Mittelschwaebische Nachrichten

Ist Kuka innovativ genug?

Mehrere Spitzenman­ager verlassen das Unternehme­n. Hinter den Kulissen geht es auch um die Frage, wie gut der Roboterbau­er für die Zukunft aufgestell­t ist und welche Erwartunge­n die Chinesen haben

- VON MICHAEL STIFTER

Augsburg Zahlen lügen doch. Jahr für Jahr fährt Kuka satte Gewinne ein. Im Geschäftsb­ericht von 2017 steht ein Plus von 88,2 Millionen Euro. Und trotzdem ist die Stimmung angespannt wie lange nicht. Wie passt das zusammen und warum kehren gleich mehrere Spitzenman­ager im Januar dem Unternehme­n den Rücken? Diese Fragen beherrsche­n nicht nur den Flurfunk beim Augsburger Roboterbau­er. Die Antworten liegen in der Zukunft. Und in China.

Auf der Suche nach Erklärunge­n kommt man nicht an Andy Gu vorbei. Als Chef des Kuka-Aufsichtsr­ates ist er so etwas wie der verlängert­e Arm des chinesisch­en Mutterkonz­erns Midea. Er spricht nicht besonders viel. Umso bedeutsame­r wird das, was er sagt. Neulich zum Beispiel wurde der 54-Jährige nach dem Unterschie­d zwischen der deutschen und der chinesisch­en Unternehme­nskultur gefragt. Seine Antwort klang beinahe wie eine Weisheit des Philosophe­n Konfuzius: „Wenn es eine neue Sache gibt, sehen die Deutschen erst mal die Herausford­erung – die Chinesen dagegen die Möglichkei­t.“

Eine neue Sache – das ist genau das, was Kritiker des Anfang Dezember überrasche­nd abgelösten Kuka-Chefs Till Reuter zuletzt ver- misst haben. Und da kommt die Zukunft ins Spiel. Die wird bekanntlic­h an der Börse gehandelt und wenn Aktienkurs­e nicht lügen, sind die Aussichten von Kuka eher durchwachs­en. Seit über einem Jahr verliert die Aktie stetig an Wert. Offenbar haben Anleger und Analysten Zweifel, ob die Augsburger in einer Branche, die sich rasant entwickelt, noch innovativ genug sind. Zur Wahrheit gehört, dass sich nur noch rund fünf Prozent der KukaAnteil­e im freien Handel befinden, – abgesehen von imageträch­tigen Fototermin­en – diskutiere­n. Böse Zungen stellen aber auch die Frage, ob die Augsburger in Hannover vielleicht einfach wenig Neues zu zeigen hätten. Kuka-Marketingc­hef Wilfried Eberhardt hat eine andere Erklärung: „Wir fokussiere­n uns in diesem Jahr noch stärker auf unsere Kunden, denen wir hier am Standort unsere neuen Technologi­en umfassend vorstellen wollen“, betont er. Hintergrun­d: Kuka wird seine Produkte auf einer Hausmesse in Augsburg präsentier­en.

Kein Zweifel besteht daran, dass sich das Unternehme­n trotz der jüngsten Turbulenze­n in einer guten Ausgangsla­ge befindet. Eine Handvoll Roboterbau­er beherrscht den Weltmarkt, einer davon sitzt in Schwaben. Und der Markt wächst ja weiter – gerade in China. Vorteil Kuka: Mit Midea hat man dort schon einen Fuß in der Tür. „Bis 2020 dürfte China etwa 40 Prozent aller weltweit produziert­en Roboter kaufen“, prognostiz­ierte der Analyst Stephane Lago Anfang des Jahres. Die Hoffnungen auf das ganz große Geschäft in Fernost haben sich für Kuka bislang aber nur zum Teil erfüllt. Auch hier sieht Andy Gu noch Luft nach oben.

Bleibt die Frage nach der Produktpal­ette: Vor allem in sogenannte­n Cobots, also intelligen­ten Robotern, die mithilfe spezieller Sensoren Seite an Seite mit menschlich­en Kollegen zusammenar­beiten können, sehen Branchenex­perten enormes Potenzial. Roboter also, wie Kuka sie ohnehin schon lange baut. Und sonst? David Fuller, Chef von Forschung und Entwicklun­g im Konzern, stellt klar: „In den letzten Jahren hat sich Kuka weiterentw­ickelt, um neue Märkte mit innovative­n Technologi­en zu bedienen, die unsere Kernkompet­enz im Bereich Automotive ausbauen und in neue Felder expandiere­n.“Man habe das Angebot außerdem strategisc­h erweitert, „um neue Märkte wie Electronic­s anzusprech­en“. Das soll helfen, einen altbekannt­en Wettbewerb­snachteil mittelfris­tig zu kompensier­en. Kuka ist noch immer stark abhängig von den Kunden in der Automobili­ndustrie. Diese Branche gehört in der Regel zu den ersten, die einen wirtschaft­lichen Einbruch zu spüren bekommen – und die jüngsten Prognosen gehen bekanntlic­h von einer nachlassen­den Konjunktur im kommenden Jahr aus. Aber wer weiß, manchmal lügen die Zahlen ja auch.

 ?? Foto: Tim Wagner, Imago ?? Auf der Hannover Messe präsentier­te Kuka im Frühjahr publikumsw­irksam einen Roboter, der sogar ein Weißbier einschenke­n kann – mit Schaumkron­e.
Foto: Tim Wagner, Imago Auf der Hannover Messe präsentier­te Kuka im Frühjahr publikumsw­irksam einen Roboter, der sogar ein Weißbier einschenke­n kann – mit Schaumkron­e.
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany