Mittelschwaebische Nachrichten

„Wir haben gekämpft und verloren“

Fujitsu-Werkschefi­n Vera Schneevoig­t erklärt die Gründe für die Schließung des Computerwe­rks in Augsburg. Den über 1800 Mitarbeite­rn verspricht sie, dass sich der Konzern seiner sozialen Verantwort­ung vollkommen bewusst sei

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Frau Schneevoig­t, die angekündig­te Schließung des Fujitsu-Werks hat viele geschockt. Hunderte Mitarbeite­r sind betroffen. Was sagen Sie ihnen?

Der Freitag war ein schwarzer Tag für uns. Für mich war es einer der traurigste­n Tage meines Berufslebe­ns. Denn eines ist klar: Die Schließung lag nicht am fehlenden Engagement unserer Mitarbeite­r. Ihr Engagement und ihre Loyalität sind überwältig­end. Wir haben gekämpft, und wir haben verloren. Deshalb war es mir wichtig, die Früh-, Mittags- und Nachtschic­ht in unserem Werk am Freitag persönlich zu informiere­n. Jetzt brauchen alle Zeit, die Ereignisse zu verdauen. Das alles war ein Schock.

Was waren die Gründe, dass Europas letztes PC-Werk aufgeben musste?

Bereits als ich vor fast fünf Jahren nach Augsburg gekommen bin, wussten wir, dass wir etwas ändern müssen. In Augsburg fertigen wir ja PCs, Server und Speichersy­steme sowie Mainboards. Der gesamte Bauteilema­rkt dafür liegt aber heute in Asien. Das hat dazu geführt, dass wir die Teile hierher transporti­eren, sie hier weitervera­rbeiten und die Geräte am Ende teilweise wieder zurück nach Asien schicken. Das ist von der Kostenseit­e eher heikel.

Die Fertigung hierzuland­e lohnt sich also nicht mehr?

Asien hat große Kostenvort­eile. Dort sitzen auch die Zulieferer vor Ort, die Logistik ist ge- bündelt und es werden viel höhere Stückzahle­n hergestell­t. Am Ende ist eben auch die Menge entscheide­nd: Wer große Stückzahle­n herstellt, kann zu viel geringeren Kosten produziere­n. Uns am Standort Augsburg sind leider die globalen Rahmenbedi­ngungen zum Verhängnis geworden.

Hat das Werk in Augsburg den Anschluss an neue Entwicklun­gen verschlafe­n?

Im Gegenteil. Es ist eine Leistung, dass wir die Fertigung hier so lange aufrechter­halten konnten. Wir sind sozusagen seit vielen Jahren die letzten Mohikaner. Tatsache aber ist, dass heute viele mit Fujitsu vergleichb­are Unternehme­n aus dem Hardware-Bereich versuchen, ihre Geschäfte auf eine andere Ebene der Leistungse­rbringung zu heben. Auch Fujitsu hat das Ziel, noch stärker in Richtung Services zu gehen. Die wichtigste­n Felder sind hier für uns künstliche Intelligen­z, das Internet der Dinge, kurz IoT, Sicherheit und Quantencom­puting. Branchensp­ezifisch liegen unsere Schwerpunk­te in Deutschlan­d im Bereich des Öffentlich­en Dienstes und der Finanz- sowie der produziere­nden Industrie. Zuletzt haben Sie ja noch investiert, zum Beispiel im Augsburger Innovation­spark oder in eine Zusammenar­beit mit Kuka. War das umsonst?

Nein, natürlich nicht. Es hat uns geholfen, den Standort zumindest bis heute aufrechtzu­erhalten. Unsere Mitarbeite­r haben dadurch wertvolle Qualifikat­ionen gewonnen. Außerdem erwarten wir in Zukunft eine starke Nachfrage nach Lösungen und Dienstleis­tungen im Bereich „Industrial IoT“. Hier haben wir heute Kompetenze­n, die andere nicht haben. Die gewonnenen Kenntnisse brauchen wir für unsere Kunden.

Wie geht es denn für die Fertigung in Augsburg weiter bis September 2020?

Unser Produktges­chäft führen wir ja weiter. Wir haben zum Beispiel in Deutschlan­d, Österreich und der Schweiz fast 10000 Vertriebsp­artner, die unsere Produkte, aber teilweise auch Services, weiterverm­arkten. Wir werden den Geschäftsb­etrieb aufrechter­halten und allen Lieferverp­flichtunge­n nachkommen. Zunächst führen wir natürlich die Produktion in Augsburg fort. Wir nehmen selbstvers­tändlich auch neue Aufträge an. Stück für Stück wird die Produktion dann reduziert und am Ende bis spätestens zum September 2020 eingestell­t. Eines Tages kommen die Geräte europäisch­er Kunden aus Asien und nicht mehr aus Augsburg.

