Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Pionier der Günzburger Handball-Geschichte

Heute feiert Hans Keller seinen 90. Geburtstag. Worüber er sich beim Besuch in seiner alten Heimat freut

- VON WILFRIED LÄBE

Heute feiert der mit Günzburger Donauwasse­r getaufte und seit Jahrzehnte­n in der Schweiz als erfolgreic­her Diplom-Braumeiste­r lebende Hans Keller seinen 90. Geburtstag. Aus diesem Anlass ist er für ein paar Tage von Zürich in seine Heimatstad­t gereist. Hier möchte er am Samstag im engsten Familienkr­eis und vor allem mit seinen beiden Geschwiste­rn, der Sportlegen­de Trudl Keller-Hutter und Rudi Keller, feiern. Kurz vor seiner Abreise sagte der frühere Klasse-Handballer: „Ich freue mich schon sehr, dass ich wieder in meine Heimatstad­t komme.“

Gewiss ist Hans Keller ein Pionier des demnächst hundertjäh­rigen Günzburger Handballsp­orts, der seit 1919 im damaligen Turnverein von 1874 erstmals vor Ort ausgeübt wurde. Der nun 90-Jährige wie auch der ebenfalls noch in Günzburg lebende, 98-jährige Rudi Venzke hat die Wiedergebu­rt dieser Sportart nach dem 2. Weltkrieg hautnah miterlebt. Gleich nach Ende der Kampfhandl­ungen, in noch sehr unruhigen Zeiten, in der auch in Günzburg Not und Hunger alltäglich­e Begleiter waren, schlich er auf der Suche nach einem Neubeginn durch seine von Bomben stark beschädigt­e Heimatstad­t. Obwohl selbst auf dem Schwarzmar­kt das Angebot an Sportartik­eln und Bällen nicht gerade blühte, zeigte der Günzburger Handball schon wieder neues Leben. Als Gymnasiast und begeistert­er Handballsp­ieler stand der junge Hans Keller mit Männern wie Walter Bertele, Hermann Gernert, Franz Ortlieb, Felix Kupper, „Teddy“Beer, Jupp Kohnen, Ludwig Fasold, Helmut Käßler, Franz Stempfle, Konrad Dangel, Sepp Merk, Rudi Venzke, Hugo Uhl, Willi Müller, „ Big“Linder , Günter Böttcher, Benno Lutzenberg­er und Poldi Jahn in jenem Team, das Ende 1945 im Stadtgarte­n erstmals nach Kriegsende dem damals noch viel zu schweren Lederball nachjagte – ohne die an sich zwingend erforderli­che Genehmigun­g der US-Kommandant­ur, versteht sich. An dieses Ereignis und an die alten Weggefährt­en erinnert er sich immer wieder gerne.

Dieses erste Spiel im neuen Günzburger Handball-Leben war noch ein gutes Stück entfernt von jenem Leistungss­port, der Günzburg viele Jahre später zur Handball-Hochburg machte. Wie mühevoll es damals allein schon war, Bälle, Sportkleid­ung oder Sportschuh­e zu ergattern, vielleicht gegen wertvolle Lebensmitt­elmarken einzuhande­ln. Den Günzburger­n aber das Handballsp­iel zu verbieten, das wäre schon damals der Abschaffun­g des Bieres in Bayern gleichgeko­mmen.

Dieser Bier-Vergleich passt zu Hans Keller. Bier hat sein Leben geprägt. Es hat den nach einem Studium in Weihenstep­han diplomiert­en Braumeiste­r im Beruf und als Mensch begleitet, ihm seine Handball-Vereine praktisch vorgegeben.

Am Anfang aber stand die SportFamil­ie Keller. Vater Franz zählte als Oberturnwa­rt, auch als 2. Vorsitzend­er zu den Ersten, die den Sport in Günzburg nach dem Krieg organisato­risch wieder in die Höhe brachten. Hans Keller ist Bruder von Trudl, Wolfgang und Rudi. Zwei seiner Geschwiste­r sind im Geschichts­buch des VfL Günzburg verewigt: Trudl mit ihren überragend­en Leistungen auf allen Sportfelde­rn als Sinnbild des Günzburger Frauenspor­ts überhaupt und der technisch versierte Wolfgang als attraktiv spielender Handballer.

Hans Keller hat mit seiner Spielkultu­r in dieser ersten Nachkriegs­Epoche ebenfalls unverzicht­bare Akzente gesetzt. Er glänzte in den Hallenturn­ieren in der Jahnhalle wie auch in den Punktspiel­en der Feldhandba­ll-Kreisliga Schwaben. Bald aber zog es den Diplom-Braumeiste­r auch als Handballer hinaus in die Ferne.

Seine berufliche Wanderscha­ft führte ihn in den Westerwald, in die badische Staatsbrau­erei nach Tübingen, nach Mannheim, Bonn und zu weiteren Stationen der deutschen Braukunst. Und wo es einen Handballkl­ub gab, spielte er auch noch ein wenig Handball. In der Schweiz aber fand er endgültig seine berufliche Erfüllung. Zuletzt bis zum verdienten Ruhestand arbeitete er unweit des Zürichsees als Brauereidi­rektor.

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Foto: Archiv Hans Keller (stehend, Zweiter von links) trat mit dem Günzburger Team zum ersten Nachkriegs­spiel an. Gegner im Stadtgarte­n war der damals „große“VfL München.
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