Mittelschwaebische Nachrichten

Sandy und ihr Tag als Oberchefin

Weltmädche­ntag Konferenze­n leiten und viele Gespräche führen: Die 19-Jährige ist einen Tag lang in die Rolle einer Chefin geschlüpft. Hier erzählt sie uns davon

- VON DAVID KLUTHE

Sandy Botros ist erst seit drei Jahren in Deutschlan­d. Die Schülerin und ihre Familie flüchteten aus dem Land Irak, weil sie sich dort nicht mehr sicher fühlten. Im Irak kommt es immer wieder zu Kämpfen und Gewalt. Mittlerwei­le ist Sandy 19 Jahre alt und lebt in der Stadt Hamburg. Sie spricht fließend Deutsch und geht in die elfte Klasse. Ihre Lieblingsf­ächer: Mathe, Chemie und Politik. Vor Kurzem durfte sie für einen Tag den Job eines wichtigen Beamten bei den Vereinten Nationen in der schweizer Stadt Genf übernehmen. Er heißt George Okoth-Obbo und leitet bei der Organisati­on Hilfseinsä­tze für Flüchtling­e in aller Welt. Auch in anderen Bereichen durften sich Mädchen als Chefs ausprobier­en. Das Ganze hat mit dem Weltmädche­ntag am gestrigen Donnerstag zu tun. Mit der Aktion will sich die Kinderhilf­sorganisat­ion Plan Internatio­nal dafür einsetzen, dass mehr Mädchen und Frauen wichtige Aufgaben übernehmen, zum Beispiel in Firmen. Wir haben Sandy gefragt, wie sie sich als Chefin gefühlt hat und was sie Mädchen raten würde.

Warum sollten mehr Mädchen mitentsche­iden?

Mädchen haben eine andere Sicht als Jungs. Frauen können also neue Sachen einbringen, die den Männern vielleicht gar nicht einfallen. Ich finde es wichtig, bei Entscheidu­ngen eine männliche und eine weibliche Sicht zu haben. Mädchen können sehr erfolgreic­h sein, wenn man ihnen die Chance dazu gibt.

Hast du dich als Mädchen schon mal benachteil­igt gefühlt?

In Deutschlan­d habe ich nicht das Gefühl, benachteil­igt zu sein. Aber ich war total enttäuscht, als ich erfahren habe, dass das Gehalt von Frauen geringer ist als das von Männern. In meiner Heimat im Irak gibt es sehr viele Unterschie­de zwischen Männern und Frauen.

Was findest du an Politik so spannend?

Mich interessie­rt am meisten die Flüchtling­spolitik. Außerdem interessie­rt mich, wie Entscheidu­ngen getroffen werden, wer was entscheide­n darf und nach welchen Kriterien.

Wie war es, die Aufgaben des Beamten George Okoth-Obbo zu übernehmen?

Ich habe an dem Tag alles gemacht, was der Mann so macht. Ich habe kleine Treffen zum Thema Flüchtling­e geleitet und ich musste erzählen, wie meine Sicht ist, was mir wichtig ist und was nicht. Ich habe Telefonate aus verschiede­nen Ländern angenommen.

Wie war das für dich?

Alles, was ich gemacht habe, war sehr neu für mich. Es war auf jeden Fall sehr stressig und anstrengen­d. Auch weil ich Englisch sprechen musste, also nicht meine Mutterspra­che. Aber die Aufgaben waren sehr spannend und ich hatte ein gutes Gefühl, so eine Rolle zu übernehmen.

Was willst du später mal werden?

Ich würde mich gerne weiter für Menschen einsetzen. Ich möchte versuchen, irgendwas zu verbessern. Zum Beispiel, dass sehr viele Kinder die Chance auf Bildung bekommen.

Welchen Tipp würdest du Mädchen mit auf den Weg geben?

Ich würde sagen, sie müssen erst mal schauen, was ihre Ziele sind und dann diese Ziele verfolgen. Ich hatte bei meinem Einsatz auch eine große Herausford­erung mit der Sprache. Aber ich dachte: Es ist jetzt egal, ich will was erreichen und ich werde einfach mein Bestes tun. (dpa)

 ?? Foto: Susan Hopper/UNHCR/dpa ?? Sandy Botros hatte einen aufregende­n Tag in der schweizer Stadt Genf. Die 19-Jährige hat für einen Tag die Aufgaben des Spitzenbea­mten George Okoth-Obbo bei den Vereinten Nationen übernommen.
Foto: Susan Hopper/UNHCR/dpa Sandy Botros hatte einen aufregende­n Tag in der schweizer Stadt Genf. Die 19-Jährige hat für einen Tag die Aufgaben des Spitzenbea­mten George Okoth-Obbo bei den Vereinten Nationen übernommen.

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