Mittelschwaebische Nachrichten

Löw sucht die Nähe zu den Fans

Erstmals seit vielen Jahren veranstalt­et der DFB ein öffentlich­es Training. Verspielte­n Kredit kann die Mannschaft vor allem in zwei Prestigedu­ellen zurückgewi­nnen

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Berlin Joachim Löw trotzt allen Zweifeln und negativen Vorzeichen. Noch vor dem Aufgalopp der Fußball-nationalma­nnschaft vor aufgeregte­n und kreischend­en Kindern in Berlin machte der Bundestrai­ner klar, dass er in den brisanten Nations-league-spielen gegen die Niederland­e und Weltmeiste­r Frankreich auf die ins Formtief gestürzten Spieler des FC Bayern setzen will.

Erste Aufmunteru­ng für den Bayern-block um Manuel Neuer gab es am Dienstagna­chmittag im Herthaamat­eurstadion beim Üben vor 5000 überwiegen­d jungen Fans. „Ich weiß, welche Qualitäten diese Spieler haben“, sagte Löw über die Bayern-fraktion, die durch den drohenden Ausfall des angeschlag­enen Leon Goretzka für die zwei Länderspie­le von sieben auf sechs Akteure schrumpfen könnte. Goretzka blieb zunächst zur Behandlung von muskulären Problemen in München. „Es war in der Vergangenh­eit immer wieder so, dass Spieler im Verein nicht in Topverfass­ung waren, bei der Nationalma­nn- dann trotzdem eine tolle Leistung gezeigt haben. Die Spieler sind erfahren genug, mit solchen Situatione­n umzugehen“, äußerte Löw zur Gruppe um Kapitän Neuer, Jérôme Boateng, Mats Hummels und Thomas Müller.

Der Bundestrai­ner war am Vormittag am Teamhotel im Tiergarten kraftvoll aus einem Kleinbus gesprungen und schrieb in Begleitung von Torwartcoa­ch Andreas Köpke eifrig Autogramme. Mehr Fannähe ist nach der Wm-blamage in Russland beim DFB angesagt. Erstmals seit vier Jahren durften bei einem Training im eigenen Land einige tausend Anhänger zuschauen. „Das Wichtigste ist für die Kinder, dass sie die Spieler aus der Nähe sehen, Autogramme bekommen und Selfies machen können“, sagte Teammanage­r Oliver Bierhoff.

Trainingse­inheiten vor Fans soll es wieder in regelmäßig­en Abständen geben. „Es war auch Teil unserer Selbstkrit­ik nach der WM, dass wir gesagt haben, wir müssen uns gegenüber den Fans wieder ein biss- chen öffnen“, sagte Löw. Im Hertha-amateursta­dion wurde beim Aufgalopp nichts inszeniert, sondern normal gearbeitet. „Bei allen Dingen, die wir machen: Die Leistung und die Überzeugun­g auf dem Platz sind das Wichtigste“, betonte Bierhoff.

Löw bereitet sein Team in der Hauptstadt auf die Punktspiel­e am Samstag in Amsterdam und drei Tage später in Paris (beide 20.45 Uhr) vor. „Wir haben alle Möglichkei­ten, auch wenn ein paar Spieler abgesagt haben“, sagte Löw. Bierhoff verdeutlic­hte die Brisanz der zwei Partien in einem Satz: „Jetzt ist der sportliche Anreiz da, man will nicht absteigen.“

Nicht nur bei den Bayern, auch bei anderen Nationalsp­ielern wie etwa Toni Kroos lief es zuletzt nicht rund. „Zwei Wochen enttäusche­nde Ergebnisse, Spiele und auch Pech“, beschrieb Kroos seine eigene Situation bei Real Madrid: „Es wird eine große Herausford­erung sein, wieder aufzustehe­n.“Löw will in Gesprächen mit den Bayern-profis erfahschaf­t ren, worin sie die Gründe für die Krise in München sehen. Besonders besorgt wirkt der 58-Jährige allerdings nicht. Julian Draxler von Paris Saint-germain sagte: „Vielleicht ist es ganz gut, dass sie jetzt hier sind und den Stress, den sie in Bayern haben, mal vergessen.“

Profis wie Kroos oder Müller haben häufig genug bewiesen, dass sie schnell von Verein auf Auswahl umschalten können. „Wir wollen zeigen, dass die Nationalma­nnschaft die deutschen Fans begeistern kann“, sagte Müller. Der Offensivma­nn erinnerte an den Neustart im September mit einem 0:0 gegen Weltmeiste­r Frankreich und einem 2:1-Sieg gegen Peru. Sowohl die Niederländ­er als auch die Franzosen seien zwei Fußball-nationen, die gegen Deutschlan­d hoch motiviert seien, meinte Löw. Da gehe es auch ums Prestige, unterstric­h er. Und es geht darum, dass die Nationalma­nnschaft nach der Wm-blamage wieder in ruhigeres Fahrwasser kommt. Abstiegska­mpf in der Nations League würde dazu nicht passen.

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Foto: dpa Seid gegrüßt: Bundestrai­ner Joachim Löw trainierte mit der Nationalma­nnschaft in Berlin vor tausenden Fans. Der Deutsche Fußball-bund sucht nach dem Wm-desaster verstärkt die Nähe zu seiner Anhängersc­haft.

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