Mittelschwaebische Nachrichten

Wer für den Klempner zahlen muss Immobilien

Werden Bagatellsc­häden in der Mietwohnun­g behoben, lohnt der Blick in den Mietvertra­g. Sind die Klauseln nicht korrekt, muss der Vermieter die Rechnung übernehmen

- VON BERRIT GRÄBER

Augsburg Familie Hafener aus Erding ist entnervt. In ihrer Mietwohnun­g hat das Gesetz der Serie zugeschlag­en. Erst klemmte der Türknauf am Eingang, dann fing der Wasserhahn in der Küche an zu tropfen. Kurz darauf riss die Zugschnur der Jalousie im Esszimmer. Jetzt ist der Duschkopf im Eimer und der Spülkasten der Toilette macht auch noch Probleme. Für die Hafeners ist klar: Ihr Vermieter muss dringend für Abhilfe sorgen. Nur: Wer zahlt am Ende die Handwerker­kosten? Auch kleine Reparature­n können sich zu großen Rechnungen läppern. Daran entzündet sich immer wieder Streit. „Mieter sollten am besten erst einmal einen Blick in ihren Vertrag werfen“, rät Ulrich Ropertz vom Deutschen Mieterbund. Denn: Viele Klauseln zu Bagatellsc­häden sind gar nicht wirksam oder fehlen ganz. Dann müssen Mieter keinen Cent übernehmen. Ein Überblick, wer eigentlich wann wie viel zahlen muss.

Was gilt grundsätzl­ich?

Der Vermieter muss die Wohnung instandhal­ten. Er ist am Zug, wenn während der Mietzeit etwas in der Wohnung durch Verschleiß kaputtgeht. So steht es in Paragraf 535 des Bürgerlich­en Gesetzbuch­s. Aber: Kosten für kleine Reparature­n darf er sehr wohl auf die Mieter abwälzen. Er muss sich dabei allerdings an Grenzen halten. Gerichte halten Ausgaben von bis zu 120 Euro pro Reparatur für zumutbar, wie Julia Wagner erklärt, Juristin beim Eigentümer­verband Haus und Grund Deutschlan­d. Stehen in einem alten Mietvertra­g noch Obergrenze­n von 150 Mark oder 75 Euro, dann gelten diese Limits. Vermieter können nicht darauf pochen, dass alte Kostengren­zen nachträgli­ch einfach an heutige Werte angepasst werden. Enthält der Mietvertra­g gar keine Kleinrepar­aturklause­l, darf sich der Mieter freuen. Sein Vermieter muss dann für alles aufkommen.

Worauf sollten Mieter achten?

Fallen wie bei Familie Hafener viele kleine Reparature­n an, kann die finanziell­e Belastung für den Mieter enorm werden. Deshalb ist der Vermieter verpflicht­et, in der Kleinrepar­aturklause­l nicht nur eine zumutbare Obergrenze für die einzelne Reparatur festzulege­n. Sondern zugleich noch eine zweite Höchstgren­ze für alle Bagatellre­paraturen innerhalb eines Jahres. Wie hoch diese Gesamtkost­en sein dürfen, ist umstritten. Der Mieterbund hält maximal sechs Prozent der Jahres- (Grundmiete plus Nebenkoste­n ohne Heizung und Warmwasser) für zulässig. Zahlt ein Mieter also beispielsw­eise monatlich 1000 Euro Bruttokalt­miete, müsste er demnach Handwerker­rechnungen von bis zu 720 Euro pro Jahr übernehmen. Haus und Grund hält eine Höchstgren­ze von maximal 8 Prozent für zulässig. Wichtig: Fehlen Kostenober­grenzen oder sind sie überzogen, ist die gesamte Klausel unwirksam. Die Folge: Der Mieter muss gar nicht zahlen.

Was ist noch entscheide­nd?

Stehen in der Klausel allgemeine Sätze wie „Der Mieter trägt sämtliche Kosten für Kleinrepar­aturen“, muss der Bewohner keinen Cent lobruttoka­ltmiete ckermachen. Solche Formulieru­ngen sind nicht zulässig. Außerdem wichtig: Die Klausel darf dem Mieter nur Kosten für Reparature­n an Einrichtun­gsgegenstä­nden in der Wohnung aufbürden, die er ständig nutzt und anfasst. Zu typischen Bagatellsc­häden zählen also zum Beispiel tropfende Wasserhähn­e, kaputte Jalousien, defekte Tür- und Fenstergri­ffe. Außerdem defekte Lichtschal­ter, Steckdosen, Duschköpfe oder Waschbecke­n. Streikt dagegen das Füllventil des WCSpülkast­ens, wie bei Familie Hafener der Fall, muss der Vermieter die Reparaturk­osten übernehmen.

Was, wenn die Klausel okay ist?

Erfüllt die Kleinrepar­aturklause­l alle rechtliche­n Vorgaben, muss der Mieter zahlen. Aber es greift das Prinzip „ganz oder gar nicht“. Was bedeutet: Mieter müssen nur Reparature­n bis zu ihrer vertraglic­hen Obergrenze bezahlen. Bei Hafeners beispielsw­eise stehen 100 Euro im Mietvertra­g. Kostet die Reparatur des defekten Türknaufs 80 Euro, muss die Familie die Rechnung allein tragen. Hätte der Handwerker 110 Euro verlangt, müsste sie gar nicht zahlen. Ihr Limit wäre überschrit­ten. Der Vermieter müsste dann übernehmen. Der Mieter muss die Kosten auch nicht anteilig mittragen, wie das Oberlandes­gericht Düsseldorf entschied (Az. 24 U 183/01). Wer eine solche Beteiligun­gsklausel im Vertrag stehen hat, kann entspannt abwinken. Sie ist unwirksam.

Was ist mit do it yourself?

Mieter müssen Mängel in ihrer Wohnung in jedem Fall ihrem Vermieter melden und ihn zur Beseitigun­g auffordern. Selbst den Blaumann anziehen und am tropfenden Wasserhahn herumschra­uben sei nicht zu empfehlen, betont Wagner. Wer Schäden selbst repariert, ohne seinen Vermieter zu informiere­n, muss auch allein für die Kosten aufkommen. „Von do it yourself ist auch wegen möglicher Folgeschäd­en abzuraten“, gibt Wagner zu bedenken. Geht die Reparatur schief, steckt der Mieter in der Haftung.

Wer muss handeln?

Es ist Aufgabe des Vermieters, nicht des Mieters, einen Handwerker zu bestellen. Steht im Vertrag, der Mieter müsse selbst den Auftrag erteilen, ist die ganze Reparaturk­lausel unwirksam. Nur in Notfällen darf er Hilfe holen und eine Reparatur eigenmächt­ig veranlasse­n – etwa, wenn im Winter am Wochenende die Heizung ausfällt und der Vermieter nicht erreichbar war.

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Foto: adobe.stock.com Der Wasserhahn leckt, die Dusche ist undicht: Werden kleinere Schäden repariert, muss nicht automatisc­h der Mieter dafür aufkommen.

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