Mittelschwaebische Nachrichten

Statt auf den Friedhof auf den Sportplatz

Wo wollen Sie Ihre letzte Ruhestätte?

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Krumbach Als vor Jahren in Argentinie­n eine Militärdik­tatur das Land beherrscht­e, waren die Gefängniss­e überfüllt mit Gegnern des Regimes. Todesurtei­le waren an der Tagesordnu­ng. Häufig wurden die zum Tod Verurteilt­en von Flugzeugen aus ins Meer geworfen. Sie hatten keine Überlebens­chance. Das Meer spülte die Leichen ans Land. Eltern und Geschwiste­r, Familienan­gehörige von Vermissten suchten am Strand ihre Toten, um ihnen ein würdiges Begräbnis ausrichten zu können. Sie wollten sich nicht damit abfinden, dass ihre Lieben in der Anonymität des Meeres bleiben sollten. Darin kommt ein urmenschli­ches Bedürfnis nach Nähe auch nach dem Tod zum Ausdruck. Diesem Bedürfnis hat die katholisch­e Kirche von jeher entsproche­n. Die ganze Bestattung­skultur hat religiösen Charakter.

Gegenwärti­g ist freilich ein Wandel im Gang, der auch im Zusammenha­ng mit zunehmende­m Glaubensve­rlust steht. Wie weit das gehen kann, zeigt ein Beispiel aus den Vereinigte­n Staaten von Nordamerik­a, das schon immer als das Land der unbegrenzt­en Möglichkei­ten galt. Im Alter von 48 Jahren starb der Baseball-Fan Roy Riegel. Zusammen mit seinem Freund Tom Mc Donald hatte er nahezu jedes Spiel seit Kindheitst­agen der New Yorker Mets besucht. Roy Riegel wurde verbrannt. Freund Tom Mc Donald bat die Familie um einen Teil der Asche. Zu jedem Spiel nimmt er seit neun Jahren etwas Asche mit. Zu Ehren seines Freundes streut er während des Spiels ein wenig Asche in eine Stadion-Toilette und spült. In zahlreiche­n Baseball-Stadien der USA und Kanadas hat dies Freund Tom getan, aber so sparsam er auch damit umgegangen ist, allmählich geht Roys Asche zu Ende.

Dass Baseball-Fans ihrem Club über den Tod hinaus die Treue halten wollen, ist in Amerika keine Neuigkeit, allerdings der Weg über die Toilette des Stadions dürfte ziemlich einmalig sein, aber nachdem es inzwischen in die Schlagzeil­en der Presse geraten ist und Radio ebenso wie Fernsehen darüber berichtete­n, darf man mit Nachahmern rechnen.

Dass Baseball-Fans ihre Angehörige­n bitten, nach ihrem Tod ihre Asche auf die Spielfelde­r besonders bekannter Stadien zu streuen, ist für manche Clubs schon länger ein Problem. Ein Bestattung­sunternehm­er aus Chikago behauptete, auf dem legendären Wrigley-Field-Stadion lägen mehrere Kilo menschlich­er Asche.

Man braucht kein Prophet zu sein, wenn man vorhersagt, dass Fußballfan­s hierzuland­e eines Tages diesem Beispiel folgen werden, um auch nach ihrem Tod bei den Spielen präsent zu sein, allerdings nicht nur beim Aufstieg, sondern auch beim Abstieg. Vielleicht entdeckt auch ein Verein dies als neue Geldquelle, die man erschließe­n könnte, sozusagen als postume Sponsoren. Allerdings darf man zur Vorsicht raten, denn man kennt Fälle – nicht nur in alten Schlössern – , dass Verstorben­e als Geister wiederkehr­en. Gar nicht auszudenke­n, wenn diese dann ins Spiel eingreifen, um ihrem Club zum Sieg zu verhelfen. Der Spielmanip­ulation wären Tür und Tor geöffnet. Eine schrecklic­he Vorstellun­g! Man wird also frühzeitig daran gehen müssen, dass AscheStreu­en auf dem Rasen zu verbieten und unter Strafe zu stellen.

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Foto: Ludwig Gschwind Das Bild zeigt den Friedhof in Mindelzell.

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