Mittelschwaebische Nachrichten

Damit aus dem Most kein „saurer Hund“wird

Genuss Karl Thoma aus Nattenhaus­en macht seit 35 Jahren Apfelmost. Was dabei wichtig ist und warum Most ein edles Getränk ist

- VON PETER WIESER

Nattenhaus­en Apfelsaft aus den Äpfeln von eigenen Apfelbäume­n oder von Bekannten, die diese nicht selbst verwerten, nimmt bei Karl Thoma aus Nattenhaus­en einen ganz hohen Stellenwer­t ein. Die Äpfel lässt er in Ebershause­n pressen, in der dortigen Anlage des Obstund Gartenbauv­ereins, bei dem er ebenfalls Mitglied ist. Einen Teil davon lässt er sich abkochen und in Kunststoff­beutel abfüllen: Das gibt Apfelsaft oder den sogenannte­n „Siaßmoscht“, ohne Alkohol und mehrere Jahre haltbar, den er am liebsten mit Mineralwas­ser gemischt trinkt.

Den anderen Teil nimmt er direkt mit nach Hause: Für seinen Most, den er seit nunmehr 35 Jahren ansetzt. 1983 sei so ein Apfeljahr wie das heurige gewesen und seine Frau habe ihn aufgeforde­rt, doch einmal einen Most zu machen, erzählt der 76-jährige frühere Maschinenb­autechnike­r. Eigentlich habe er von so einem „sauren Hund“nicht allzu viel gehalten. Der erste Versuch sei ihm auf Anhieb gelungen, nachdem er sich zuvor aus der Fachlitera­tur notwendige­s Wissen angeeignet habe. Was man benötige, dass der Most auch ein guter werde, das sei im Grunde genommen gar nicht so viel, fügt er hinzu.

Most hatte nicht immer den besten Ruf: Viel zu sauer, wie viele meinen. Karl Thoma sieht das so: Früher hätten die Bauern einige hundert Liter Most gemacht – und das meistens in großen Holzfässer­n. Im Prinzip sei das Problem deren Pflege gewesen. Mancher habe es mit dem notwendige­n Ausschwefe­ln der Fässer nicht immer so genau genommen, weil es damals auch nicht so einfach gewesen sei. Hinzu komme: Bei großen Fässern sei der sich darin befindlich­e Most auch entspreche­nd länger der nachströme­nden Luft ausgesetzt. Die Folge war: Der Most kippte um und das Ergebnis war ein „saurer Hund“. War der Most ein guter, hatte man Glück, wenn nicht, dann hatte eben irgendetwa­s nicht gepasst.

Für Karl Thoma steht jedenfalls fest: „Wenn man die einfachste­n Dinge beachtet, dann kann jeder seinen Most selber herstellen.“Dies beginne schon bei den Äpfeln. Sauber müssen sie sein und nicht angefault oder gar angeschimm­elt. „Mit einer verdorbene­n Ware kann ich net hoffen, dass da noch irgendwas Gescheites herauskomm­t“, erklärt Thoma schmunzeln­d.

Er selbst benutzt 60 bis 120 Liter fassende Fässer aus Kunststoff mit Deckel. Die seien nicht nur einfacher zu reinigen, sondern auch insgesamt praktische­r. Einen Unterschie­d im Geschmack im Vergleich zum Holzfass sieht er nicht – eher das Gegenteil. Also: Den frisch gepressten reinen – natürlich nicht den vorher erhitzten Apfelsaft – rein in die Fässer, Deckel drauf und den bis zur Markierung mit Wasser gefüllten Gärspund aufsetzen. Damit ist alles luftdicht verschloss­en und die Gärung kann beginnen.

Mit einem kleinen Elektrohei­zer sorgt Karl Thoma dafür, dass in seinem Mostkeller, in dem heuer rund 1 000 Liter Most lagern, die Temperatur stets konstante 16 Grad beträgt. Läge sie darunter, könnte der Gärvorgang aussetzen oder ganz ausbleiben und der Saft würde verfaulen wie ein nicht behandelte­r Apfelsaft.

Bei Karl Thoma beginnt dieser Prozess spätestens nach dem dritten Tag, auch ohne die Zugabe von Hefebakter­ien. Von alten Bauernweis­heiten, dass in jeden Most ein verfaulter Apfel mit hineinmüss­e, hält er ebenso wenig, wie diesem Schwefelpr­äparate zuzugeben. Überhaupt kommen in den Most von Karl Thoma keine weiteren Zugaben, wie beispielsw­eise das sogenannte „Süßwunder“, ein flüssiger Süßstoff, oder gar Zucker hinein. „Der liebe Gott hat den Apfel so gut gemacht, dass man ihn nicht durch irgendwelc­he Zusätze verbessern muss“, lacht er. Zucker führe lediglich zu mehr Alkohol und nicht zu einem süßeren Most.

Nach etwa sechs bis acht Wochen ist der Gärvorgang beendet. Ein Umfüllen in andere Fässer, das sogenannte Abziehen von der Hefe, sei bei einer sauberen Pressung und Filterung, nicht mehr notwendig, erklärt Thoma. Der verbleiben­de Rückstand im Fass sei minimal, es könne bei immer noch gutem Geschmack bis auf

einen und hat eine helle goldene Farbe – und schmeckt vorzüglich. Sinn sei, ein Getränk mit viel Geschmack und nicht mit viel Alkoholgeh­alt herzustell­en, erklärt Karl Thoma. Der beträgt bei ihm immer zwischen fünf und sechs Prozent. „Ein edles Getränk muss auch aus einem edlen Glas getrunken werden“, fährt er fort. Aus diesem Grund trinkt er seinen Most auch nicht aus einem Halbe-Krug, sondern stilgerech­t aus dem „Römerle“: Bis zum Eichstrich gefüllt mit Most, den Rest aufgefüllt mit kohlesäure­haltigem Mineralwas­ser.

Und auf die Frage, zu welchen Speisen ein guter Most denn am besten passe, erklärt Karl Thoma schmunzeln­d: „Zu Allem.“Damit meint er sowohl eine gute Brotzeit, aber auch sämtliche Arten von Fleisch und Fisch, bis hin zu einem Stück Kuchen oder einem Eisbecher. Na dann Prost und auf einen guten

Most!

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Fotos: Peter Wieser Im Mostkeller von Karl Thoma lagern aufgrund des guten Apfeljahrs rund 1000 Liter Most. Die Temperatur sollte nicht unter 16 Grad liegen.
 ??  ?? oder zwei Liter geleert werden.Der erste Most aus diesem Jahr ist bereits klar Ein edler Tropfen gehört in ein edles Glas, sagt Karl Thoma.
oder zwei Liter geleert werden.Der erste Most aus diesem Jahr ist bereits klar Ein edler Tropfen gehört in ein edles Glas, sagt Karl Thoma.

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