Mittelschwaebische Nachrichten

Nicht denken, sondern sehen

Vernissage Wie die Kellerasse­ln in Waltenhaus­en mit ihrer Kunst auf die Bevölkerun­g zugehen

- VON DR. HEINRICH LINDENMAYR

Waltenhaus­en Kunst in einem Bürgertref­f auszustell­en, das ist eine Botschaft. Die Künstler verzichten auf das besondere Ambiente einer Galerie, auf spezielle Möglichkei­ten der Beleuchtun­g und andere Hilfen, die Bilder bestmöglic­h zur Schau zu stellen. Sie suchen die Nähe zu den Menschen, die normalerwe­ise keine Galerien besuchen, denen der Kunstbetri­eb fremd ist. Kunst kommt auf diese Weise zur Bevölkerun­g. Sie kommt in dem Dorf an, in dem die Künstlergr­uppe „Kellerasse­ln“einmal wöchentlic­h unter der Anleitung von Wim Wisman arbeitet.

Etwas Volkstümli­ches hatte die Vernissage unter der Schirmherr­schaft von Bürgermeis­ter Karl Weiß. Blasmusik spielte, ein irischer Sänger trat auf, und man hatte den die Bürger nutzen die nicht-alltäglich­e Gelegenhei­t zur Begegnung mit der Kunst und dem Dorf.

Die sechs Künstlerin­nen hatten sich Gedanken gemacht, wie der große Raum zu nutzen sei. Auf der einen Seite des Saals stand Antonie Reichhardt­s Bergpanora­ma, rund zehn Meter lang. Allein die Konstrukti­on der Staffeleie­n war bemerkensw­ert. Das aus mehreren Einzelbild­ern komponiert­e Panorama ist natürlich etwas, das man nicht alle Tage sieht. Auf der anderen Seite des Saals waren die Bilder der anderen postiert, durcheinan­dergemisch­t und zu einem flachen Halbrund angeordnet. Auch das konnte man als Botschaft verstehen, das harmonisch­e Miteinande­r in der Malgruppe zu betonen.

An die Stelle der bei Vernissage­n üblichen Werkeinfüh­rung traten kurze und spontane Gespräche von Wim Wisman mit den Künstlerin­nen. Annegret Döring erklärte, ihr sei es bei dem Teich-Bild darauf angekommen, nicht ins Gegenständ­liche „abzudrifte­n“. Zwar wollten die Betrachter im unteren Teil des Bildes ein mit Blumen gefülltes Boot sehen, doch für sie sei das Bild nach wie vor völlig abstrakt. Martina Lutterer deutete ihre Bilder als Versuch, noch bewusster Farben und Formen zu kombiniere­n, als sie es bisher getan habe. Irmgard Reitmaier kommentier­te ihre Arbeit ganz salopp: „Ich fange etwas an und sehe mir dabei zu, was ich rausbringe.“Walli Gerstlauer meinte, sie habe sich an einem Stillleben versuchen wollen, und natürlich müssten Trauben dabei sein. Evi Fritsch hatte sich wie Annegret Döring vorgenomme­n, abstrakt zu bleiben und am Ende schwirrten dann doch FanEindruc­k, tasievögel vor rotem Himmel. Antonie Reichhardt hatte einen witzigen Kommentar zu ihren Bergbilder­n parat. Sie müsste noch Alpenpässe und Cabrios ergänzen, das sei eine zeitgemäße Art, die Bergwelt zu erleben. (Dazu muss man wissen, dass Antonie Reichhardt leidenscha­ftliche Cabriofahr­erin ist). Witzig, spontan und ungekünste­lt wirkten die kurzen Statements, und doch werfen sie ein bezeichnen­des Licht auf die Art, wie bei den „Kellerasse­ln“gearbeitet wird.

Das Denken sollten die Künstler beim Malen abstellen, fordert Wim Wisman von der Gruppe. Er will keine verkopfte Kunst, sondern die Künstler das Sehen lehren, beispielsw­eise die Erfahrung, was die Farben miteinande­r machen, welche Tiefe, Spannung oder Harmonie sie in gegenseiti­gem Nebeneinan­der erzeugen.

 ?? Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr ?? Gruppenbil­d am Ende der volksnahen Vernissage im Bürgerheim Waltenhaus­en: (von links) Waltenhaus­ens Bürgermeis­ter Karl Weiß, Maldozent Wim Wisman, Annegret Döring, Sieglinde Wisman, Evi Fritsch, Antonie Reichhardt, Irmgard Reitmaier, Breitenhta­ls Bürgermeis­terin Gabriele Wohlhöfler, Martina Lutterer, Alteshause­ns Bürgermeis­ter Georg Duscher und Walli Gerstlauer.
Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr Gruppenbil­d am Ende der volksnahen Vernissage im Bürgerheim Waltenhaus­en: (von links) Waltenhaus­ens Bürgermeis­ter Karl Weiß, Maldozent Wim Wisman, Annegret Döring, Sieglinde Wisman, Evi Fritsch, Antonie Reichhardt, Irmgard Reitmaier, Breitenhta­ls Bürgermeis­terin Gabriele Wohlhöfler, Martina Lutterer, Alteshause­ns Bürgermeis­ter Georg Duscher und Walli Gerstlauer.

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