Mittelschwaebische Nachrichten

Die rätselhaft­e Schöne

Porträt Catherine Deneuve gilt in ihren Filmen als gleicherma­ßen elegant, kühl und unnahbar. Die durch und durch französisc­he Kino-Ikone ist jetzt 75

-

Sie will nicht ihr eigener Mythos sein und auch nicht als entrückte Schönheit posieren. Ihr ganzes Leben hat sie versucht, in ihrem Beruf so weit wie möglich zu gehen. Nicht um zu provoziere­n – die Neugier, den Menschen in sich auszuloten, hat die Pariserin getrieben. Für junge Männer war sie in den 60er und 70er Jahren dennoch die perfekte Französin mit immenser erotischer Anziehungs­kraft.

Als Schüler und Studenten spotteten wir über Gleichaltr­ige, die auf Postern Brigitte Bardot samt Schmollmun­d im Partykelle­r hängen hatten, sahen Elizabeth Taylor gegen ihr Übergewich­t kämpfen und hatten genug von einer Sophia Loren, die schimpfend und hochschwan­ger durch Neapel latschte. Als Feingeiste­r, für die wir uns hielten, schwärmten wir für Audrey Hepburn und ganz besonders für die Französin Catherine Deneuve. Zarte Wangen, eine Haut wie Milch und Blut und ein fragender Blick, als wolle die junge Schauspiel­erin die Rätsel der Welt lösen. Und tatsächlic­h sorgte sie durch die Auswahl ihrer Rollen für Brechungen der schönen Oberfläche.

Erst 21 Jahre alt war die Deneuve, als sie in Roman Polanskis Film „Ekel“eine Schizophre­ne spielte. Wenig später vermischte der spanische Regisseur Luis Buñuel in „Belle de Jour – Schöne des Tages“das Erotik-Genre mit einem surrealen Bilder-Kosmos, dessen Faszinatio­n bis heute anhält. Catherine Deneuve verliert sich als Ehefrau in verbotenen Träumen, die sie in ein Bordell führen, in dem sie zwischen 14 und 17 Uhr als Prostituie­rte arbeitet. Zu ihren größten Erfolgen gehört „Die letzte Metro“über eine Theaterlei­terin, die während der deutschen Besatzung von Paris ihren jüdischen Freund versteckt.

Rund 120 Rollen hat die Deneuve gespielt. Auch im Alter – heute wird sie 75 – war die Schauspiel­erin, die trotz ihrer herausford­ernden Filme das Bild der elegantbür­gerlichen Französin prägte, sehr gefragt. „Das Schmuckstü­ck“(2010) von François Ozon zeigt den Star als Hausfrau, die die Regenschir­mfabrik ihres Ehemanns nach dessen Erkrankung erfolgreic­h leitet. Catherine Deneuve beherrscht den Film. Dabei ist ihr Feminismus von einer Art, als hätten sich Mutter Beimer und Jane Fonda zusammenge­tan. Im Privatlebe­n der jungen Deneuve hatte die Emanzipati­on noch nichts zu melden. Mit 20 Jahren wurde sie alleinerzi­ehende Mutter. Vater ihres Sohnes Christian ist der Regisseur Roger Vadim, ExEhemann von Brigitte Bardot. Schockstar­re in Frankreich und Italien, als sie von dem verheirate­ten Filmpartne­r Marcello Mastroiann­i schwanger wurde und 1972 ihre Tochter Chiara zur Welt kam.

Für ihre jüngsten Schlagzeil­en sorgte die Deneuve mit ihrer Kritik an der #MeToo-Bewegung. In der Zeitung Le Monde schrieb sie, Vergewalti­gung sei ein Verbrechen, Flirten aber kein Delikt und Galanterie keine Aggression. Viele Männer dürften danach ein Glas Champagner zum Wohl der Kino-Ikone getrunken haben. Rupert Huber

 ?? Foto: afp ??
Foto: afp

Newspapers in German

Newspapers from Germany