Mittelschwaebische Nachrichten
Hochwassertermin: Öffentlichkeit bleibt draußen
Erörterung In Burgau sind die Einwände zum Rückhaltebecken behandelt worden. Es hätte gefragt werden können, ob etwa die Presse dabei sein darf – doch das wurde von vornherein ausgeschlossen. Was sagen die Teilnehmer?
Burgau Die Öffentlichkeit ist beim Erörterungstermin zum geplanten Hochwasserrückhaltebecken bei Burgau außen vor geblieben. Generell sei ein solcher Termin zwar nicht öffentlich, hatte Maximilian Hartmann vom Wasserwirtschaftsamt (WWA) Donauwörth im Gespräch mit unserer Zeitung kürzlich erklärt. Es werde aber gefragt, ob die Teilnehmer etwas dagegen haben, dass die Öffentlichkeit zugelassen wird. Sollte bereits einer dagegen sein, blieben die Türen zu. Am Freitag jedoch informierte Hartmann unsere Zeitung darüber, dass das Landratsamt die Öffentlichkeit per se ausschließe. Den Grund wisse er nicht, und dieser ließ sich am Freitag auch beim Landratsamt selbst nicht mehr in Erfahrung bringen. Den Antrag unserer Redaktion, zumindest zu fragen, ob die Öffentlichkeit hergestellt werden kann, lehnte der Geschäftsbereichs- und Verhandlungsleiter Christian Zimmermann am Montag ab. Er werde über die Entscheidung nicht diskutieren, man könne ja klagen. Ob alle Anwesenden berechtigt waren, an dem Termin teilzunehmen, war dort nicht geprüft worden.
Wie die Regierung von Schwaben auf Anfrage bestätigt, schreibt das Bayerische Verwaltungsverfahrensgesetz vor: „Die mündliche Verhandlung ist nicht öffentlich. An ihr können Vertreter der Aufsichtsbehörden und Personen, die bei der Behörde zur Ausbildung beschäftigt sind, teilnehmen. Anderen Personen kann der Verhandlungsleiter die Anwesenheit gestatten, wenn kein Beteiligter widerspricht.“Die Entscheidung treffe das Landratsamt. Es hätte also fragen können, ob die Öffentlichkeit dabei sein darf. Das lehnte Zimmermann ab, da das Gesetz „grundsätzlich von einer beschränkten Öffentlichkeit zum Schutz der persönlichen Sphäre sowie der Unbefangenheit der Beteiligten, die an einer öffentlichen Erörterung teilnehmen, und die in der Regel kein Interesse an einer generell öffentlichen Erörterung ihrer Angelegenheiten haben“, ausgehe. Auch solle so die Objektivität „der entscheidenden Amtsträger“gewahrt bleiben.
Dass beim Erörterungstermin für das geplante Gaskraftwerk in Leipheim kürzlich die Öffentlichkeit zugelassen wurde, habe damit zu tun, dass hier eine andere rechtliche Regelung zum Tragen gekommen sei. Und dass beim Erörterungstermin zum Rückbau von Block B des Atomkraftwerks Gundremmingen das Bayerische Umweltministerium die Versammelten nach Einwänden gegen eine Öffnung des Termins gefragt hatte – es hatte übrigens niemand etwas dagegen –, leite keinen Anspruch für den Termin in der Burgauer Kapuziner-Halle ab. „Auch, und insbesondere im Hinblick auf die Notwendigkeit der Vermeidung von Verfahrensfehlern im wasserrechtlichen Planfeststel- werde ich daher heute die Anwesenheit der Vertreter der Presse auch nicht zur Disposition der zum Erörterungstermin erschienenen Teilnehmer stellen“, erklärte Zimmermann schriftlich.
Das Vorgehen wunderte einige Teilnehmer, die bei anderen solchen Terminen dabei gewesen waren, die Regelung wie etwa in Gundremmingen sei üblich. Nichtsdestotrotz ließ Zimmermann die Öffentlichkeit nur beim kurzen Sachvortrag des WWA zu und schloss sie dann aus. Acht Stellungnahmen von Gemeinden waren laut Hartmann eingegangen, 22 Stellungnahmen von Trägern öffentlicher Belange und neun Einwendungen von privater Seite.
Burgaus Bürgermeister Konrad Barm sagt auf Anfrage, er sei sehr positiv überrascht gewesen von der angenehmen Atmosphäre bei dem Termin, da habe er schon andere Planfeststellungsverfahren mitgemacht. Für das konstruktive Miteinander dankt er allen. Er habe den Eindruck, dass Fragen geklärt werden können, ohne dass jemand klage. Vor allem die Bereitschaft des WWA, die Flutpolder-Regelung anzuwenden, habe viele Bedenken von Privatleuten entkräftet.
Das sagt auch Rechtsanwalt Wolfgang Schubaur. Denn so werde es eine Entschädigung für Hochwasser-Schäden geben, ohne dass Betroffene erst ein Gutachten erstellen lassen müssten. Die Beweislast sei hier nämlich umgekehrt, das Wasserwirtschaftsamt müsste sich gegebenenfalls darum kümmern. Für die betroffenen Eigentümer solle es aber auch noch eine Informationsveranstaltung dazu geben. Bei den Stellungnahmen der Nachbargemeinden habe es nichts Substanzielles gegeben, bei den Fachbehörden sei es vor allem um die Sicherheit der Tanks der Rastanlage Burgauer See an der Autobahn im Hochwasserfall gegangen. Auch Schubaur bewertet den Termin als harmonisch, was sicher auch daran liege, dass das Wasserwirtschaftsamt bereits im Vorfeld viel informiert und viel Vorarbeit geleistet habe. Dass die Öffentlichkeit per se nicht zugelassen war, kann der Anwalt nicht nachvollziehen, sein Mandant hätte jedenfalls nichts dagegen gehabt.
