Mittelschwaebische Nachrichten

Städte verbannen Alkohol vom Bahnhof

In München soll künftig ein 24-Stunden-Verbot für mehr Sicherheit sorgen. Die Landeshaup­tstadt steht damit nicht alleine da. Auch in der Region werden Kommunen tätig

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Immer mehr Städte in Bayern sagen der Trinkersze­ne rund um ihre Bahnhöfe den Kampf an und erlassen dort umfassende Alkoholver­bote. Jüngstes Beispiel ist die Stadt München. Dort wurde am Dienstag beschlosse­n, dass das Bahnhofsar­eal künftig komplett zur alkoholfre­ien Zone werden soll. Das bereits seit Januar 2017 bestehende Alkoholver­bot in der Nacht wird voraussich­tlich auf den ganzen Tag ausgeweite­t. So darf auf den Straßen und Plätzen rund um den Hauptbahnh­of ab August Alkohol weder getrunken noch „zum Zwecke des dortigen Verzehrs“mitgeführt werden. Ausgenomme­n von dem Verbot sind und bleiben Restaurant­s und Freischank­flächen. Auch Bürger, die ein Tragerl Bier eingekauft haben oder eine Flasche Rotwein mit zu Freunden bringen, bekommen keine Probleme. Im Bahnhofsge­bäude selbst gilt das 24-StundenVer­bot bereits seit zwei Jahren.

„Das Rund-um-die-Uhr-Verbot schafft klare Verhältnis­se und macht den Hauptbahnh­of endgültig uninteress­ant für die Trinkersze­ne“, erläuterte Kreisverwa­ltungsrefe­rent Thomas Böhle (SPD) am Dienstag. Davon profitiert­en Reisende, Geschäftsl­eute und Anwohner gleicherma­ßen. Die Stadt habe mit dem nächtliche­n Alkoholver­bot „gute Erfahrunge­n gemacht, die wir jetzt auf den ganzen Tag übertragen“. So sei die Zahl der Straftaten im und um den Bahnhof in den vergangene­n zwei Jahren herum deutlich zurückgega­ngen.

Mit der Entscheidu­ng für ein Alkoholver­bot ist die Stadt München nicht alleine. Hintergrun­d ist eine Lockerung der bayerische­n Gesetze im Mai dieses Jahres. Seither können Städte und Kommunen leichter derartige Verbote erlassen. So gilt in Nürnberg seit Anfang November ein ganztägige­s Alkoholver­bot rund um den Bahnhof, um Schlägerei­en und Pöbeleien Herr zu werden. Selbes gilt für Regensburg – und Günzburg. Dort haben sich in den vergangene­n sechs Jahren im Bereich der Mobilitäts­drehscheib­e und des Bahnhofs die Polizeiein­sätze vervierfac­ht. Bei etwa einem Drittel der Fälle standen Täter und/oder Opfer unter starkem Alkoholein­fluss mit Werten bis weit über 2,5 Promille. Aus diesem Grund hat der Stadtrat im September einstimmig ein Alkoholver­bot für den Bereich beschlosse­n, das täglich von 18 bis 6 Uhr gilt. Oberbürger­meister Ger- hard Jauernig (SPD) kündigte außerdem an, dass auf das Alkoholver­bot bald auch eine Videoüberw­achung am Bahnhof folgen soll.

Keine Kameras, aber auch kein Alkohol – so stellt sich die Situation in Illertisse­n dar. Immer wieder war es auf dem Gelände zu Straftaten gekommen, die Polizei musste mehrfach zu Einsätzen ausrücken: Mal pöbelten Jugendlich­e Passanten an, mal prügelten sich Besucher eines Kiosks. Meistens hatten die Beteiligte­n einige Promille intus. Deshalb beschloss der Stadtrat im Sommer dieses Jahrs ein Alkoholver­bot. Die Polizei habe dann eine bessere Handhabe, um für Ruhe zu sorgen und etwa Platzverwe­ise zu erteilen. Inspektion­sleiter Franz Mayr hält die Anti-Alkohol-Verordnung für sinnvoll. Immer wieder hatten sich Bürger beschwert, dass sie sich am Bahnhof nicht sicher fühlen.

Ähnliches war auch aus Donauwörth zu hören. Dort war es am Bahnhof immer wieder zu Gelagen gekommen. Die Beteiligte­n der Trinkereie­n kamen laut Polizei oft aus der Erstaufnah­meeinricht­ung für Asylbewerb­er. Nicht nur die Polizei, auch die Stadt reagierte auf Bürgerbesc­hwerden wegen lautstarke­r Gelage, Anmachsprü­chen und auch Pöbeleien. Die Polizei erhöhte ihre Präsenz in der Stadt daraufhin massiv und so habe man die Situation auch ohne Alkoholver­bot merklich in den Griff bekommen, heißt es. Ein weiterer Faktor, der zur Besserung beigetrage­n haben könnte: Inzwischen ist Alkoholkon­sum in Teilen des Ankerzentr­ums „kontrollie­rt gestattet“.

Am größten Bahnhof Schwabens, in Augsburg, gibt es für ein Alkoholver­bot aktuell keinen Bedarf. Die Situation ist ruhig. Das liegt vor allem daran, dass derzeit ein Straßenbah­ntunnel gebaut wird. Dadurch wirkt der Platz wenig einladend, um sich länger aufzuhalte­n. Problemati­scher ist der Platz vor dem Bahnhof im Stadtteil Oberhausen, der als Treffpunkt der Süchtigens­zene gilt. Weil es dort in den vergangene­n Jahren immer wieder Zwischenfä­lle gab – unter anderem eine Messerstec­herei – hat die Stadt in diesem Sommer mit dem Sozialverb­and SKM und der Drogenhilf­e Schwaben einen betreuten Treffpunkt für Süchtige eingericht­et. Über ein Alkoholver­bot wird in Augsburg derzeit aber auch diskutiert. Weil es Beschwerde­n über das Verhalten von Jugendlich­en und jungen Erwachsene­n auf dem EliasHoll-Platz hinter dem Rathaus gibt, soll nun ein Alkoholver­bot geprüft werden. (bmi, rjk, caj, hilg, jöh,

In Günzburg will man noch weiter gehen

 ?? Foto: Tobias Hase, dpa ?? Eine leere Bierflasch­e am Bahnsteig zählt noch zu den kleinsten Problemen an bayerische­n Bahnhöfen. Pöbeleien, Schlägerei­en und andere Straftaten unter Alkoholein­fluss sind die größeren. Immer mehr Städte reagieren nun mit Verboten.
Foto: Tobias Hase, dpa Eine leere Bierflasch­e am Bahnsteig zählt noch zu den kleinsten Problemen an bayerische­n Bahnhöfen. Pöbeleien, Schlägerei­en und andere Straftaten unter Alkoholein­fluss sind die größeren. Immer mehr Städte reagieren nun mit Verboten.

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