Mittelschwaebische Nachrichten
Der Helfer muss in Haft
Prozess Betrüger erbeutet fast 13 000 Euro. Vor Gericht steht sein mutmaßlicher Komplize
Memmingen/Illertissen Diese Abmachung hätte einen 28 Jahre alten Mann stutzig machen müssen: Er wurde im Sommer 2016 bei einem Urlaub in seiner bulgarischen Heimat von einem dort lebenden Mann gebeten, ein Bankkonto anzulegen. Von dem darauf eingehenden Geld dürfe er 20 Prozent behalten, den Rest habe er dem Auftraggeber abzutreten. Gesagt, getan. Schon wenige Tage später waren 7400 Euro aus Deutschland überwiesen worden und wurden wie vereinbart verteilt. Weil sich der 28-Jährige darauf eingelassen hat, musste er sich nun vor dem Memminger Amtsgericht wegen Beihilfe zum Betrug verantworten.
Sie waren für eine Woche in Urlaub
Doch woher kam das Geld? Es war einem Illertisser Ehepaar durch Betrug gestohlen worden. Das Paar hatte bei einer Bank in der Vöhlinstadt zwei Konten. Die Tat geschah damals, als die beiden für eine Woche in Urlaub waren. Ebenso wie der persönliche Kundenberater des Paares. Bei dessen Vertreter kam der Anruf eines Mannes an, der behauptete, er sei der Inhaber der Konten.
Das konnte er am Telefon damit belegen, dass er nicht nur seine persönlichen Daten nannte, sondern auch seine Iban und den aktuellen Kontostand. Er bat den Bankangestellten um Überweisung von 5380 Euro auf ein Konto in Bulgarien. Er wolle sich dort ein Ferienhaus kaufen, sagte der Anrufer. Sein Wunsch wurde erfüllt. Ein paar Tage später meldete sich der Mann erneut. Dieses Mal ging es um 7400 Euro vom zweiten Konto. Auch diesem Begehren kam die Bank nach. Das von der Reise zurückgekehrte Paar bemerkte die Abbuchungen schnell, reklamierte sie bei der Bank und schaltete die Polizei ein.
Wie die Betrüger an die Daten der Illertisser kamen und wer der Anrufer war, ist unklar. Das konnte auch vor Gericht nicht geklärt werden. Die Bankkarten waren nie verloren gewesen, der Mann und die Frau verwendeten kein Internetportal für Bankgeschäfte.
Gemeinsam mit der Polizei in Bulgarien kamen deutsche Ermittler aber auf die Spur des 28-Jährigen. Der lebt seit zehn Jahren mit Frau und zwei Kindern in Holland, wo er auch arbeitet. Einmal jährlich macht die Familie Urlaub in Bulgarien. „Der hat sich da einfach bequatschen lassen. Es tut ihm leid, er möchte das wiedergutmachen“, sagte sein Verteidiger nun vor Gericht. Von dem zweiten Betrag in Höhe von 5380 Euro wollte der Angeklagte nichts wissen. Der Mann am Telefon kann er nicht gewesen sein, da er kein Deutsch spricht.
Ende 2017 erging ein Haftbefehl, bei seinem Urlaub im August 2018 wurde er verhaftet und dann nach Deutschland ausgeliefert. Seit vier Monaten sitzt er in Memmingen in Untersuchungshaft.
Ein Jahr und vier Monate in Haft
Das Gericht glaubte dem 28-Jährigen nicht alles: Vieles sei widersprüchlich und er hätte hinter dem Wunsch des anderen nach einem Konto in Bulgarien eine kriminelle Absicht vermuten müssen. Ein Jahr und vier Monate muss der Mann nun in Haft bleiben. Und er muss die Geldsumme zurückzahlen.
Vor dem Gerichtssaal gab es nach der Urteilsverkündung herzergreifende Szenen mit den aus Holland angereisten Familienmitgliedern.