Mittelschwaebische Nachrichten
Faszien, ein Thema in der Gesundheitswoche
Vortrag Professor Klingler von der Uni Ulm sprach über die Bedeutung von Faszien in Sport und Alltag
Krumbach Großes Interesse bestand beim Thema „Faszien“mit Prof. Dr. Werner Klingler von der Uni Ulm im Gasthof Munding: Hermann Mayer von „medi-pro“konnte an die 90 Zuhörer begrüßen. „Das Thema Faszien ist zurzeit in aller Munde und nicht alles, was darüber berichtet wird, trifft zu“, so Professor Klingler. Er erläuterte ausführlich die Struktur der Faszien und deren Bedeutung für die Beweglichkeit des Körpers. Faszien sind ein körperweites Netz von Collagenfasern, die dem ganzen Körper in unterschiedlicher Form Halt und Stabilität geben. Man kann sie sich wie ein Orangennetz vorstellen, das reißfest und stabil ist und dem umspannenden Gewebe eine Struktur gibt. Faszien umhüllen Organe und Muskeln und durchdringen sie auch. Blutgefäße sind darin eingebettet. Ein bisschen kann man sie sich auch wie die Haut einer Weißwurst vorstellen. Faszien sind Bindegewebe, die den Menschen zusammenhalten. „Der menschliche Körper ist ein Wunderwerk, da spielt so viel zusammen“, so Prof. Klingler. Wenn sich ein Mensch bewegt, so geschieht das vorwiegend erst einmal durch das Fasziengewebe. Es arbeitet gleichsam wie eine Sprungfeder. Die Körpertemperatur spielt eine wesentliche Rolle. Biegsame, elastische Bewegungen, wie sie eine Tänzerin vollführt, können nur mit einer warmen, weichen Muskulatur ausgeführt werden. Sprinter wie Usain Bolt oder auch Marathonläufer brauchen ein Bindegewebe, das stark federt. Ist die Muskulatur relativ kalt, übernimmt das Bindegewebe die Arbeit und der Mensch bewegt sich kraftschonend.
Im Sport wie im Alltag sollte man die Elastizität möglichst erhalten oder auch erweitern – wobei es ein Irrtum ist, dass Faszien sich erneuern. Dieses Gewebe braucht ordentlich Dehnungsreize, mehr als die Muskulatur. Wenn ein Masseur darüberfährt oder man mit einer sogenannten „Blackroll“das Gewebe bearbeitet, kann das schon mal wehtun. Denn die Schmerzempfindlichkeit des Bindegewebes ist höher als bei der Muskulatur. Es bestehen zwischen den Faszien und dem limbischen System Verbindungen, die den Schmerz dann auch emotional empfinden lassen (wie zum Beispiel bei Rückenschmerzen).
Im Alltag lässt sich die Dehnung durchaus verbessern, indem man sich zwischendurch dehnt, sich räkelt und streckt. Es müssen nicht die ganz großen Bewegungen sein, so Prof. Klingler, Mikrobewegungen, die schön langsam ausgeführt werden, zeigen auch Erfolge: „Sensibel wahrnehmen, nachspüren, die Tiefensensibilität schulen, auch spielerisch – das ist durchaus wünschenswert.“
Zwischen Faszien und Muskulatur gibt es eine mit Gewebewasser gefüllte Gleitschicht. Der Wassergehalt nimmt mit zunehmendem Alter erheblich ab, aber Bewegung kann zur Erneuerung des Gewebewassers beitragen. Bewegung hilft. Und bei einer Massage, sei es durch einen Masseur oder mit einer Kunststoffrolle, wird das Gewebewasser erneuert. Anschließend sollte man Wasser trinken. Am häufigsten wird beim Sport das Fasziengewebe verletzt. Innere Narben spielen eine Rolle und die Heilung braucht sehr lange.
Beim Vortrag von Prof. Klingler wurde deutlich, welch ein Wunderwerk der menschliche Körper ist – wie viel zusammenhängt, miteinander funktioniert und auch voneinander abhängt.