Mittelschwaebische Nachrichten
Sandy und ihr Tag als Oberchefin
Weltmädchentag Konferenzen leiten und viele Gespräche führen: Die 19-Jährige ist einen Tag lang in die Rolle einer Chefin geschlüpft. Hier erzählt sie uns davon
Sandy Botros ist erst seit drei Jahren in Deutschland. Die Schülerin und ihre Familie flüchteten aus dem Land Irak, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlten. Im Irak kommt es immer wieder zu Kämpfen und Gewalt. Mittlerweile ist Sandy 19 Jahre alt und lebt in der Stadt Hamburg. Sie spricht fließend Deutsch und geht in die elfte Klasse. Ihre Lieblingsfächer: Mathe, Chemie und Politik. Vor Kurzem durfte sie für einen Tag den Job eines wichtigen Beamten bei den Vereinten Nationen in der schweizer Stadt Genf übernehmen. Er heißt George Okoth-Obbo und leitet bei der Organisation Hilfseinsätze für Flüchtlinge in aller Welt. Auch in anderen Bereichen durften sich Mädchen als Chefs ausprobieren. Das Ganze hat mit dem Weltmädchentag am gestrigen Donnerstag zu tun. Mit der Aktion will sich die Kinderhilfsorganisation Plan International dafür einsetzen, dass mehr Mädchen und Frauen wichtige Aufgaben übernehmen, zum Beispiel in Firmen. Wir haben Sandy gefragt, wie sie sich als Chefin gefühlt hat und was sie Mädchen raten würde.
Warum sollten mehr Mädchen mitentscheiden?
Mädchen haben eine andere Sicht als Jungs. Frauen können also neue Sachen einbringen, die den Männern vielleicht gar nicht einfallen. Ich finde es wichtig, bei Entscheidungen eine männliche und eine weibliche Sicht zu haben. Mädchen können sehr erfolgreich sein, wenn man ihnen die Chance dazu gibt.
Hast du dich als Mädchen schon mal benachteiligt gefühlt?
In Deutschland habe ich nicht das Gefühl, benachteiligt zu sein. Aber ich war total enttäuscht, als ich erfahren habe, dass das Gehalt von Frauen geringer ist als das von Männern. In meiner Heimat im Irak gibt es sehr viele Unterschiede zwischen Männern und Frauen.
Was findest du an Politik so spannend?
Mich interessiert am meisten die Flüchtlingspolitik. Außerdem interessiert mich, wie Entscheidungen getroffen werden, wer was entscheiden darf und nach welchen Kriterien.
Wie war es, die Aufgaben des Beamten George Okoth-Obbo zu übernehmen?
Ich habe an dem Tag alles gemacht, was der Mann so macht. Ich habe kleine Treffen zum Thema Flüchtlinge geleitet und ich musste erzählen, wie meine Sicht ist, was mir wichtig ist und was nicht. Ich habe Telefonate aus verschiedenen Ländern angenommen.
Wie war das für dich?
Alles, was ich gemacht habe, war sehr neu für mich. Es war auf jeden Fall sehr stressig und anstrengend. Auch weil ich Englisch sprechen musste, also nicht meine Muttersprache. Aber die Aufgaben waren sehr spannend und ich hatte ein gutes Gefühl, so eine Rolle zu übernehmen.
Was willst du später mal werden?
Ich würde mich gerne weiter für Menschen einsetzen. Ich möchte versuchen, irgendwas zu verbessern. Zum Beispiel, dass sehr viele Kinder die Chance auf Bildung bekommen.
Welchen Tipp würdest du Mädchen mit auf den Weg geben?
Ich würde sagen, sie müssen erst mal schauen, was ihre Ziele sind und dann diese Ziele verfolgen. Ich hatte bei meinem Einsatz auch eine große Herausforderung mit der Sprache. Aber ich dachte: Es ist jetzt egal, ich will was erreichen und ich werde einfach mein Bestes tun. (dpa)