Mittelschwaebische Nachrichten
Der Unterschied zwischen dumm und mutig
Zwischen Wagemut und Dummheit liegen oft nur Nuancen. Dass es für den gemeinen Flachland-Europäer eher gesundheitsschädlich ist, auf zwei Brettern stehend vereiste Pisten runter zu knallen, beweisen Wochenende für Wochenende Kohorten niederländischer Ski-Lemminge im bemerkenswerten Zustand des kompletten Kontrollverlustes von Körper und Geist.
Die Austro-Alpinisten hingegen wedeln lässig an den mobilen Oranje-Stangen vorbei. Der Holländer wird vom Berg beherrscht. Der Österreicher beherrscht den Berg. Was ihn in seltenen Fällen auch nicht dafür bewahrt, sich sauber auf die Goschn zu legen. Künstlerpech.
Eben solches erlitt nun auch Christian Ludwig Attersee. Kein Skifahrer, nein. Sondern eben Künstler. Und als solcher dazu auserkoren, das Werbeplakat für zwei Weltcup-Rennen am heimischen Semmering zu gestalten. Neben allerlei aufgespießten Tierköpfen pinselte er eine nackte Frau auf Skiern, die sich von einem Mond zwischen die Beine lugen lässt. Nun lässt sich das Bild freilich so deuten, wie es sein Urheber will: „Das „Brüste Weisen“gilt seit dem Mittelalter als Ausdruck der Stärke der Frauen gegenüber der kriegerischen Männerwelt“, argumentiert Attersee. Das Bild zeige die Sportlerin in voller Aktion, die Nacktheit schenke ihr Vertrauen in ihre Umwelt.
Was Attersee unerwähnt lässt: Seit einem Jahr erschüttert ein Missbrauchsskandal den österreichischen Skisport. Ehemalige Rennfahrerinnen hatten öffentlich gemacht, belästigt und vergewaltigt worden zu sein.
Das Plakat provoziert sexuelle Interpretationen. Daran ist normalerweise nichts auszusetzen. In diesem Zusammenhang ist die Gestaltung aber nicht wagemutig. Sondern eben dumm.