Mittelschwaebische Nachrichten

Rentner Stubbe ist wieder im Dienst

Wolfgang Stumph zählt zu den beliebtest­en deutschen Schauspiel­ern. Jetzt ließ er sich noch einmal zu einem Krimi überreden – und der ist ziemlich untypisch für einen Samstagabe­nd

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Herr Stumph, Ihr Kommissar Stubbe kehrt wieder auf den Bildschirm zurück. Was ist passiert?

Wolfgang Stumph: Die Zuschauer und der Sender haben gedrängt, wieder einen Samstagabe­nd-Krimi mit Stubbe aufleben zu lassen. Die Vorlagen und Ideen habe ich zunächst abgelehnt, mich dann aber umentschie­den. Viele Menschen haben ja Probleme mit dem Thema Ruhestand – und darum geht es im neuen Fall. Ich war selbst neugierig: Wie wird es Stubbe in diesem neuen Lebensabsc­hnitt gehen?

Sie reisen als „Stubbe“im Ruhestand auf die beschaulic­he Nordseeins­el Amrum, denken übers Leben nach – und schon passiert wieder ein Mord. Stumph: Ich habe mich mit drei meiner Stammautor­en zusammenge­setzt und diese neue Folge entwickelt. Wir denken, dass das durchaus spannend für den Zuschauer wird, auch wenn es nicht gleich in den ersten drei Minuten zig Tote gibt. Es ist ein Beziehungs­drama mit Leiche, kein typischer Samstagabe­nd-Krimi, aber ein typischer Stubbe. Im Vordergrun­d steht das Beziehungs­problem, dass Menschen sich noch einmal treffen, um ihre alten Probleme zu lösen.

Haben Sie selbst sich im Ruhestand gelangweil­t?

Stumph: Ich bin ja gar nicht im Ruhestand, sondern in vielen Projekten engagiert. Ich bin ja eine Ich-AG und organisier­e mir meine Arbeit selbst. Heute kann ich meine Arbeit viel besser genießen als früher, weil ich nicht mehr wie ein Durchlaufe­rhitzer gleich drei Projekte auf einmal drehe. Von den vergangene­n 20 Jahren war ich ja nur etwa die Hälfte der Zeit daheim.

Warum haben Sie eigentlich vor vier Jahren als Stubbe aufgehört? Stumph: Ich habe keinen dritten „Go Trabi Go“-Film gemacht, auch keinen dritten „Job seines Lebens“– und „Salto Postale“nach 50 Folgen aufgehört. Man soll aufhören, wenn es am schönsten ist.

Was haben Sie in den vergangene­n Jahren alles gemacht? Hatten Sie nach Stubbe mehr Zeit daheim?

Stumph: Schon. Aber ich war trotzdem noch ziemlich beschäftig­t. Ich habe als Co-Produzent beispielsw­eise drei Dokumentat­ionen gemacht. Oder die Filme „Go Trabi Go – Forever“, „Harrys Insel“und „Blind- gänger“zur Flüchtling­sthematik. Ich habe in dem Kinofilm „100 Dinge“und in einem Kinderfilm eine kleine Rolle gespielt.

Die beiden letzten Folgen von Stubbe haben sieben beziehungs­weise acht Millionen Zuschauer gesehen. Was sind die Gründe für den Erfolg? Stumph: Die Fälle und Figuren sind wohl lebensecht­er als bei manch anderen Produktion­en. Wir haben in der Vergangenh­eit alles aufgegriff­en, bei dem wir denken, das könnte die Leute bewegen. Wir haben versucht, Hamburg und Dresden zu verbinden, wollten eine gesamtdeut­sche Sicht. Und nicht Ost und West gegeneinan­der ausspielen.

Stubbe und Stumph, das klingt ziemlich ähnlich. Stimmt es, dass Rollenname­n der meisten Figuren, mit denen Sie sich persönlich identifizi­eren können, wie Ihr Name mit „W“und „St“beginnen?

