Mittelschwaebische Nachrichten
Retter wollen freie Fahrt und neue Technik
Autobahn Feuerwehren, Polizei, BRK und Pansuevia sehen in der Telematik viele Vorteile. Die Verkehrszeichen könnten auch helfen, ein Problem mit Lastwagen und Bussen zu lösen
Günzburg/Augsburg Bringt ein Tempolimit mehr Sicherheit auf der A8? In Leserreaktionen spricht sich bislang über ein Drittel für ein striktes Tempolimit aus. Genauso viele wünschen sich ein Überholverbot für Lastwagen. Beide Möglichkeiten vereinen könnte die sogenannte Telematik. Sie steht bei Rettungskräften hoch im Kurs.
Feuerwehr „Ich würde sie vorrangig begrüßen“, sagt der Kommandant der Gersthofer Feuerwehr, Wolfgang Baumeister. Er nennt auch einen konkreten Grund: Mit den dynamischen Verkehrszeichen lassen sich unter anderem Überholverbote anordnen und Fahrstreifen sperren oder freigeben. Der Vorteil: Die Feuerwehr hat dann freie Fahrt und kommt schneller zum Unfall. Damit würde der Vergangenheit angehören, was den Rettern neuerdings immer wieder Ärger macht: Lastwagen und Busse wechseln am Stauende zwischen der rechten und der mittleren Spur in der Hoffnung, schneller vorwärtszukommen. Das Problem dabei: Sobald der Verkehr steht, stehen auch die mehrere Tonnen schweren Gefährte, die dann nicht mehr rangieren können, sich im schlimmsten Fall verkeilen.
Sein Günzburger Kollege Christian Eisele hält ebenfalls „sehr viel“von diesen Verkehrsbeeinflussungsanlagen. „Man kann rechtzeitig darauf hinweisen, wenn sich einige Ki- lometer vor einem ein Stau gebildet hat. Die Autofahrer können entsprechend früh runterbremsen. Und die Schilderbrücken würden – abhängig vom Unfallort – darauf hingewiesen – „ob man nach rechts oder links soll“. Eisele hat sich gewünscht, dass bereits bei der Inbetriebnahme der sechsspurigen A8 die Telematik mit berücksichtigt wird. Der damalige Chef der Autobahnpolizei Günzburg, Jürgen Schweizer, habe einen entsprechenden Vorschlag gemacht. „Aber das wurde damals nicht umgesetzt.“Oliver Ehrengruber von der Feuerwehr in Adelsried, der beruflich viel auf der Autobahn unterwegs ist, fällt immer wieder auf: „Ist die Verkehrsdichte hoch, dann wird immer noch zu schnell gefahren.“Er befürwortet die Telematik.
Autobahnbetreiber Auch Pansuevia-Geschäftsführer Robert Schmidt hält die Telematik für sinnvoll – nämlich gerade dort, wo es ein erhöhtes Fahrzeugaufkommen gibt. Angedacht ist die neue Technik derzeit am Verkehrsknoten zwischen den Anschlussstellen Friedberg und Neusäß. Wie sie in der Praxis funktioniert, ist seit August an der B 17 im Süden von Augsburg zwischen Königsbrunn-Süd und der Eichleitnerstraße zu sehen: Dort hängen insgesamt sieben Tafeln über der Fahrbahn und greifen ein, wenn es eng wird. Apropos eng: Enge Rettungsgassen machen nicht nur den Feuerwehren zu schaffen, sondern auch der Pansuevia. Die Betreibergesellschaft schickt nämlich nach Unfällen die Kehrmaschine los, die dann die Betonpiste reinigt. So war es auch am vergangenen Montag, als es kurz vor Zusmarshausen zu einem folgenschweren Unfall gekommen war. Sechs Fahrzeuge waren verwickelt, vier Personen wurden verletzt, zwei davon schwer. Trauriger Höhepunkt des Unfalls: Ein Auto raste nach Angaben der Polizei mit hoher Geschwindigkeit gegen ein Pannenfahrzeug, das auf der linken Spur zum Stehen gekommen war.
Rettungsdienst In den Hauptreisezeiten fährt er selbst mit dem Motorrad zu Rettungseinsätzen auf der Autobahn: Thomas Haugg. Der Geschäftsführer des BRK-Kreisverbands Augsburg sagt: „Mit einem Tempolimit ließe sich vieles abmildern.“Sein Leitsatz: „Mit Tempo 180 ist alles, was ich gerade sehe, bereits Vergangenheit. Bis man reagiert und bremst, sind 100 bis 200 Meter schon weg.“
Matthias Kiermasz, der Chef des Günzburger Kreisverbandes hat aus dem Stand „keine detaillierten Informationen. Als Nutzer der A 8 würde ich eine aktive Beschilderung sehr begrüßen. Nach meinem Empfinden wird hier zum Teil viel zu schnell gefahren“. Der Leiter des BRK-Rettungsdienstes im Landkreis Günzburg, Christian Skibak, sagt, es komme auf der A 8 relativ oft zu Verkehrsunfällen. „Ich verstehe nicht, warum es so etwas bei uns nicht gibt.“Auf baden-württembergischen A8-Gebiet geht es nach dem Elchinger Kreuz gleich los mit der Verkehrsbeeinflussung. Und in anderen Bundesländern (Skibak nennt Nordrhein-Westfalen und die A 3 als Beispiel) seien diese dynamischen Verkehrsregelungen viel häufiger anzutreffen. Nötig sei die Anwendung vorhandener Technik in unserer Region allein schon wegen der „interessanten Wetterlagen“, wie er sagt. „Aquaplaning“sei eine Gefahr, vor der der Autofahrer mit der Hilfe von Telematik rechtzeitig vorgewarnt werden könnte. „Und das schnelle Hineinfahren in plötzlich auftauchende Nebelbänke“komme hier auch nicht selten vor und könne entsprechend informiert vermieden werden. Die Frage nach den Kosten ist für ihn nachrangig, „wenn es um die Verbesserung der Sicherheit auf der A 8 geht“.
Polizei Josef Sitterer, der Chef der Gersthofer Autobahnpolizei, ist ein Verfechter der Telematik. Er wünscht sich die intelligente Verkehrstechnik, die situationsbezogen und kurzfristig Geschwindigkeitsbegrenzungen anzeigen kann, so schnell wie möglich. Seit dem A 8-Ausbau hat er festgestellt: Bei Unfällen sind die Folgen dramatischer als früher. Die häufigsten Unfallursachen: nicht angepasste Geschwindigkeit, Fehler beim Spurwechsel und Unaufmerksamkeit. Letztere ist auch ein Grund dafür, warum es an der Neusässer Abfahrt in Fahrtrichtung Günzburg häufiger kracht. Dort soll in Kürze ein blinkendes, zeitgesteuertes Stau-Vorwarnschild aufgestellt werden.