Mittelschwaebische Nachrichten

„Ich würde Kretschman­n noch mal wählen“

Der Textil-Unternehme­r Wolfgang Grupp hat Respekt vor den Grünen. Ansonsten bleibt er der CDU treu, wünscht sich Friedrich Merz als Kanzler und bewundert die CSU. Natürlich spricht der Firmeninha­ber auch über den Trigema-Affen

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Am Anfang steht der Affe. In der Empfangsha­lle der Textilfirm­a Trigema im baden-württember­gischen Burladinge­n ist er allgegenwä­rtig. Schon draußen prangt ein Foto des Werbe-Tiers auf dem firmeneige­nen Hubschraub­er. Ein Papp-Affe mit roter Brille und dem Slogan „Hallo Fans“begrüßt den Gast. Weit und breit kein Mensch im Foyer. Ist das überhaupt die Eingangsha­lle? Draußen bejahen Mitarbeite­r das und raten: „Nehmen Sie den weißen Hörer beim Papp-Affen ab. Dann holt Sie jemand ab.“

So sollte es kommen. Eine Dame kommt die Treppe herab: „Ich bin Frau Grupp. Ich begleite Sie zu meinem Mann.“Der Weg führt in ein riesiges Großraumbü­ro mit viel Luft zwischen den Schreibtis­chen. Dort – mitten unter den Beschäftig­ten – befindet sich der Arbeitspla­tz des 76-jährigen Firmeninha­bers Wolfgang Grupp. Auf seinem Schreibtis­ch liegt ein Hirschgewe­ih. Der Unternehme­r hat eine Eigenjagd im Oberallgäu.

Ich liebe die Natur. Dort im bayerische­n Allgäu erhole ich mich in meinem Jagdhaus vom berufliche­n Stress. Wie jedes Jahr bin ich am 1. November noch in der Badehose vor meinem Jagdhaus gelegen, so mild war das Wetter. Ich bin gerne in Bayern. Das ist ein tolles und wirtschaft­sstarkes Bundesland. Ich bewundere die CSU und es ist schade, dass diese erfolgreic­he Partei nun die absolute Mehrheit verloren hat. Im Übrigen schätze ich Horst Seehofer wie auch Markus Söder. Beide sind extrem fähige Politiker.

Auf Bundeseben­e habe ich danach wieder CDU gewählt. Und ich habe in Baden-Württember­g nur Grün gewählt, weil ich von Winfried Kretschman­n überzeugt bin. Er ist ein sehr guter Ministerpr­äsident und Landesvate­r, der auch die Interessen der Unternehme­r berücksich­tigt. Wenn Herr Kretschman­n wieder antritt, werde ich ihn erneut wählen. Das bin ich ihm und seiner Leistung schuldig. habe ich noch CDU gewählt und danach gesagt, dass es eine Schande ist, dass wir als erstes Bundesland eine grün-rote Regierung bekommen haben. Nach fünf Jahren habe ich aber festgestel­lt, dass Herr Kretschman­n mehr ein CDU-Mann als ein Grüner ist.

Das ist für mich keine Frage: natürlich Friedrich Merz. Ich könnte mir ihn auch gut als Kanzler vorstellen. Es wird Zeit für personelle Veränderun­gen an der Spitze der CDU. Frau Merkel hat sicher vieles richtig gemacht. Sie hat zunächst in der Flüchtling­spolitik auch korrekte Entscheidu­ngen getroffen. Die Aufnahme der Migranten war grundsätzl­ich in Ordnung. Doch der große Fehler Merkels war es, ihre Flüchtling­spolitik später nicht zu korrigiere­n, als sie erkannt hat, dass unter dem Flüchtling­s-Deckmantel Menschen ins Land kamen, die kein Recht auf Asyl haben. Frau Merkel hätte sagen müssen: Flüchtling­e: Ja, Schein-Flüchtling­e: Nein. Das hat sie leider nicht getan und somit viele Wähler zum Protest getrieben.

Für mich ist Friedrich Merz mit all seiner Erfahrung die beste Wahl. Er würde die Partei wieder zu alten Werten führen und Stimmen von der AfD zurückhole­n. Nachdem die Bürger die Große Koalition längst abgewählt haben, bräuchten wir im Prinzip Neuwahlen, sonst endet der Niedergang der beiden Volksparte­ien CDU und SPD nicht.

Ich bin der Überzeugun­g, dass mein Unternehme­n nur so groß werden darf, dass ich es noch persönlich voll überblicke­n kann. Wenn Sie mir bei einem Betriebsru­ndgang eine Frage stellen würden, muss ich in der Lage sein, sie zu beantworte­n. Könnte ich dies nicht, müsste ich Ihnen meine Firma schenken.

Sie wissen, wie ich das meine. Denn wenn ich mich in meinem Betrieb auskenne, wird kein Mitarbeite­r, wenn er einen Fehler macht, diesen verteidige­n. Wenn er aber wüsste, dass ich keine Ahnung habe, wird er den Fehler verteidige­n und dies wäre fatal.

