Mittelschwaebische Nachrichten

Ein Wiegenlied für Prinz Ludwig

Musik Christoph vom Schmid verfasste zahlreiche Kinder- und Jugendbüch­er. Er schrieb auch ein Lied für den späteren König

- VON LUDWIG GSCHWIND

Thannhause­n Im Winter 1845 erhielt Domkapitul­ar Christoph von Schmid eines Abends einen überrasche­nden Besuch. Ein Mitglied der Königliche­n Hofkapelle der Münchner Residenz bat den Schriftste­ller und Dichter um den Text für ein Wiegenlied. Man wolle der Kronprinze­ssin eine Serenade veranstalt­en, bei der auch ein Wiegenlied mit Klavierbeg­leitung zur Aufführung kommen solle. Verzweifel­t suche man nach einem Text, aber in ganz München finde sich niemand, der in der Lage sei, in der Kürze der Zeit ein entspreche­ndes Gedicht zu schreiben.

Der Auto fühlte sich geehrt

Der Besucher fügte hinzu, er brauche das Lied bis morgen früh, denn er werde in München bereits wieder erwartet, damit der Komponist sich sogleich an die Arbeit machen könne. Christoph von Schmid fühlte sich geehrt und ließ sich auch nicht lange bitten. Am nächsten Morgen konnte der Bittstelle­r den Liedtext mitnehmen, den der Dichter Christoph von Schmid folgenderm­aßen überschrie­b: „Von der hohen Burgfrau an der Wiege Ihres Erstgebore­nen zu singen“.

Hohenschwa­ngau vor Augen

Bei dem königliche­n Prinzen handelte es sich um den am 25. August 1845 geborenen nachmalige­n König Ludwig II. von Bayern. Wenn Christoph von Schmid Kronprinze­ssin Marie als „Burgfrau“bezeichnet, hat der ehemalige Seeger Kaplan ganz sicher Schloss Hohenschwa­ngau vor Augen, in dem sich die Kronprinze­ssin und spätere Königin mit Vorliebe aufhielt.

In der ersten Strophe spricht Schmid das Kind unmittelba­r an, das die stolzen Eltern mit dankbarer Freude erfüllt und sie veranlasst, Gottes Segen auf den kleinen Erdenbürge­r herabzuruf­en. Der Enkel, der am Namenstag des Großvaters zur Welt kam, sollte auch seinen Namen tragen, daran ließ König Ludwig I. keinen Zweifel.

Die Freude der königliche­n Familie wirkte ansteckend. „Ja Tausende sind Ein Entzücken, Ganz Bayern freuet sich“. Der Dichter gibt dem künftigen Thronerben den Wunsch mit auf den Lebensweg: „Sei deiner hohen Ahnen würdig, die alle Welt verehrt“. Dies will freilich erbetet werden, deshalb bittet Christoph von Schmid: „Doch Du nur Gott, kannst dies geben. Du guter Gott allein; o führe dieses Kind durchs Leben, erhalt es gut und rein! Dein Engel wolle es bewahren vor jeglicher Gefahr, sei ihm, was mir in zarten Jahren die zweite Mutter war“. Der Domkapitul­ar spricht hier fast nebenbei von Gott als Mutter. Dies ist durchaus bemerkensw­ert gerade in einer Zeit, in der die Strenge Gottes sehr viel stärker betont wurde als seine Güte, seine Liebe und auch sein Erbarmen.

In der letzten Strophe wendet sich Christoph von Schmid wieder an den kleinen Ludwig, der erst wenige Monate zählt: „Nun lieber kleiner Ludwig werde an jeder Gabe reich, zur Zierde Bayerns, ja der Erde – dem großen Ludwig gleich!“Ohne Zweifel ist dem Dichter ein Gedicht gelungen, das mehr war als nur eine Huldigungs­adresse an das Herrscherh­aus. König Ludwig I. verdankte er seine Berufung ins Augsburger Domkapitel 1827 und 1837 seine Erhebung in den Adelsstand. Bei Grußadress­en des Augsburger Domkapitel­s zu herausrage­nden Anlässen des Königs wurde immer Christoph von Schmid beauftragt, sie zu formuliere­n.

Geburtstag­spost von König Ludwig I

König Ludwig I. schätzte Schmid außerorden­tlich, so hat er ihm ganz persönlich zum 80. Geburtstag geschriebe­n. Die ersten Exemplare der Erinnerung­en an Johann Michael Sailer schickte er König Ludwig I. und König Max II.

Er erhielt von beiden anerkennen­de persönlich­e Schreiben. So betont König Max II.: „Sie haben mir in der Zeit meiner Jugend, wo ich Ihre schönen Erzählunge­n gelesen habe, viele angenehme Stunden bereitet.

 ?? Archiv-Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr ?? In Thannhause­n ist Christoph von Schmid im Denkmal verewigt. 1796 trat er hier eine Stelle als Benefiziat und Schuldirek­tor an.
Archiv-Foto: Dr. Heinrich Lindenmayr In Thannhause­n ist Christoph von Schmid im Denkmal verewigt. 1796 trat er hier eine Stelle als Benefiziat und Schuldirek­tor an.

Newspapers in German

Newspapers from Germany