Mittelschwaebische Nachrichten

Meditieren kann sogar heilsam sein

Ein Redakteur sucht Ruhe, Teil 4

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Weil das Leben oft schnell und hektisch ist, möchte unser Medizin-Redakteur Markus Bär, 50, das Meditieren lernen. Er hat in Kaufbeuren einen Kurs belegt. In dieser Kolumne berichtet er über seine Erfahrunge­n.

Nun sind es schon vier Wochen, die ich mit dem Thema Meditation zubringe. (Beinahe) täglich schaffe ich es, die elfminütig­e Atemmedita­tion oder gar die 44-minütige Reise durch den Körper („Bodyscan“) zu absolviere­n. Um nur zwei Übungen zu nennen, es gibt ja noch mehrere. Puh. Ganz schön anstrengen­d, das in den Alltag zu integriere­n. Da könnte unser Meditation­slehrer Thomas Flott allerdings nur lachen: „Nicht umsonst meditieren beispielsw­eise buddhistis­che Mönche in Asien über Jahrzehnte hinweg täglich viele Stunden“, meint er. „Der Dalai Lama sagte einmal sinngemäß: Wenn es einen medizinisc­hen Weg dazu gäbe, sozusagen von jetzt auf gleich in den Zustand langjährig­er Meditation zu gelangen, – ich würde ihn sofort gehen.“

Uff. Und ich bin erst lumpige vier Wochen unterwegs. Mein Lehrer Thomas Flott immerhin schon sieben Jahre. Er bezeichnet sich dennoch bescheiden als „Anfänger“. Warum sollte man diesen schwierige­n Weg überhaupt beschreite­n? Ruhe kann man auch finden, indem man in die Sauna geht und sich hinterher nach der Hitze matt und zufrieden auf seiner Liege ablegt. Zum Beispiel. Andere finden innere Ruhe im Biergarten, auf Berggipfel­n oder in Einkaufsze­ntren. Meditation kann viel mehr. Etwa: heilsam sein.

Weil das Leben im 21. Jahrhunder­t bei vielen Dauerstres­s erzeugt, wird aus punktuelle­n Sorgen und Ängsten, die an sich berechtigt sein können, dauerhafte Spannung und Angst. Der Psychother­apeut weiß, dass daraus die sogenannte generalisi­erte Angst werden kann. Irrational­e Angst vor allen möglichen Dingen, die eigentlich gar nicht gefährlich sind. Zudem wird man über Gebühr gestresst. „Manch einer rastet schon innerlich aus, wenn beim Meditieren in der Nachbarsch­aft ein Traktor vorbeifähr­t“, sagt Thomas Flott. „Durch die Meditation wird diese niedrige Schwelle stark angehoben.“

Das kann den Menschen stärken, ihn gegebenenf­alls sogar heilen. Beispiel: der Einsatz der Meditation in der Tinnitusbe­handlung. In der Bluthochdr­ucktherapi­e. Bei Magengesch­würen. Manchmal als begleitend­es Verfahren, zusätzlich zu Medikament­en. Manchmal kann Meditation aber so stark wirken, dass die Mittel nicht mehr eingenomme­n werden müssen. Wen es näher interessie­rt: Die Meditation­sweise, die ich in diesem Kurs erlerne, ist die „achtsamkei­tsbasierte Stressredu­ktion“.

Au ja: Ich will die Schwelle, bei der ich genervt bin, anheben. Das klingt gut. Aber der Weg in diesen Himmel ist steinig, wie Thomas Flott sagt. Der Weg in die „Hölle“hingegen, meint er, geht ganz schnell. „Der ist eine Autobahn.“Das ist okay für mich. Das Fahren auf der Autobahn ist bekanntlic­h auf die Dauer ziemlich langweilig.

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Er meditiert seit sieben Jahren, bezeichnet sich aber als Anfänger: Meditation­slehrer Thomas Flott.

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