Mittelschwaebische Nachrichten

„Merkel hätte Seehofer entlassen müssen“

Der einstige CDU-Minister Christian Schwarz-Schilling rechnet mit den Verantwort­lichen der Unionskris­e ab

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Ich bin seit einigen Monaten ziemlich frustriert über die Lage. Das Wahlergebn­is der CDU in meiner Heimat Hessen ist schlimm. Schuld daran hat meiner Meinung nach aber vor allem einer. Und das ist CSU-Chef Horst Seehofer, der als Störenfrie­d zwischen CDU und CSU auftritt. Angela Merkel hätte das vermeiden können, ja müssen. Sie hätte Seehofer im Rahmen ihrer Richtlinie­nkompetenz als Innenminis­ter entlassen müssen. Denn er hat das Chaos angerichte­t, das die ganze Bundesregi­erung nach unten zieht. Da hätte ich mir von Angela Merkel schon eine klarere Haltung gewünscht. in Kreuth bereits in der Fraktion dabei und habe mich mit allen Kräften bemüht, diesen Bruch zu verhindern. Die damaligen Überlegung­en gelten heute in gleicher Weise und ein Bruch sollte möglichst vermieden werden.

Es war der richtige Schritt, auch wenn er zu diesem Zeitpunkt für mich überrasche­nd kam. Wenn sie es nicht getan hätte, dann wäre die Kritik an ihr bis zum Parteitag im Dezember in den Medien immer größer geworden. Der Abwärtstre­nd in der Wählerguns­t hätte sich kaum mehr stoppen lassen. Person an der Parteispit­ze gestritten wird, ist gut so. Das ist ganz einfach das Spiel der Demokratie. Dieser Prozess bedeutet eine Normalisie­rung der CDU. Damit ist die CDU auch der CSU einen Schritt voraus – den Christsozi­alen steht die Erneuerung noch bevor.

Ich bin ja selbst Delegierte­r, wem ich meine Stimme geben werde, lasse ich mir noch offen. Alle drei Bewerber sind sehr ernst zu nehmen. Ich werde jetzt genau hinhören, was die einzelnen Kandidaten zu den Themen zu sagen haben, die für mich entscheide­nd sind. Dazu gehören insbesonde­re die Förderung des Mittelstan­ds und die Weiterentw­icklung der Sozialen Marktwirts­chaft und der Europapoli­tik Deutschlan­ds.

Union und SPD werden sich nur behaupten, wenn sie es jetzt richtig machen. Das heißt: gut regieren im Zusammensp­iel mit der Kanzlerin. Es ist nämlich nicht die erste Aufgabe einer Partei, das eigene Profil gegen die anderen zu polieren, sondern das Land gut zu führen.

Ein betonter Rechtsruck wäre falsch. Langfristi­g wird die CDU nur mit einer guten Politik der Mitte erfolgreic­h sein. Und sie sollte den Grünen gegenüber auch auf Bundeseben­e Offenheit zeigen. Ich war in Hessen ein starker Befürworte­r des schwarzgrü­nen Koalitions­vertrages. Zuerst einmal muss unsere Partei klären, welche Werte sie vertritt und welche Richtung sie einschlage­n will. Und dann eine pragmatisc­he Politik von Tag zu Tag machen, Kompromiss­e schließen, die unsere langfristi­gen Werte nicht schädigen. Wenn man dann in zehn Jahren Bilanz zieht, sollte herauskomm­en, dass unsere Ziele gestärkt wurden und das Erreichte nicht allzu weit von dem, was man sich vorgenomme­n hat, entfernt liegt.

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