Mittelschwaebische Nachrichten
„Wie soll ich umziehen mit so vielen Büchern?“Interview
Michael Krüger hat sich zwar vom Hanser Verlag verabschiedet, ist aber nach wie vor Präsident der Bayerischen Akademie der Künste. Am Sonntag wird er 75 – und spricht im Interview über seinen Kampf mit Gedrucktem
Mariss Jansons Beethoven spielt. Repräsentationskultur. Ich bin ja schon so alt, ich kenne alle drei Politiker, die Bücher gelesen haben: Norbert Lammert, Wolfgang Schäuble und den früheren Bundesbauminister Oscar Schneider.
Ja, selbstverständlich. Unser Kulturbegriff ist diffus und unentschieden. Das ist ein politischer Prozess, der zu tun hat mit der totalen Umwälzung der Gesamtgesellschaft. Eine neue Generation ist herangewachsen, die mit dem traditionellen Muster links und rechts, mit CDU oder SPD, mit Hochkultur und Trivialkultur überhaupt nichts am Hut hat. Das ist für mich unbegreiflich. Aber es ist so. Man weiß noch nicht, in welche Richtung alles läuft. Im Moment läuft es der AfD in die Arme. Aber ich glaube nicht, dass das allzu lange geht. In der AfD ist einfach zu wenig Intelligenz. Aber Deutschland ist nicht das einzige Problem. In den USA ist Trump schon seit zwei Jahren Präsident, Erdogan ist ein klassischer Faschist und hat die Türkei um Jahre zurückgeworfen. Italien ... und mit Großbritannien will ich gar nicht erst anfangen. Dass das alles noch einmal in Europa, in diesem reichen Europa, diskutiert werden muss ... Und dass überhaupt meine Generation Europa noch einmal in Frage stellt – das hätte ich mir nie vorstellen können. alles über mich wissen dürfen, nur weil ich mir irgendwo einen Käse gekauft habe oder ein Dieselauto – das kann doch nicht wahr sein, das macht einem Angst. Und in meiner alten Heimat Sachsen-Anhalt herrschen heute die Nazis auf der Straße, das ist auch nicht gerade ein Fortschritt.