Mittelschwaebische Nachrichten
Gericht Lügen und falsche Verdächtigung Warum ein Angeklagter für einen Parkrempler in Offingen mit einer Führerscheinsperre büßen muss
Günzburg Es war eigentlich nur eine kleine Unaufmerksamkeit. Auf einem Parkplatz an der Bahnhofstraße in Offingen öffnet ein 36-Jähriger im Juni die hintere Fahrzeugtür und schrammt dem Nachbarauto eine Delle ins Blech. Obwohl der Verursacher den Schaden bemerkt und die Besitzerin des Wagens ihn aufhalten will, geht der Mann zum Inselfest. Das brachte ihm nun ein Gerichtsverfahren mit recht kostspieligen Konsequenzen ein.
In der Verhandlung bei Richter Martin Kramer stritt der Angeklagte, ein heute 37-jähriger Grieche, über seine Dolmetscherin die staatsanwaltlichen Vorwürfe ab. Er saß jetzt vor Gericht, weil er den Strafbefehl über 1000 Euro nicht akzeptiert hatte. Laut Anklage hatte er beim Öffnen der Tür eine Beule in der Tür des nebenan stehenden Autos verursacht. Die Reparaturkosten betrugen laut Gutachten immerhin fast 1700 Euro. Die Besitzerin des beschädigten Autos hatte das Malheur beobachtet. „Bleiben Sie mal da“, habe die Frau den Verursacher aufgefordert, zu warten. Doch der habe ihr nur geantwortet, es sei doch nichts passiert, sie könne ja die Polizei holen. Dann verschwand er mit einem Bekannten auf dem Inselfest.
Erst als die Beamten auf dem Parkplatz eintrafen, kam der Mann wieder zurück. Aber statt seine Beteiligung am Schaden einzuräumen, beschuldigte er sogar die Autobesitzerin, sie habe seinen Wagen mit einem Fußtritt demoliert. Vom Schaden am gegnerischen Fahrzeug habe er nichts bemerkt. Genau diese Behauptung wiederholte der 37-Jährige vor Gericht. Als die Beamten zur Unfallaufnahme die Papiere des Mannes verlangten, habe er versucht, „die Sache zu erklären“, aber sein Deutsch sei nicht so gut.
Der ermittelnde Beamte der Burgauer Polizei sagte als Zeuge, sein Eindruck sei durchaus, dass ihn der Grieche verstehe. Außerdem stimmten die Spuren an den beiden Türen hundertprozentig überein. Von einem Schaden durch einen Fußtritt könne jedoch keine Rede sein, vielmehr war die Stoßstange der älteren Limousine von einem anderen Unfall ramponiert.
Der Angeklagte blieb bei seiner Version und behauptete sogar, dass ihm als Ausländer weniger geglaubt werde, als der nur vermeintlich geschädigten Zeugin und der Polizei. Richter Martin Kramer ließ sich davon nicht beeindrucken. Schon bei Beginn der Beweisaufnahme hatte er dem 37-Jährigen klar gemacht, dass er nicht dazwischenreden und keine Diskussion mit den Zeugen anfangen dürfe. „Sie haben schlicht und ergreifend gelogen“, hielt er dem Angeklagten vor, beide Zeugen seien dagegen absolut glaubhaft gewesen. Wegen fahrlässiger Schadensverursachung, unerlaubtem Entfernen vom Unfallort – also Fahrerflucht – und falscher Verdächtigung lautete das Urteil auf 70 Tagessätze zu 20 Euro, entsprechend 1400 Euro sowie 35 Euro Geldbuße und zweimonatiger Führerscheinsperre. Der Grieche verdient derzeit nur 1200 bis 1300 Euro netto, muss aber für beträchtliche Schulden aufkommen und eine Familie mit drei minderjährigen Kindern versorgen. Zahlt er nicht, droht ihm ein Aufenthalt im Gefängnis – juristisch als Ersatzfreiheitsstrafe bezeichnet. Der Strafbefehl hatte mit 1000 Euro und einmonatigem Fahrverbot noch deutlich niedriger gelegen. Nach Ende der Verhandlung maulte der Grieche weiter, obwohl ihn der Richter schon deutlich zum Verlassen des Gerichtssaals aufgefordert hatte. Ob der 37-Jährige das Urteil akzeptiert, blieb vorerst offen.