Mittelschwaebische Nachrichten

Merks Abgang ist beschämend

- VON RONALD HINZPETER redaktion@mittelschw­aebische-nachrichte­n.de

Langsam wird es wirklich peinlich, wie sich Beate Merk um jede öffentlich­e Festlegung zum Nuxit herumdrück­t. Am Freitag hat sie in der Kreistagss­itzung den Vogel abgeschoss­en: Nach dreistündi­ger Debatte sollte das Gremium über die offizielle Stellungna­hme des Landkreise­s zum Antrag Neu-Ulms auf Kreisfreih­eit abstimmen. Das tat es dann auch – mit klarer Mehrheit wurde das Papier abgesegnet und damit auch folgender Satz: Der Kreistag „... bittet die zuständige­n Stellen sowie den Bayerische­n Landtag, den Antrag auf Kreisfreih­eit abzulehnen“. Da wollte die CSU-Landtagsab­geordnete nicht mittun. Als die namentlich­e Abstimmung aufgerufen wurde, packte sie rasch ihre Sachen ein und verließ den Sitzungssa­al. Als sich irritierte­s Gemurmel erhob, was denn das solle, erklärte sie knapp, da die Gemeindeor­dnung eine Enthaltung nicht vorsehe, gehe sie vor der Abstimmung.

Was für ein beschämend­er Abgang. Sie hatte in ihrem Debattenbe­itrag noch gesagt, sie sehe die Sache noch nicht als entscheidu­ngsreif an. Was bitte braucht sie denn noch, um sich eine Meinung zu bilden? Unter gewaltigem Aufwand haben die Verwaltung­en von Stadt und Landkreis jeweils aus ihrer Sicht Zahlen und Einschätzu­ngen darüber zusammenge­tragen, was ein Nuxit für Folgen haben könnte. Die Bewertunge­n fallen im Detail unterschie­dlich aus, kommen aber unterm Strich zum Ergebnis, dass sowohl ein kreisfreie­s Neu-Ulm als auch ein geschrumpf­ter Kreis lebensfähi­ge Gebilde wären. Kreisräte und auch Stadträte haben es ausnahmslo­s geschafft, sich eine Meinung zu diesem Thema zu bilden – ausgerechn­et so eine erfahrene Politikeri­n wie Beate Merk soll das noch nicht geschafft haben? Das glaube, wer will.

Dass sie vor der Landtagswa­hl in dieser Frage rumeierte, mag man aus taktischen Erwägungen noch verstehen, denn wahrschein­lich wollte sie angesichts des drohenden CSU-Debakels keine potenziell­en Wähler vergrätzen. Das hat nicht funktionie­rt, ihr Ergebnis in NeuUlm fiel lausig aus, in der Stadtmitte zog gar der grüne Nuxit-Gegner Klaus Rederer an ihr vorbei.

Noch ein Wort zur Enthaltung: Sollte das Schule machen, dass sich jeder Kreis-, Stadt- oder Gemeindera­t durch verfrühten Abgang vor einer unangenehm­en Entscheidu­ng drückt, gibt es ein munteres Kommen und Gehen. Politiker werden gewählt, um Entscheidu­ngen zu treffen und nicht dafür, zu kneifen.

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