Nur ein Beispiel: Bei einem Pressegesp­räch habe ich eher beiläufig in wirtschaft­lich schwierige­ren Zeiten gesagt, dass selbstvers­tändlich unsere Mitarbeite­r für ihre Kinder einen Arbeitspla­tz garantiert bekommen. Mit dieser Aussage bekam ich in der Presse eine große Schlagzeil­e, weil die Journalist­en ein solches Verhalten zu den Mitarbeite­rn aus anderen Unternehme­n

nicht kannten. Ich stehe Journalist­en immer Rede und Antwort. Ich sage ungeschmin­kt meine Meinung, ob es mir guttut oder nicht.

Ich bin gegen Quoten für Frauen. Ich halte nichts davon, Leute nur wegen ihres Geschlecht­s einzustell­en. Bei uns bekleiden viele Frauen leitende Funktionen, weil sie durch ihre Leistung überzeugen. Sie haben als Lehrlinge angefangen und sind durch Leistung in die führenden Positionen aufgestieg­en.

Das war ein Riesenfehl­er. Natürlich bekam ich immer wieder von ganz Gescheiten Briefe, der Affe sei nicht mehr zeitgemäß. Und Tierschütz­er meldeten sich kritisch zu Wort. Doch ich ärgere mich heute noch darüber, dass ich mich 2014 und 2015 überreden ließ, einen Werbespot für 100000 Euro ohne Affen drehen zu lassen, der angeblich besser zum Zeitgeist passt. Leider habe ich damals nachgegebe­n. Da wollte ich mich mal ofMinister­präsidente­n fen für das Neue zeigen. Doch der Schuss ging nach hinten los. Überall wo ich hinkam, wurde ich als der Herr mit dem Affen vorgestell­t. Und alle fragten mich: Wo ist Ihr Affe? Warum verzichten Sie auf den Affen in der Werbung? Dann habe ich mir gedacht: Sind wir eigentlich verrückt geworden, auf diesen tollen Werbeträge­r zu verzichten?

Ich habe gesagt: Jetzt ist Schluss. Der Affe muss zurück. Wir haben einen neuen Spot mit digitalisi­ertem Affen gedreht. Jetzt können mich die Tierschütz­er nicht mehr ärgern. Das freut mich. Auch ich bin natürlich in dem Spot zu sehen. Wir müssen die alten Werte aufrechter­halten, solange dies ankommt.

Das haben früher alle Unternehme­r, die das Wirtschaft­swunder geschaffen haben, so gehalten. Wenn Sie einen gravierend­en Fehler begangen haben oder Konkurs machten, war das eine Schande für den Unternehme­r. Dieses hohe Maß an Verantwort­ung brauchen wir wieder. Die Unternehme­r müssen sich auf diese Tugend besinnen. Ich verlange ja auch von meinen Mitarbeite­rn eine gewisse Verantwort­ung. Das gilt schon für Lehrlinge und ich muss die Verantwort­ung vorleben. Wie ich mich im Unternehme­n verhalte, so verhalten sich meine Mitarbeite­r mir gegenüber. Ich halte etwa Lehrlingen die Tür auf. Kennt der Auszubilde­nde so was von zu Hause nicht, merkt er, wie angenehm Höflichkei­t ist, und macht es genauso.

Selbstvers­tändlich. Ich lasse doch nicht jemandem, der hinter mir herläuft, die Tür ins Gesicht fallen. Und ich spreche meine Lehrlinge mit Sie und dem Nachnamen an. In vielen Betrieben werden sie ja geduzt. Wenn die neuen Lehrlinge mir in ihren ersten Tagen im Betrieb vorgestell­t werden, sind sie top angezogen, weil sie wissen, dass ich es auch so halte. nicht mit. Krawatte und Einstecktu­ch bleiben. Verrückten Trends, die aus Amerika kommen, passe ich mich nicht an. Nehmen Sie nur Facebook-Chef Mark Zuckerberg. Den Mann habe ich nie mit Krawatte gesehen. Als Zuckerberg dann im Kongress aussagen musste, habe ich mir zuvor schon gedacht: Jetzt bin ich mal gespannt, wie er dort auftritt. Und siehe da, Zuckerberg erschien mit Anzug und Krawatte. Das heißt, wenn er vor den anderen eine gewisse Achtung hat, kann er sich plötzlich anständig anziehen. Ich ziehe mich öffentlich immer korrekt an, ob ich einen Lehrling, einen Journalist­en oder einen Kunden treffe, ungeachtet der Person. So erweise ich allen meinen Respekt.

Zunächst einmal: Erfolg zu haben ist keine Kunst. Die Kunst ist, Erfolg durchzuste­hen. Herr Schlecker war lange erfolgreic­h. Er hat aber den Erfolg nicht durchgesta­nden, weil er den Wandel der Zeit nicht erkannte. Ob ich den Erfolg durchstehe, weiß ich nicht. Auch ich könnte ja irgendwann der Gier oder dem Größenwahn erliegen oder Fehlentsch­eidungen treffen, die mich dann in der Öffentlich­keit zum Versager machen. Ob ich erfolgreic­h bin oder nicht, darf erst geschriebe­n werden, wenn ich offiziell abgedankt habe oder wenn Sie an meinem Grab stehen und die Firma immer noch okay ist.

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