Das geht Dürrlauingens Bürgermeister Edgar Ilg nicht anders. „Das ist ja nichts Geheimes“, und ein Einwender könne ja jederzeit selbst an die Öffentlichkeit gehen. „Ich habe das nicht ganz verstanden, warum es so gehandhabt wurde. Man hätte ja fragen können.“Jedenfalls seien weder seine Gemeinde noch die in der Nachbarschaft vom ersten Teil des Hochwasserschutzes betroffen, daher habe es von ihnen auch keine Einwände gegeben.
Die Autobahnbetreibergesellschaft Pansuevia geht auch davon aus, nicht tangiert zu sein, zumal ihre Anlagen auf ein 110-jähriges Hochwasser ausgelegt seien. Sie wolle aber eine Bestätigung, dass an ihrer Infrastruktur kein Schaden durch das Rückhaltebecken entstehe, sagt Geschäftsführer Robert Schmidt. Die technischen Themen würden erst im Nachgang eruiert.
Als Vertreter der Landwirte war Matthias Letzing, Geschäftsführer des Bauernverbands im Landkreis Günzburg, dabei. Der Großteil der Belange der Bauern werde berücksichtigt, unter anderem ein Flurbelungsverfahren, reinigungsverfahren solle vom Amt für ländliche Entwicklung geprüft werden, wenn das Landratsamt es beantrage. Die Flutpolderregelung sei ebenfalls gut. „Wir sind zufrieden, wir haben vieles aus dem Weg räumen können.“Ein Lob spricht er Maximilian Hartmann vom Wasserwirtschaftsamt aus, der sehr kompetent und um einen Konsens bemüht sei, ohne die Brechstange auszupacken. Bei Phase zwei des Hochwasserprojekts seien aber „enorme Widerstände“der Landwirte zu erwarten und wohl auch Klagen, da viele Grundstückseigentümer betroffen seien, die mit dem Thema Hochwasser bislang nichts zu tun gehabt hätten. „Das wird ein enormer Eingriff.“Es sei klar, dass Burgau den Schutz brauche, auch wenn viele das Zubauen der Flutflächen in der Stadt als Grundproblem sähen, doch wenn keine hohen Entschädigungen gezahlt werden oder gar ganze Flächen gekauft werden, könne es schwierig werden. Denn seit Jahren schwele das Thema, ohne dass man wirklich weitergekommen sei.
Der Verhandlungsleiter des Landratsamtes, Christian Zimmermann, hatte bereits im Vorfeld angekündigt, sich nicht zum Verlauf des Termins zu äußern, schließlich sei er nicht öffentlich. Erst wenn seine Behörde eine Entscheidung im Rahmen des Planfeststellungsverfahrens getroffen habe, werde es dazu wieder Informationen geben. Die Prüfung brauche aber Zeit.
Maximilian Hartmann, Projektleiter beim Wasserwirtschaftsamt, rechnet mit einem Planfeststellungsbeschluss Anfang nächsten Jahres. Auch er hat den Termin als positiv und konstruktiv wahrgenommen, es sei keine Einwendung dabei gewesen, die als „Totschlagargument“gelten könne. Es sei mit keinem großen Widerstand gegen das Becken zu rechnen. Das Ziel der Behörde sei es ja auch, die Menschen möglichst früh zu informieren und auf dem Weg mitzunehmen.
Einen großen Klärungsbedarf auf privater Seite habe es nicht gegeben, doch in Sachen Tankanlagen an der Autobahn werde man wohl noch ein Gutachten nachreichen müssen. Es sei jetzt nichts besprochen worden, wovon er sagen würde, das dürfe die Öffentlichkeit nicht erfahren, aber für die Entscheidung des Landratsamtes habe er prinzipiell Verständnis, wenngleich er ein anderes Vorgehen kenne. Im nächsten Schritt werde der Sachverständige des Wasserwirtschaftsamtes Donauwörth ein Gutachten auf Basis des Erörterungstermins erstellen und dann werde das Landratsamt Günzburg entscheiden. Sobald der Planfeststellungsbeschluss da ist, soll es noch zwei Informationstermine geben: einen, um die Details der Entschädigungsregeln zu klären, und einen, um über das Prozedere des weiteren Verfahrens zu sprechen.
Hartmann betont, dass das Becken eine Verbesserung bei einem zehnjährigen Hochwasser bringt, aber für ein 100-jähriges nicht ausreiche. Wenn das Becken fertig ist, der restliche Schutz aber nicht und eine 100-jährige Flut kommt, werde es entlang der Mindel und an Teilen der Mindel an der Bleiche auch Verschlechterungen geben, etwa 20 Gebäude gerade im Bereich der Heimstättensiedlung würden fünf bis zehn Zentimeter mehr im Wasser stehen als bislang. Aber das sei den Betroffenen bewusst, die bereits froh über den Schutz beim zehnjährigen Hochwasser seien. Aus ihren Reihen seien auch keinerlei Einwände gegen das Becken vorgetragen worden.
„Wir haben vieles aus dem Weg räumen können.“
Matthias Letzing, Bauernverband