Mittelschwaebische Nachrichten
Nicht denken, sondern sehen
Vernissage Wie die Kellerasseln in Waltenhausen mit ihrer Kunst auf die Bevölkerung zugehen
Waltenhausen Kunst in einem Bürgertreff auszustellen, das ist eine Botschaft. Die Künstler verzichten auf das besondere Ambiente einer Galerie, auf spezielle Möglichkeiten der Beleuchtung und andere Hilfen, die Bilder bestmöglich zur Schau zu stellen. Sie suchen die Nähe zu den Menschen, die normalerweise keine Galerien besuchen, denen der Kunstbetrieb fremd ist. Kunst kommt auf diese Weise zur Bevölkerung. Sie kommt in dem Dorf an, in dem die Künstlergruppe „Kellerasseln“einmal wöchentlich unter der Anleitung von Wim Wisman arbeitet.
Etwas Volkstümliches hatte die Vernissage unter der Schirmherrschaft von Bürgermeister Karl Weiß. Blasmusik spielte, ein irischer Sänger trat auf, und man hatte den die Bürger nutzen die nicht-alltägliche Gelegenheit zur Begegnung mit der Kunst und dem Dorf.
Die sechs Künstlerinnen hatten sich Gedanken gemacht, wie der große Raum zu nutzen sei. Auf der einen Seite des Saals stand Antonie Reichhardts Bergpanorama, rund zehn Meter lang. Allein die Konstruktion der Staffeleien war bemerkenswert. Das aus mehreren Einzelbildern komponierte Panorama ist natürlich etwas, das man nicht alle Tage sieht. Auf der anderen Seite des Saals waren die Bilder der anderen postiert, durcheinandergemischt und zu einem flachen Halbrund angeordnet. Auch das konnte man als Botschaft verstehen, das harmonische Miteinander in der Malgruppe zu betonen.
An die Stelle der bei Vernissagen üblichen Werkeinführung traten kurze und spontane Gespräche von Wim Wisman mit den Künstlerinnen. Annegret Döring erklärte, ihr sei es bei dem Teich-Bild darauf angekommen, nicht ins Gegenständliche „abzudriften“. Zwar wollten die Betrachter im unteren Teil des Bildes ein mit Blumen gefülltes Boot sehen, doch für sie sei das Bild nach wie vor völlig abstrakt. Martina Lutterer deutete ihre Bilder als Versuch, noch bewusster Farben und Formen zu kombinieren, als sie es bisher getan habe. Irmgard Reitmaier kommentierte ihre Arbeit ganz salopp: „Ich fange etwas an und sehe mir dabei zu, was ich rausbringe.“Walli Gerstlauer meinte, sie habe sich an einem Stillleben versuchen wollen, und natürlich müssten Trauben dabei sein. Evi Fritsch hatte sich wie Annegret Döring vorgenommen, abstrakt zu bleiben und am Ende schwirrten dann doch FanEindruck, tasievögel vor rotem Himmel. Antonie Reichhardt hatte einen witzigen Kommentar zu ihren Bergbildern parat. Sie müsste noch Alpenpässe und Cabrios ergänzen, das sei eine zeitgemäße Art, die Bergwelt zu erleben. (Dazu muss man wissen, dass Antonie Reichhardt leidenschaftliche Cabriofahrerin ist). Witzig, spontan und ungekünstelt wirkten die kurzen Statements, und doch werfen sie ein bezeichnendes Licht auf die Art, wie bei den „Kellerasseln“gearbeitet wird.
Das Denken sollten die Künstler beim Malen abstellen, fordert Wim Wisman von der Gruppe. Er will keine verkopfte Kunst, sondern die Künstler das Sehen lehren, beispielsweise die Erfahrung, was die Farben miteinander machen, welche Tiefe, Spannung oder Harmonie sie in gegenseitigem Nebeneinander erzeugen.