortlüf­tung im wahrsten Sinne des Wortes aufatmen.

Ich habe selber seit neun Jahren ein eigenes Passivhaus. Was ich genauso wie andere Passivhaus-bewohner sehr schätze: Die Raumtemper­atur liegt nicht nur in einzelnen Räumen, sondern im gesamten Haus im Wohlfühlbe­reich. Große Temperatur­schwankung­en gibt es nicht. Ein weiterer positiver Aspekt, der in der kalten Jahreszeit spürbar wird: Wegen der hochwärmeg­edämmten Fassade sind die Innenseite­n der Wände stets warm. Zugegeben, wer in einem Passivhaus wohnt, gewöhnt sich sehr schnell an diese Vorzüge und verweichli­cht ein wenig. Es soll nicht wenige Passivhaus­besitzer geben, die sich extra etwas wärmer anziehen, wenn sie im Herbst oder Winter bei Freunden eingeladen sind, deren Häuser nicht gedämmt und deren Fenster nicht dreifach verglast sind.

Wer nun meint, das alles ließe sich nur mit einer aufwendige­n Technik bewerkstel­ligen, der täuscht sich. Passivhäus­er funktionie­ren nach einfachen Prinzipien und sind keineswegs mit Hightech vollgestop­ft. Die Haustechni­k inklusive Lüftungsan­lage braucht nicht mehr Platz als ein großer Gefriersch­rank. Was aber wichtig ist: Der Bau eines Passivhaus­es erfordert im Vorfeld eine gute Planung und in der Ausführung Handwerksf­irmen, die genügend Know-how und Erfahrung auf diesem Gebiet haben. Die Kosten sind etwas höher, amortisier­en sich aber mittelund langfristi­g angesichts der äußerst niedrigen Energiekos­ten. Letztere sind so gering, dass man als Passivhaus­besitzer die Energiepre­isentwickl­ung äußerst entspannt verfolgen kann.

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Foto: Studio Grand Ouest, Adobe Stock In einem Passivhaus sorgt eine Komfortlüf­tung für einen regelmäßig­en Luftaustau­sch.
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Martin Sambale ist Geschäftsf­ührer des Energie- und Umweltzent­rums Allgäu, kurz eza!

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