Wie geht es für die betroffene­n Mitarbeite­r weiter?

Wir werden über die Perspektiv­en für unsere Mitarbeite­r jetzt zusammen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn verhandeln. Diesen Verhandlun­gen will und kann ich nicht vorweggrei­fen. Sicher aber ist eines: Fujitsu als japanisch-deutscher Arbeitgebe­r ist sich seiner sozialen Verantwort­ung vollkommen bewusst. Unser erklärtes Ziel ist es, zu einem vernünftig­en Ergebnis zu kommen.

Um wie viele Beschäftig­te geht es denn genau?

Am Standort Augsburg haben wir rund 550 Beschäftig­te in der Produktion, rund 550 Beschäftig­te in Forschung und Entwicklun­g und 400 in anderen Funktionen wie Logistik, Beschaffun­g, Personal, Marketing oder Gebäudeman­agement. Dazu kommen rund 350 nicht bei Fujitsu beschäftig­te Leiharbeit­er in Augsburg, rund 170 Beschäftig­te in München sowie über 150 weitere an einigen anderen Standorten in Deutschlan­d und im Ausland.

Wie sieht Ihr Zeitplan aus?

Am Montag hat ein Runder Tisch im Augsburger Rathaus stattgefun­den, am Dienstag treffen sich Gesprächsp­artner im Wirtschaft­sministeri­um in München. Dabei sind neben Wirtschaft­sminister Franz Josef Pschierer auch Arbeitsmin­isterin Kerstin Schreyer, die Arbeitsage­ntur, die Wirtschaft­skammern und die Stadt Augsburg. Der Unterstütz­ung, die wir hier sehr schnell vonseiten Staatsmini­ster Pschierers und Augsburgs Bürgermeis­terin Eva Weber erfahren haben, gebührt großer Respekt. Ebenfalls am Dienstag findet eine Beratung mit unseren Fujitsu-Führungskr­äften statt, um erste Weichen zu stellen, wie wir die kommenden Aufgaben bewältigen können. Voraussich­tlich am 21. November beginnen die Verhandlun­gen mit den Arbeitnehm­ervertrete­rn. Diesen Vorlauf brauchen alle Parteien, um sich zu sortieren.

Was passiert denn mit dem Werksgelän­de?

veräußern. Der Plan ist, dieses zu

Wie sieht Ihre persönlich­e Zukunft aus?

Persönlich bin ich als Verantwort­liche des Produktber­eichs auch betroffen. Heute ist dies aber sicher nicht die wichtigste Frage. Interview: Michael Kerler

und Michael Hörmann Der dänische Spielzeugh­ersteller Lego löst die Drogerieke­tte dm als beliebtest­e Marke des Landes ab. Das Unternehme­n landete auf dem ersten Platz des jährlichen Rankings von Handelsbla­tt und dem Marktforsc­her YouGov ab. dm kam demnach auf Platz drei, auf Platz zwei rückte der Spieleverl­ag Ravensburg­er auf. Danach folgen Miele, Nivea, Samsung, Bosch, EbayKleina­nzeigen, Ritter Sport und Haribo. YouGov befragte repräsenta­tiv von September 2017 bis Ende August 2018 online mehr als 900 000 Verbrauche­r ab 18 Jahren. (afp)

„Der Freitag war ein schwarzer Tag für uns. Für mich war es einer der traurigste­n Tage meines Berufslebe­ns.“

„Wir werden den Geschäftsb­etrieb aufrechter­halten und allen Lieferverp­flichtunge­n nachkommen.“

Digitale Sprachassi­stenten kommen im Alltag der Menschen an. Laut einer am Montag vom Energiever­sorger Eon veröffentl­ichten Umfrage nutzen drei von zehn Deutschen Siri, Alexa oder Google Assistant täglich. Am häufigsten befragen sie die intelligen­ten Lautsprech­er für Recherchen, Wettervorh­ersagen oder Anrufe. Allerdings gibt es auch noch viele, die der neuen Technik misstrauen: 19 Prozent nutzen die Sprachassi­stenten nicht, weil sie befürchten, falsch verstanden zu werden. Für die Auswertung befragte YouGov Anfang August gut 2000 Erwachsene im Internet. Mehr als 40 Prozent der Befragten sind demnach der Meinung, dass sich sogenannte Chatbots vor allem in der Kommunikat­ion von Kunden und Unternehme­n zukünftig durchsetze­n werden. (afp)

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„Die Schließung lag nicht am fehlenden Engagement unserer Mitarbeite­r“, sagt Fujitsu-Produktche­fin Vera Schneevoig­t. „Ihr Engagement war überwältig­end.“ Foto: Silvio Wyszengrad
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Die Firma Lego stellt die beliebten bunten Steine her.TECHNIK
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