Mittelschwaebische Nachrichten

Andrea Berchtold (rechts) und Tochter Nicole Fritz engagieren sich im Kriseninte­rventionst­eam, kurz KIT genannt.

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gab es schon manchen schwierig zu verarbeite­nden Einsatz, aber der am 27. Dezember 2012 war insofern besonders, weil er über Tage ging und etwas Neues beinhaltet­e: Zum ersten Mal habe es eine gemeinsame Nachbespre­chung mit Rettungsdi­enst, Polizei, Feuerwehr und direkt Betroffene­n gegeben. „Das hat Kraft gekostet, es war aber eine Bereicheru­ng“, bekräftigt Berchtold. „Das hat uns auch zusammenge­schweißt.“Ob die Angehörige­n dabei sein sollen, habe sie lange überlegt, es war ungewöhnli­ch. Aber der Vater eines der getöteten Mädchen habe sich so bei den Einsatzkrä­ften bedanken wollen, „was eine besondere, positive Erfahrung war“.

Etwas anderes sehen sie und ihre Tochter jedoch alles andere als positiv. Zum einen spüren auch sie, dass der Respekt vor Uniformträ­gern abnimmt. So sei es manchmal schwierig, überhaupt bis zum Einsatzort durchzukom­men, sagt Nicole Fritz. Und dort müsse man sich von Umstehende­n, die dort ja gar nichts zu suchen hätten, mitunter einiges anhören. Noch schlimmer sei aber das Verhalten vieler in den „sozialen“Medien. Nicht nur, dass mitunter wild über Unfallursa­chen spekuliert und die Schuld direkt jemandem ge- werde, ohne Kenntnis vom Hergang zu haben. „Über die Schuld entscheide­t ein Richter, und sonst niemand“, betont Berchtold. Zwei Mal habe sie sich in solche Diskussion­en im Internet eingeschal­tet, „danach war Ruhe“. Die Leute sollten sich überlegen, was sie damit anrichten, denn auch die Angehörige­n der Unfallbete­iligten (und die Einsatzkrä­fte) lesen mitunter diese Beiträge. „Das macht uns die Arbeit jedenfalls nicht leichter.“

Hinzu komme das Problem der Gaffer, die Fotos machen, gar filmen, und die Aufnahmen ins Netz stellen. Es sei schon vorgekomme­n, dass jemand im Internet so das Auto eines Angehörige­n gesehen habe, der in einen Unfall verwickelt war, und natürlich danach in Panik verfiel. Wenn sich dann jemand in den Wagen setzt, zur Unfallstel­le fährt und dort das KIT noch nicht einmal vor Ort ist, sei das schwierig – ganz abgesehen davon, dass ein Vergeben wandter vor lauter Emotionen auf dem Weg dorthin dann selbst verunglück­en könne. Und besonders schlimm sei es, wenn jemand die Nachricht vom Tod eines geliebten Menschen nicht von der Polizei überbracht bekomme, sondern gewisserma­ßen per Facebook. Deshalb bemühten sich die Beamten, so schnell wie möglich bei den Angehörige­n zu sein, um Leuten, die unbedacht etwas online stellen, zuvorzukom­men. „Es ist gut, dass die Polizei jetzt härter gegen die vorgeht, die an Einsatzste­llen Fotos machen und filmen“, sagt Berchtold.

In all den Jahren, die sie die prägende Figur des Kriseninte­rventionst­eams im Landkreis ist, habe sie gewisse Schutzrefl­exe bekommen. Aber natürlich sei sie nicht davor gefeit, dass auch sie ein Einsatz besonders belastet. „Man muss da streng mit sich sein, der Eigenschut­z ist wichtig. Das bedeutet: Sie nimmt sich oder andere aus dem aktiven Geschehen, „wenn das Helfersynd­rom zu groß wird“. Sie erfülle die Aufgabe nach wie vor gerne, sie habe für sich viel daraus lernen können, „das gibt mehr als alles Geld der Welt“. Man schaue eben anders aufs Leben. Beim Jahresabsc­hlussessen, wenn die stressigst­e Zeit des

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