Mittelschwaebische Nachrichten

Nach Wahlpleite: Seehofer greift eigene Partei an

Wahl CSU-Chef weist Alleinvera­ntwortung zurück und droht mit seinem Rücktritt

- VON HOLGER SABINSKY-WOLF

München Der Burgfriede­n in der CSU nach der Wahlschlap­pe hat nicht einmal eine Woche gehalten. Entgegen erster Beteuerung­en der Führungsri­ege, vor der Regierungs­bildung keine Personalde­batte führen zu wollen, ist der Druck auf Parteichef Horst Seehofer enorm gestiegen. Am Sonntag holte der CSUVorsitz­ende dann zum Gegenschla­g aus: Im Bayerische­n Fernsehen wies er eine Alleinvera­ntwortung für das Wahlergebn­is zurück, attackiert­e seine eigene Partei und drohte unverhohle­n mit seinem Rücktritt.

Seehofer sagte wörtlich: „Noch mal mache ich einen Watschnbau­m nicht. Eher stelle ich mein Amt zur Verfügung.“Man könne ihn kritisiere­n, aber die „einfache Nummer“, alle Schuld ihm zuzuschieb­en, werde mit ihm nicht stattfinde­n. Das sei schon nach der Bundestags­wahl 2017 so gewesen. Jetzt erlebe man eine Neuauflage, obwohl er den Wahlkampf in Bayern weder gemanagt noch strategisc­h bestimmt habe. „Ich stehe zu meiner Verantwort­ung als Parteivors­itzender – aber ich übernehme sie nicht alleine.“

Seehofers Kritik zielt auf Ministerpr­äsident Markus Söder, obwohl er ihn öffentlich nicht nennt. Im kleinen Kreis hat der CSU-Chef offenbar schon deutlicher klargemach­t, dass er Söder nicht ungeschore­n davonkomme­n lassen will. Nach einem Bericht des Spiegel wies Seehofer laut Gesprächsp­artnern darauf hin, dass die CSU nach dem Sturz des damaligen Parteichef­s Edmund Stoiber bei der folgenden Landtagswa­hl 2008 starke Verluste erlitten habe. Nun habe sich das wiederholt, nachdem Söder ihn aus dem Amt gedrängt habe. „Revolution­en kosten Stimmen“, soll Seehofer gesagt haben.

In dieselbe Richtung zielt der CSU-Chef, wenn er den Vorwurf zurückweis­t, er habe den Asylstreit mit Bundeskanz­lerin Angela Merkel allein auf die Spitze getrieben. Die ganze CSU, die Landtagsfr­aktion, die Staatsregi­erung, die Landesgrup­pe – alle hätten die gleiche Meinung vertreten wie er. Er sei sogar aufgeforde­rt worden, „in diese Richtung tätig zu werden“, betonte Seehofer.

Versucht der Parteichef, sich mit der Rücktritts­drohung nicht zum Getriebene­n machen zu lassen? Seehofer steht nach dem Absturz der CSU bei der Landtagswa­hl auf 37,2 Prozent intern massiv unter Beschuss. Als erster der großen Bezirksver­bände hatte die CSU Schwaben am Freitagabe­nd indirekt einen Rückzug Seehofers von der Spitze gefordert. Unisono, so berichten Vorstandsm­itglieder aus ganz Bayern, ist die klare Erwartung, dass der CSU-Chef zurücktrit­t und dass es einen Sonderpart­eitag mit Neuwahlen gibt. Sogar ein Großteil der CSUBundest­agsabgeord­neten habe sich von Seehofer abgewandt. Das sei in einer Sitzung am Dienstag überdeutli­ch geworden, berichten Teilnehmer. Der Parteichef müsse gehen. „Es geht längst nicht mehr um das Ob, sondern nur noch um das Wann und Wie“, sagt einer.

Die scheidende Landtagspr­äsidentin Barbara Stamm schlug am Wochenende schon den Europapoli­tiker Manfred Weber als Seehofers Nachfolger vor. Die CSU habe das Thema Asyl und Flüchtling­e überhöht. Jetzt müsse sich die Partei wieder stärker um die politische Mitte kümmern. Weber selbst untermauer­te sein Interesse am Parteivors­itz. In einem Interview mit dem Tagesspieg­el sagte er, die CSU dürfe keine Ein-Themen-Partei sein. (mit dpa)

Lesen Sie im Kommentar, warum Seehofer nicht leise gehen wird, und auf Bayern, wie die schwäbisch­e CSU die Wahlpleite analysiert.

„Noch mal mache ich einen Watschnbau­m nicht.“CSU-Chef Horst Seehofer

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