Stumph: Richtig. Das ist mein Prinzip. Daran merkt man, dass ich die Verantwort­ung habe. Ich bekenne mich dazu. Hinter den Figuren steckt sehr viel Stumphsinn. Davon gibt es schon über zwölf Figuren. Die heißen: Strutz, Stille, Steinbach, Stolze, Stubbe, Stumpi und so weiter.

Würden Sie sich als außerorden­tlich politische­n Menschen bezeichnen? Stumph: Da ich meine Wurzeln im politisch-satirische­n Kabarett habe – natürlich! Ich habe bei meinen Projekten oft auch politische Themen transporti­ert. Ich spüre mit den Füßen den Pulsschlag von heute und bin nur mit dem Kopf in den Wolken. Sie leben in Dresden: Die Stadt macht auch durch die Pegida-Demonstrat­ionen und Rechtsextr­eme Schlagzeil­en. Wie beurteilen Sie die Lage? Stumph: Das ist eine gesamtdeut­sche Situation. Dass Dresden so stark im Blickpunkt ist, liegt auch an den Medien, da sie fokussiert dahin zeigen – und nicht auf die westdeutsc­hen Städte, wo es auch Pegida und AfD gibt. Und wenn wir uns die 1000 auf dem Dresdener Theaterpla­tz angucken, dann sind da nicht mehr als 500 Dresdner dabei und die anderen kommen aus dem übrigen Deutschlan­d. Auch die Politik hat ihren Anteil. Es wird bis heute nicht richtig analysiert, wo die Gründe für Pegida liegen. Und einfach zu diesen Leuten nur „Pack“zu sagen, das ist nicht nur zu wenig, es ist falsch.

Warum sind im Osten so viele Menschen gegen Flüchtling­e eingestell­t? Stumph: Das Thema ist viel zu groß, als dass ich mit zwei Wortfetzen in einer Zeitung zitiert werden möchte. Das hängt mit Lebensläuf­en der Menschen zusammen, ihren Brüchen und manchmal auch mit der Nicht-Anerkennun­g ihrer Leistung. Aber auch mit Unsicherhe­iten in kleinen wie großen Zusammenhä­ngen unserer globalen Zeit.

Aus Dresden kommt der Christstol­len. Gehört der auch zu Ihrem Advent? Stumph: Selbstvers­tändlich. Zu euch gehört doch auch die Maß Bier. Der eine hat die Thüringer Wurst, wir haben den Stollen.

Sie verbringen Weihnachte­n immer im Kreis der Familie. Angeblich gibt es immer Sauerkraut und Würste. Wie läuft so ein Abend traditione­ll ab? Stumph: Am Heiligen Abend ist die Familie immer zusammen. Und es gibt in der Tat schlesisch­e Würste mit Sauerkraut und Kartoffelb­rei, weil meine Mutter aus Schlesien kommt. Und am zweiten Feiertag treffen sich mindestens 15 bis 20 Freunde bei uns. Da machen wir Livemusik und singen Weihnachts­lieder. Und wir trinken so viel Bowle, dass es auch immer sehr, sehr lustig wird. Da holen wir das nach, was wir im Laufe des Jahres mehr hätten an Zeit füreinande­r investiere­n können, um Freundscha­ften zu pflegen. Interview: Josef Karg

ODer Film „Stubbe – Von Fall zu Fall: Tod auf der Insel“mit Wolfgang Stumph wird am Samstag, 22. Dezember, um 20.15 Uhr im ZDF gesendet.

 ?? Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa ?? Da bin ich wieder! Wolfgang Stumph kam im Januar 1946 in Niederschl­esien zur Welt. Er wuchs in Dresden auf, wo er bis heute lebt.
Foto: Bernd von Jutrczenka, dpa Da bin ich wieder! Wolfgang Stumph kam im Januar 1946 in Niederschl­esien zur Welt. Er wuchs in Dresden auf, wo er bis heute lebt.

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