Mittelschwaebische Nachrichten
Wo gehobelt wurde, ist jetzt Platz für Kreatives
Martina Müller hat in Kettershausen eine ehemalige Schreinerei zu einem Laden mit Café umgebaut. Alte Gegenstände liegen ihr dabei besonders am Herzen
In den Räumen wurde schon geheiratet
Kettershausen In die einstige Schreinerei Wöhr in Kettershausen ist neues Leben eingekehrt. Wo früher Holz gesägt, gehobelt und gebohrt wurde, hat Martina Müller ihr „Ideenreich“geschaffen. Anfang November fand die Eröffnung statt. Müller hatte zuvor bereits in Babenhausen ein Geschäft für Dekorationsartikel geführt – und wagt nach dessen Schließung nun einen Neustart in Kettershausen. Neu ist dort das Café, in dem sie selbst gemachten Kuchen sowie Kaffee anbietet. Müller ist bislang sehr zufrieden: „Es kommt gut an.“
Figuren, Tafeln mit Sprüchen, Lichter und passend zur bevorstehenden Weihnachtszeit auch Kugeln oder Sterne, empfangen den Besucher schon an der Eingangstür. Dann geht es hinein in das Reich der Ideen zum Verschönern und Schmücken von Haus und Wohnung. „Altes wertzuschätzen ist mir wichtig“, verrät Müller einen ihrer Grundsätze. Dieser findet sich auch in der Ausstattung ihrer Geschäftsräume wieder, wo sie Altes und Neues auf ganz individuelle Weise zusammen arrangiert hat.
Zunächst betritt man das Café mit rot gepolsterten Stühlen und Holztischen. Selbst gebundene Gestecke und Kerzen schmücken die Sitzgruppen, wo insgesamt bis zu 20 Personen Platz finden. Die alten Werkzeugschränke der ehemaligen Schreinerei hat Müller an der Wand stehen lassen und ihnen einen neuen, pastellgrünen Anstrich verliehen. Nach wie vor sind sie als Original-Schränke erkennbar. Trotzdem fügen sie sich in das neue Wesen des Raums ein, wo nicht mehr Arbeit, sondern Genießen angesagt ist.
Kann im Café schon eine Auswahl von Müllers Sortiment betrachtet werden, so betritt man im Raum nebenan endgültig das Reich der kreativen Ideen. Da ist etwa der uralte Ofen, eine Rarität, die sie irgendwo mal erstanden habe. Auf seiner gusseisernen Oberfläche finden moderne Weihnachtskarten oder eine kleine Tafel mit der Aufschrift „Welcome Friends“(zu deutsch: Willkommen Freunde) ihren Platz. Auch ein verschnörkeltes Bettgestell stammt aus ihrem Fundus an Raritäten. Als Dekorationsgrundlage bietet dessen dunkles Holz einen Kontrast zu den überwiegend in weiß gehaltenen Eulen, Hirschen oder elektrischen Lichtern. Und dann kommt wieder ein Relikt aus Schreinerszeiten, nämlich ein Wandregal für Werkzeug. Im gleichen Grün wie die Schränke im Café gestrichen, stehen darin nun Weihnachtsund Schneemänner zum Kauf bereit, während ein Hobel, ein Hammer und ein Handbohrer an die frühere Nutzung erinnern.
Das Anwesen an der heutigen Kirchstraße 1 hat Geschichte, nicht nur, was die Schreinerei anbelangt. Hier war früher eine Zeit lang auch die Amtsstube des Bürgermeisters untergebracht. Denn Franz Xaver Wöhr war von 1966 bis 1984 Bürgermeister von Kettershausen. „Hier wurden auch standesamtliche Trauungen durchgeführt“, erinnert sich Tochter Gudrun Wöhr. Ihre Mutter habe die Amtsstube dann immer mit Blumen schön geschmückt.
Das Gebäude selbst wurde um das Jahr 1890 gebaut. Müller hat das Anwesen des schon seit geraumer Zeit stillgelegten Familienbetriebs im Jahr 2016 gekauft. „Der Charme des alten Hauses hat es mir angetan“, sagt sie. Selbst habe sie dann restauriert, habe Fenster, Regale oder Schränke abgeschliffen und neu angestrichen. Die niedrigen Decken und nach heutigen Maßstäben schiefen Wände in dem rund 130 Jahre alten Haus sind geblieben. Frisch aufgeputzt, tragen sie nun bei zum nostalgischen Reiz des neuen Geschäfts.