Mittelschwaebische Nachrichten
Das Saalbau-Komitee und ein unsichtbarer Abgrund
Biergläser auf dem Tisch, gemütliche Gespräche – es wirkt wie ein geselliger Stammtisch. Und vermutlich war das auch noch so, als im August 1923 das Saalbau-Komitee für den Krumbacher Stadtsaal zusammensaß. Aber da ist auch so etwas wie ein unsichtbarer Abgrund. Am Tisch sitzt Julius Oettinger (rechte Reihe, Dritter von links). Nur wenige Jahre später ist in Krumbach sein Leben bedroht. Der Jude Julius Oettinger flieht 1938 vor der Gewaltherrschaft der Nazis nach New York/USA. Dort stirbt er 1957. Sein Bruder Isaak und dessen Familie werden 1942 von den Nazis deportiert und ermordet. Man kann es nachlesen auf der Gedenktafel, die 2014 vom Krumbacher Heimatverein im Bereich der ehemaligen Synagoge angebracht wurde. Das Leben der Familien Oettinger steht für das bittere Ende der jüdischen Kultur in der Region, das sich vor 80 Jahren in den nächte- und tagelangen Pogromen auf eine beklemmende Weise abzeichnete. Julius Oettinger, geboren im Jahr 1881, war nach Auskunft des Krumbacher Heimatforschers Herbert Auer eine angesehene Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in Krumbach, Mitinhaber des Textilgroßhandels Simon Landauer. Er war Mitglied des Krumbacher Stadtrates – bis 1933. Die Novemberpogrome der Nazis im Jahr 1938 wurden in Krumbach und Ichenhausen zu einer Gewaltorgie gegen jüdische Mitbürger. Über diese Geschichte „mitten in Krumbach und Ichenhausen“berichten wir in unserer heutigen Ausgabe ausführlich.
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