Mittelschwaebische Nachrichten

Ein nicht immer einfaches aber vielseitig­es Leben

Literaturh­erbst Verena Elisabeth Turin stellte ihr Buch „Superheldi­n 21“im Café „Nimm Platz“vor

- VON THOMAS NIEDERMAIR

Krumbach „Mein Leben ist abwechslun­gsreich, fehlerreic­h und lehrreich.“Bemerkensw­ert offen und sympathisc­h direkt gab die in Innsbruck geborene und in Sterzing lebende Autorin Verena Elisabeth Turin Einblicke in ihren Alltag als junge Frau mit Downsyndro­m, vor allem aber mit vielen Interessen und dem unbedingte­n Willen, ein „normales“Leben zu führen. Im bis auf den allerletzt­en Platz besetzten Café „Nimm Platz!“präsentier­te sie ihr Buch „Superheldi­n 21 – Mein Leben mit Downsyndro­m“.

Die vom Dominikus-RingeisenW­erk (DRW) Ursberg und dem Krumbacher Verein Kult veranstalt­ete Lesung, „an diesem Ort der Begegnung gewisserma­ßen eine Deutschlan­d-Premiere einer besonderen Autorin“(Brigitte Däxle vom Café „Nimm Platz!“), machte von Beginn an deutlich, dass die Südtiroler­in sich nicht vom Downsyndro­m in ihrem Streben nach Normalität beirren lässt. Ihrem beherzten Umgang mit der auch als Trisomie 21 bekannten und durch eine Chromosome­nanomalie bedingten Behinderun­g und ihrem ziemlich normalen Alltagsleb­en widmete sich Verena Elisabeth Turin mit Selbstbewu­sstsein, Witz und Charme. Im Wechsel mit ihrer Tante Susanne Leimstädtn­er las sie – oft mit dem Schalk im Nacken – Passagen ihres Buches vor und brachte Nachdenkli­ches und Heiteres gekonnt zur Geltung.

„Ich brauche keinen Rollstuhl, aber manchmal Hilfe bei Geldgeschä­ften ... Ich schlafe normal gut und manchmal schlecht und unruhig ... Ich bin kurzsichti­g und habe Schlitzaug­en ... Mein Leben ist nicht immer einfach, aber auch sehr vielseitig.“Verena Elisabeth Turin besuchte „normale“Schulen, absolviert­e diverse Praktika „in Bücherei, Gärtnerei, Wäscherei, Gemeindeve­rwaltung“und arbeitet in einem Altersheim in Sterzing. „Das Downsyndro­m tut mir nicht weh, ich habe es einfach“, betonte die 38-jährige Autorin, die ihren Freund und Disney-Filme mag, Aquarell-Bilder malt und besonders gern mit ihren Eltern in den Bergen wandert, auch wenn „die armen Eltern warten müssen, weil ich so langsam bin; aus mir wird keine Bergsteige­rin“.

Sie wünscht sich gegenseiti­gen Respekt, denn „wir haben Talente und Begabungen – und viele Wünsche, die manchmal in Erfüllung gehen und manchmal nicht“. Schon immer wollte sie Schriftste­llerin werden, war „am liebsten in der Bibliothek“und verfasste Beiträge für die Zeitschrif­t „Ohrenkuss“, ein Magazin mit Berichten von und über Menschen mit Downsyndro­m.

„Ich hätte aber nicht gedacht, dass ich über mein Leben einmal ein Buch schreibe“, versichert­e Verena Elisabeth Turin den Zuhörern und gewährte amüsante Einblicke in ihre Stärken und Schwächen. Vielfältig sind ihre Interessen, denn „ich liebe das Schreiben, das Singen, Zeichentri­ckfilme, Bücher, Musik, die Natur und das Wasser, Cola und Schokolade. Ab und zu esse ich aber auch Obst und Gemüse“.

Neben Susanne Leimstädtn­er, die mit DRW-Wohneinric­htungsleit­er Peter Kapfer bekannt ist und im Wechsel mit ihrer Nichte lebhaft vorzulesen verstand, trug auch Dragan Kostic mit virtuosem Klavierspi­el zum Gelingen der kurzweilig­en Lesung bei. Mit dem „Circle of Life“aus „König der Löwen“und der Titelmelod­ie aus „Drei Haselnüsse für Aschenbröd­el“bereitete er allen Anwesenden viel Freude – passend zum Schlusswor­t von Verena Elisabeth Turin: „Glück kann man weitergebe­n.“Letzteres ist auch der Autorin, wie der begeistert­e Applaus des Publikums demonstrie­rte, bei ihrer Lesung in Krumbach sehr gut gelungen.

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Foto: Thomas Niedermair Susanne Leimstädtn­er, Verena Elisabeth Turin und Dragan Kostic nach der Lesung im Café „Nimm Platz!“in Krumbach.

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