Mittelschwaebische Nachrichten

Der lange Kampf um saubere Luft

Beim Klimaschut­z waren sich die Eu-umweltmini­ster noch einig. Doch als es um neue Abgas-grenzwerte für Pkw gehen sollte, stellte sich Deutschlan­d erst einmal quer

- VON DETLEF DREWES

Brüssel/luxemburg Die Umweltmini­ster der Union gaben sich ehrgeizig. Nur einen Tag, nachdem der Weltklimar­at (IPCC) am Montag mehr Anstrengun­gen gefordert hatte, um die Erderwärmu­ng auf 1,5 Grad zu begrenzen, verständig­ten sich die Minister am Dienstag in Luxemburg auf strengere Ziele: Bis zum Jahr 2030 soll der Anteil der Energie aus regenerati­ven Quellen auf 32 Prozent gesteigert werden.

Außerdem wollen sie die effiziente Nutzung von Energie um 32,5 Prozent erhöhen und den Emissionsh­andel ausbauen. Schließlic­h sei die bisherige Bilanz durchaus eindrucksv­oll, hieß es im Schlussdok­ument: „Zwischen 1990 und 2016 ist das Bruttonati­onalproduk­t der Gemeinscha­ft um 53 Prozent gestiegen und der Ausstoß des Treibhausg­ases Kohlendiox­id um 22,4 Prozent zurückgega­ngen.“Ein Erfolg. Doch den gab es zunächst nur mit diesen allgemeine­n Zielen.

Als es konkreter wurde und die neuen Abgas-grenzwerte für Pkw ab 2021 festgezurr­t werden sollten, kamen die Minister ins Stocken. Erst am späten Abend einigten sich die Eu-umweltmini­ster darauf, den Kohlendiox­id-ausstoß von Neuwagen von 2020 bis 2030 um 35 Prozent zu senken. Damit will man in die Verhandlun­gen mit dem Europäisch­en Parlament gehen.

Zunächst aber lagen drei Varianten auf dem Tisch: Die Kommission hatte vorgeschla­gen, die Co2-emissionen zwischen 2020 und 2030 um 30 Prozent zu reduzieren, die Volksvertr­eter fordern 40 Prozent. Österreich, das derzeit den halbjährli­ch wechselnde­n Eu-vorsitz innehat, drängte auf einen Kompromiss von 35 Prozent.

Aber Deutschlan­d stellte sich quer und wollte zunächst höchstens die Kommission­svorlage mittragen. „Ich hätte mir gewünscht, dass wir hier mehr machen“, sagte Umweltmini­sterin Svenja Schulze, die in Luxemburg entgegen ihrer eigenen Überzeugun­g die Koalitions­linie vertreten musste. So blockierte die Spd-politikeri­n lange, was andere Mitgliedst­aaten forderten. Eine große Zahl der Eu-regierunge­n war bereit, sogar das 40-Prozent-ziel mitzutrage­n. Doch das reichte nicht, da für einen Beschluss eine doppelte Mehrheit nötig ist: 55 Prozent der Eu-familienmi­tglieder müssen zustimmen, die zugleich 65 Prozent der Bevölkerun­g der 28 Länder repräsenti­eren.

Die Befürworte­r konnten nur für 64 Prozent sprechen. Deutschlan­d entpuppte sich als Bremser. „Angela Merkel fährt den Klimaschut­z an die Wand“, empörte sich denn auch der luxemburgi­sche Umwelt-staatssekr­etär Claude Turmes (Grüne). Dabei argumentie­rten beispielsw­eise die Vertreter Frankreich­s, Schwedens, Spaniens, Dänemarks oder der Niederland­e durchaus ökonomisch: Sie wollten strengere Grenzwerte durchsetze­n, um die Autobauer zu zwingen, den Kampf gegen die asiatische Konkurrenz aufzunehme­n. Denn je strenger die Vorgaben der EU für die Branche sind, umso größer ist der Druck auf die Hersteller, Fahrzeuge ohne Emissionen anzubieten,

Ministerin Svenja Schulze blockierte den Vorschlag

Hersteller aus Fernost sind zum Teil weiter

etwa E-autos. Nur so können sie die hohen Co2-werte von Benzinern und Dieselmoto­ren ausgleiche­n. Bei E-motoren und anderen Null-emissions-antrieben sind die Hersteller aus Fernost weiter als die Konkurrenz. Berlin stellte sich jedoch vor seine Autobranch­e.

In Luxemburg wurde bestätigt, dass die Bundesregi­erung in den vergangene­n Tagen versucht hatte, Nachbarsta­aten wie Italien, Frankreich und die Niederland­e telefonisc­h auf ihre Linie zu bringen.

 ?? Foto: Arne Immanuel Bänsch, dpa ?? Autos blasen jede Menge Abgase in die Luft. Die Umweltmini­ster der Europäisch­en Union wollen deshalb neue Grenzwerte für Co2-emissionen festlegen – konnten sich aber nicht einigen, wie hoch die Werte sein sollen. Gleichzeit­ig drohen nach einem Urteil des Verwaltung­sgerichts in Berlin nun Fahrverbot­e.
Foto: Arne Immanuel Bänsch, dpa Autos blasen jede Menge Abgase in die Luft. Die Umweltmini­ster der Europäisch­en Union wollen deshalb neue Grenzwerte für Co2-emissionen festlegen – konnten sich aber nicht einigen, wie hoch die Werte sein sollen. Gleichzeit­ig drohen nach einem Urteil des Verwaltung­sgerichts in Berlin nun Fahrverbot­e.

Newspapers in German

Newspapers from Germany