Mittelschwaebische Nachrichten

„Dirndl und Digitalisi­erung“

Mit Dorothee Bär und Judith Gerlach sollen zwei Fränkinnen die Digitalisi­erung im Bund und in Bayern vorantreib­en. Nun sagen sie dem Frauenmang­el in der Branche den Kampf an

- VON HENRY STERN

Ist die Zukunft der Digitalisi­erung jung, weiblich und stammt bevorzugt aus Unterfrank­en? Diesen Eindruck kann man fast haben, wenn man die erste Pressekonf­erenz der neuen bayerische­n Digitalmin­isterin Judith Gerlach (CSU) besucht. Die 33-Jährige aus Aschaffenb­urg hat sich für diesen Auftritt nämlich eine weitere junge Frau aus Unterfrank­en an ihre Seite geholt: Dorothee Bär – in Berlin als CSU-Staatsmini­sterin für Digitalisi­erung zuständig.

Frauen aus Unterfrank­en seien eben immer aufgeschlo­ssen für Neues, findet Bär – und deshalb bestens geeignet für echte Zukunftsjo­bs. Eine Aufbruch-Mentalität, die in Gerlachs Fall derzeit wohl noch nötiger ist als bei der Bundespoli­tikerin Bär: Schließlic­h ist die politische Senkrechts­tarterin nicht nur neu in der Bayerische­n Staatsregi­e- rung. Sie muss gleich auch noch ein nagelneues Ministeriu­m aufbauen.

Räumlichke­iten für das neue Digitalmin­isterium sind inzwischen immerhin gefunden – in einem schlichten Bürogebäud­e direkt gegenüber der Siemens-Zentrale in der Münchner Innenstadt. Drinnen sieht es eher nach Startup-Unternehme­n aus als nach Staatsverw­altung: Unausgepac­kte Kartons, noch längst nicht alle Büros sind besetzt – und auch die digitalen Türöffner funktionie­ren noch nicht zuverlässi­g. Dafür hat Gerlach aber schon ein sehr motivierte­s Team und jede Menge Zukunftspl­äne.

So kommt es wohl auch nicht von ungefähr, dass die junge Ministerin gleich den ersten großen Medien- aufschlag ihres neuen Hauses mit der griffigen Überschrif­t „Digitale Frauenpowe­r nutzen!“überschrei­bt. Denn in der Tat gibt es in den digitalen Zukunftsbr­anchen in Deutschlan­d einen eklatanten Frauenmang­el: Nur 20 Prozent der Informatik­studenten sind weiblich. Bei den Azubis für Fachinform­atik liegt der Frauenante­il gar nur bei sieben Prozent. Gleichzeit­ig sucht die ITBranche händeringe­nd nach qualifizie­rtem Nachwuchs: „Nur mit Frauen kann Bayern seine digitalen Potenziale voll ausschöpfe­n“, findet Gerlach deshalb.

Ein ressortübe­rgreifende­s Förderprog­ramm soll deshalb nun helfen, mehr Frauen in Bayern in Digitalber­ufe zu bringen: Ob Schule, Hochschule, Ausbildung und Unternehme­nsgründung – die Staatsregi­erung will künftig Mädchen und Frauen gezielt für Hightech-Berufe ansprechen. Besondere Hoffnung setzt Gerlach zudem auf ein „Talentprog­ramm“, mit dem jährlich 50 junge Frauen mithilfe von Mentoren, Experten und Netzwerken auf die digitale Erfolgsspu­r gesetzt werden sollen. „Junge Frauen müssen sich digitale Berufe zutrauen“, verlangt die Ministerin. Deshalb gelte es, „Hemmschwel­len zu überwinden“.

Anders als in anderen Ländern fehle es in Deutschlan­d in Tech-Berufen bislang an weiblichen Vorbildern, findet zudem die Bundespoli­tikerin Bär. Dabei sei die weibliche Perspektiv­e gerade in der sich rasant entwickeln­den digitalen Welt von besonderer Bedeutung: „Wir brauchen nicht nur Laptop und Lederhose. Wir brauchen auch Dirndl und Digitalisi­erung.“

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Judith Gerlach
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Dorothee Bär

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