Mittelschwaebische Nachrichten
Auf falschen Polizisten hereingefallen
64-Jährige um 300 000 Euro geschädigt. Mit einem Telefonanruf fing das Unglück an
Heidelberg Alles fing damit an, dass das Telefon läutete. Der Griff zum Hörer kostete Susanne K. (Name geändert) aber ihren Schmuck, Wertsachen und viel Bargeld. Rund 300 000 Euro Gesamtschaden. Im Leben der Frau aus Sinsheim bei Heidelberg ist seit dem Abend des 19. Februar 2018 nichts mehr, wie es war. Susanne K. schildert die Ereignisse dieses verhängnisvollen Abends am Mittwoch dem Landgericht Heidelberg. Dort muss sich ein 30-Jähriger verantworten. Als angeblicher Polizeibeamter soll er die 64 Jahre alte Frau um ihre Habseligkeiten gebracht haben.
Die Frau mit dem pinken Haarschopf und langer blauer Fransenjacke gehört zu den vielen älteren Menschen in Deutschland, die auf die Polizisten-Masche hereingefallen sind. Allein in Baden-Württemberg wurden damit Senioren um 5,3 Millionen Euro geprellt. Die meisten der 1955 Versuche dort scheiterten allerdings. Bundesweite Angaben zu diesem Delikt gibt es aber nicht.
Im Fall von Susanne K. gingen die Täter sehr perfide vor. Die beiden vermeintlichen Beamten des Polizeipräsidiums Mannheim berichteten ihr von einem festgenommenen Einbrecher, bei dem eine Liste mit 47 potenziellen Opfern – darunter auch sie – gefunden worden sei. Bei ihrem eine Straße weiter lebenden Sohn sei bereits eingebrochen worden. Auch andere mit richtigen Namen genannte Nachbarn seien betroffen. „Sie sind die Nächste“, warnten die zwei vermeintlichen Oberkommissare. Später erweckten sie den Eindruck, dass ein Einbrecher bereits im Garten sei. Von einer Pistole und Betäubungsgas war die Rede. „Ich war so starr, dass ich nicht auf den Gedanken kam, das sei nicht richtig“, sagte die Frau. Die beiden noch nicht gefassten Täter bearbeiteten die Hausfrau fünf Stunden lang am Telefon. Schließlich stopfte die frühere Sekretärin Uhren, Schmuck, Münzen, Bargeld sowie den Fahrzeugbrief eines neu gekauften Jeeps aus ihrem Safe in eine Plastiktüte. Sie verschloss das Haus und traf auf den von den beiden Anrufern angekündigten Kollegen. „Ich habe dem irgendwie vertraut.“Deshalb ließ sie den freundlichen Mann in zivil die Tasche „beschlagnahmen“.
Den Mann, ein sogenannter „Abholer“bei dieser Masche, identifizierte sie im Gerichtssaal. „Ich bin menschlich ruiniert“, sagt Susanne K. auf die Frage, wie es ihr nach der Tat gehe. Sie lebe ständig in Angst, verriegele das Haus ab 17.30 Uhr und könne nur noch schlecht schlafen. Sie erhoffe sich von dem Prozess Gerechtigkeit.
Der Angeklagte war zwei Tage nach dem Fall in Sinsheim festgenommen worden. Das Urteil wird am 22. November erwartet. Der Strafrahmen reicht von einem bis zu zehn Jahren.