Mittelschwaebische Nachrichten

Der fliegende Physiother­apeut

Julian Pfister betreut Snowboardp­rofis bei einem Weltcup in China. Für gewöhnlich arbeitet er in einer Praxis in Illertisse­n – und sieht in der Branche dringenden Handlungsb­edarf

- VON FELICITAS MACKETANZ

Das Pura-Syndrom ist äußerst selten – nur etwa 250 Fälle sind weltweit bekannt – doch die Folgen sind gravierend: Betroffene Kinder leiden an neuronalen Entwicklun­gsstörunge­n, epileptisc­hen Anfällen sowie Unregelmäß­igkeiten des Skeletts und des Hormonhaus­halts. Die Ursachen der erst 2014 beschriebe­nen Erbkrankhe­it sind bisher nicht vollständi­g verstanden und eine Behandlung ist nur sehr eingeschrä­nkt möglich. Um jungen Patienten zu helfen und letztlich eine wirksame Therapie zu finden, forscht Professor Dierk Niessing zu den Auslösern der seltenen Krankheit.

Am Ulmer Institut für Pharmazeut­ische Biotechnol­ogie sowie am Helmholtz Zentrum München, wo er Arbeitsgru­ppenleiter ist, geht Niessing den molekulare­n Ursachen der Erbkrankhe­it auf den Grund. Dafür wurde er jetzt mit dem Care-forRare Science Award ausgezeich­net. Der Leiter des Ulmer Instituts für Pharmazeut­ische Biotechnol­ogie teilt sich die mit 50 000 Euro dotierte Auszeichnu­ng mit Professor Tobias Hirsch, der am Universitä­tsklinikum Münster zur „Schmetterl­ingskrankh­eit“forscht. „Die Auszeichnu­ng bestärkt uns in unserer Forschung und in dem Ziel, mögliche Therapiefo­rmen für junge Patientinn­en und Patienten mit dem Pura-Syndrom zu finden“, so Niessing. (az)

Jeder Tag läuft während des Snowboard-Weltcups ähnlich ab: Der Wecker klingelt früh, die Sportler wärmen sich auf, frühstücke­n, werden mit speziellen Stoffen getapt und auf die Wettkämpfe vorbereite­t. Das heißt im Leben eines Freestyle-Profisnowb­oarders vor allem Training, Training, Training. Und natürlich muss ein Athlet auch genügend Zeit für die Regenerati­on seiner Muskeln, Sehnen und des Gewebes einräumen – und da kommt der Illertisse­r Julian Pfister ins Spiel. Der Physiother­apeut war Anfang des Jahres bereits bei den Olympische­n Spielen im südkoreani­schen Pyeongchan­g dabei und hat deutsche Freestyle-Snowboard-Athleten mit betreut (wir berichtete­n). Für ihn ging damit ein Traum in Erfüllung. Seit wenigen Tagen steht er nun wieder an der Halfpipe bei einem Snowboard-Weltcup in China und bereitet mit weiteren Experten aus dem Bereich Physiother­apie deutsche Top-Athleten auf die Wettkämpfe vor.

„Es ist unglaublic­h, Teil des Teams zu sein“, sagt der 32-Jährige. „Meine Hauptaufga­be ist auch, dafür zu sorgen, dass die Athleten genug trinken“, erklärt der Illertisse­r. Der Körper verbrauche bei Temperatur­en um die Minus 20 Grad unglaublic­h viel Flüssigkei­t. Bei diesen Minusgrade­n könne es sogar vorkommen, dass die „Gesichtszü­ge regelrecht einfrieren“. Deswegen werden die Profisnowb­oarder im Gesicht geschützt: Spezielle Tapes – also elastische Stoffe, die einem Pflaster ähneln – werden aufgeklebt und sollen ihre Haut schützen.

Pfister verbringt während des Weltcups jeden Tag mit den Sportlern, er betreut sie von morgens bis abends, und ist zur Stelle, wenn etwa der Muskel schmerzt oder die Hüfte plötzlich nicht mehr so beweglich ist wie sonst. „In China kann ich verschiede­nste Techniken anwenden, damit die Athleten wieder fit werden. Es ist ein immenser Erfahrungs­schatz, den ich dort sammeln kann“, sagt Pfister. Er bekomme außerdem direktes Feedback nach seiner Arbeit.

Diese Erfahrunge­n möchte er mit in seinen Heimatort nehmen. In Illertisse­n arbeitet Pfister in der Physiother­apie-Praxis seines Vaters Hanns-Ulrich Pfister und dessen Geschäftsp­artner Wolfram Hüfner mit. Er liebe seinen Job, sagt der 32-Jährige. Dennoch gebe es dringenden Handlungsb­edarf in der Branche – oder besser gesagt in der Politik: Der Bedarf an Physiother­apeuten steige. Die Zeit, die die Ex-

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