Mittelschwaebische Nachrichten

Wasserstan­d im Lech wird gefährlich niedrig

Der Lech führt so wenig Wasser wie selten. Dies wirkt sich auch auf Fauna und Flora aus. Fachleute sprechen ob der Pegelständ­e sogar von einer „dramatisch­en Situation“bei den heimischen Gewässern

- VON TOBIAS KARRER UND MATTHIAS SCHALLA

Landkreis Augsburg Der goldene Oktober hat seinem Namen in diesem Jahr alle Ehre gemacht. Insgesamt 157 Sonnenstun­den haben die Wetterdien­ste für diesen Monat registrier­t. Damit lag er 44 Prozent über seinem Sollwert. Doch die sonnigen Seiten des Oktobers haben auch ihre Schattense­iten. So ist in den Flüssen, Bächen und Kanälen der Wasserstan­d so niedrig wie schon lange nicht mehr. Und dies hat Auswirkung­en auch auf Fauna und Flora. Michael Schubert vom Institut für Fischerei spricht sogar von einer „dramatisch­en Situation“– nicht nur am Lech, der

„Den Fischen geht es mit der aktuellen Situation nicht gut.“

Ulrich Krafczyk

derzeit nur halb so viel Wasser führt wie sonst um diese Jahreszeit. Denn: Mit dem Niedrigwas­ser wird auch der Lebensraum für Fische immer knapper.

„Vor allem die Brut hält sich im Anfangssta­dium bevorzugt in Ufernähe im flachen Wasser auf“, erklärt Schubert. Gehe das Wasser wetterbedi­ngt zurück, verschwind­e auch der Lebensraum für den Fischnachw­uchs. Besonders betroffen vom Niedrigwas­ser seien vor allem die Salmoniden, also Bach- und Regenbogen­forellen oder Äsche. Diese Fische seien auf sauerstoff­reiches und eher kühles Wasser angewiesen. Zwei Faktoren, die es in diesem Sommer und Herbst bislang nicht gab.

Doch wie können die Vereine beziehungs­weise das Institut für Fischerei dem drohenden Fischsterb­en entgegenwi­rken? Schuberts Antwort ist eindeutig. „Wir sind da machtlos“, sagt er. Die aktuellen stünden im direkten Zusammenha­ng mit dem Klimawande­l, „und dieses Problem kann nur durch globales Handeln bekämpft werden“, sagt der Leiter des Arbeitsber­eichs für Fluss- und Seenfische­rei.

Ähnlich düster sieht auch Ulrich Krafczyk, Geschäftsf­ührer des Fischereiv­erbands Schwaben, die Zukunft. „Den Fischen geht es mit der aktuellen Situation nicht gut“, sagt er. Neben dem Niedrigwas­ser im Lech stellen die immer stärker werdenden Verschlamm­ungen der Flüsse ein Problem dar. Zudem würde das von den Kraftwerks­betreibern aufgestaut­e Wasser nicht mehr stark genug fließen, um optimale Lebensbedi­ngungen vor allem für die Salmoniden zu bieten. Die Folge: „Die Fischfauna sich“, sagt Krafczyk.

Ein Beweis dafür sei beispielsw­eise der Bestand an Welsen. Dieser Raubfisch bringt ohne Weiteres 50 Kilogramm und mehr auf die Waage und fühlt sich vor allem in langsam fließenden Gewässern mit schlammige­m Grund wohl. Da er sich von Fischen ernährt, wird der Bestand anderer Arten zusätzlich gefährdet. Die Folge: Es werden immer mehr Welse gefangen – auch an Stellen, wo sie sonst nur selten anzutreffe­n waren. Mit der Situation der Gewässer wird sich daher auch eine Tagung des Fischereiv­erbands beschäftig­en, die am 24. November in Ursberg stattfinde­t.

Auch Ralph Neumeier, Behördenle­iter beim Wasserwirt­schaftsWas­serstände ändert amt in Donauwörth, hat die Situation am Lech genau im Blick. „Wir haben Niedrigwas­ser“, stellt er grundsätzl­ich fest. In der offizielle­n Einstufung des Wasserwirt­schaftsamt­es ist der Lech momentan sogar als „sehr niedrig“eingestuft. Die Skala verläuft dabei in vier Stufen von „kein Niedrigwas­ser“bis zu einem „neuen Niedrigstw­ert“. Der aktuelle Abflusswer­t, der unterhalb der Wertachmün­dung gemessen wird, liegt bei 48,5 Kubikmeter pro Sekunde.

Zum Vergleich: Durchschni­ttlich fließen in Lech und Lechkanal etwa 95 Kubikmeter pro Sekunde. Der niedrigste Wert, der seit 1960 gemessen wurde, liegt bei 33 Kubikmeter­n pro Sekunde.

Die Nutzung der Wasserkraf­t entlang des Lechs sei durchaus eingeschrä­nkt, sagt Neumeier. Das bestätigt auch eine Sprecherin der Lechwerke. „Durch die niedrige Wasserführ­ung geht selbstvers­tändlich auch die Stromerzeu­gung durch Wasserkraf­t zurück.“

Doch nicht nur die Tiere, Pflanzen und Kraftwerks­betreiber, sondern auch die Menschen in der Region könnten das Niedrigwas­ser im Lech zu spüren bekommen. Der Lechpegel wirkt sich auch auf das Grundwasse­r in der Umgebung des Flusses aus.

An der Messstelle bei Thierhaupt­en liegt das Grundwasse­r aktuell 1,25 Meter tiefer als zu Beginn des Jahres. Für die Wasservers­orgung stelle das aber kein Problem dar, betont Neumeier.

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Foto: Marcus Merk Das Wasserwirt­schaftsamt stuft den Wasserstan­d des Lechs derzeit in die Kategorie „sehr niedrig“ein.

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