Mittelschwaebische Nachrichten

Beate Merk droht ein Bußgeld

Rückzug Weil sich die CSU-Landtagsab­geordnete einer entscheide­nden Abstimmung im Kreistag verweigert­e, werden nun im Landratsam­t mögliche Konsequenz­en geprüft

- VON RONALD HINZPETER

Neu-Ulm Beate Merk verweigert sich einer wichtigen Abstimmung im Kreistag – das bewegt die Menschen. Der entspreche­nde Kommentar unserer Zeitung dazu wurde bereits von ungewöhnli­ch vielen im Internet angeklickt. Die Reaktionen fallen für die CSU-Landtagsab­geordnete nicht sehr schmeichel­haft aus. Ganz offiziell wird die Angelegenh­eit nun im Landratsam­t juristisch aufgearbei­tet, denn gemäß der bayerische­n Landkreiso­rdnung droht einem Politiker, der sich der Abstimmung­spflicht entzieht, ein sogenannte­s Ordnungsge­ld.

Was war geschehen? Als der Kreistag am Freitag über seine offizielle Stellungna­hme zum Nuxit abstimmen sollte, die von der Regierung von Schwaben angeforder­t worden war, stand Beate Merk demonstrat­iv auf. Sie hatte zuvor erklärt, sie halte die Sache für nicht entscheidu­ngsreif. Da sie sich der Stimme aber nicht enthalten dürfe, gehe sie jetzt. Tatsächlic­h haben Kreisräte genauso wie Gemeinderä­te nur die Möglichkei­t, mit „Ja“oder „Nein“abzustimme­n.

So scheibt es die bayerische Landkreiso­rdnung im Artikel 42 vor. Dort heißt es wörtlich: „Die Kreisräte sind verpflicht­et, an den Sitzungen und Abstimmung­en teilzunehm­en und die ihnen zugewiesen­en Geschäfte zu übernehmen. Im Kreistag darf sich niemand der Stimme enthalten.“Gegen Kommunalpo­litiker, „die sich dieser Verpflicht­ungen ohne genügende Entschuldi­gung entziehen, kann der Kreistag Ordnungsge­ld bis zu 250 Euro im Einzelfall verhängen.“

Das wird nun untersucht, denn FW-Fraktionsc­hef Kurt Baiker hatte noch während Merks Abgang seinem Unverständ­nis Luft gemacht. Er bat Landrat Thorsten Freudenber­ger zu überprüfen, ob dieses Verhalten rechtlich korrekt sei. Gegenüber unserer Redaktion sagte er: „Ich bin eigentlich baff, was da passiert ist.“Wenn solche Abgänge vor einer Abstimmung okay seien, dann werde er sich künftig auch so verhalten.

Der Vorgang hatte bei zahlreiche­n Kreisräten für Kopfschütt­eln gesorgt. Wie einer hinterher sagte, „waren wir alle fassungslo­s“. Hinterher sei nicht über die Drei-Stunden-Debatte zum Nuxit geredet worden, sondern nur über Merks demonstrat­iven Rückzug vor der Abstimmung, die auf Baikers Wunsch noch dazu namentlich erfolgen sollte. Der Abgang sei ein wissentlic­her Verstoß gegen die Geschäftso­rdnung, so einer der Kreisräte. Wolfgang Ostermann (SPD), ein erfahrener Kommunalpo­litiker sagt ganz offen: „So etwas habe ich noch nie erlebt, das war schon sehr erstaunlic­h“, und fügt ironisch an: „Jetzt habe ich wieder was dazugelern­t.“

Deutlich drastische­r fallen die Kommentare zur Berichters­tattung unserer Redaktion bei Facebook aus. Da wird Beate Merk als „Meisterin der Polemik und ungehalten­en Verspreche­n“tituliert. Ein anderer schreibt: „Wie man es gewohnt ist von ihr, eine Frechheit einfach.“Ein Dritter empfiehlt: „Liebe Wähler, dann macht es doch beim nächsten Mal auch so, wenn die Beate Merk auf einem Wahlzettel steht: Schmeißt den Wahlzettel in die Urne, bevor ihr ein Kreuz macht ...“

Martin Leberl beurteilt die Dinge von Berufs wegen nüchterner, denn er leitet im Landratsam­t den wichtigen Geschäftsb­ereich Zentrale Angelegenh­eiten. Es obliegt nun ihm, den Vorgang juristisch zu bewerten – keine einfache Geschichte, wie er sagt, denn zu der vergleichs­weise einfachen Vorschrift in der Landkreiso­rdnung gibt es schon mal fünf einschlägi­ge Kommentier­ungen von Kommunalre­chtsexpert­en, „die sich teilweise widersprec­hen“. Zudem müssten in der Sache auch noch Urteile und Aufsätze herangezog­en werden, um sie entspreche­nd bewerten zu können. „Das ist sehr umfassend, aber das ist unser tägliches Brot“, so Leberl.

Er räumte ein, noch nicht zu wissen, was er über den Vorgang schreiben werde. Seine Bewertung des Vorgangs werden die Kreisräte schriftlic­h bekommen, aber das werde „noch ein paar Tage dauern“. Er will seine Sicht der Dinge als Anhang zum Protokoll der Freitagssi­tzung verschicke­n.

So viel deutete er bereits an: Es sei fraglich, ob die Angelegenh­eit so weltbewege­nd sei. Aber „das wird man sehen“.

 ?? Archivbild: Alexander Kaya ?? Ist es zu beanstande­n, dass Beate Merk eine unangenehm­e Abstimmung im Kreistag demonstrat­iv geschwänzt hat? Das wird derzeit im Landratsam­t geprüft.
Archivbild: Alexander Kaya Ist es zu beanstande­n, dass Beate Merk eine unangenehm­e Abstimmung im Kreistag demonstrat­iv geschwänzt hat? Das wird derzeit im Landratsam­t geprüft.

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