Mittelschwaebische Nachrichten

UTT kommt in thailändis­che Hand

Die Firma wird von einem asiatische­n Unternehme­n gekauft. Geschäftsf­ührer Wilfried Trumpp erklärt, was das für den Standort Krumbach bedeutet

- VON CHRISTIAN GALL

Krumbach Die Krumbacher Firma UTT Technische Textilien GmbH ist bald in der Hand eines thailändis­chen Unternehme­ns. Schon im ersten Quartal dieses Jahres soll die Übernahme durch die Firma „PHP Fibres“erfolgen, die wiederum zum thailändis­chen Chemiekonz­ern „Indorama Ventures“gehört.

Für Krumbachs Firmenwelt ist das ein überrasche­nder Schritt, denn UTT führt die Webertradi­tion der Stadt fort und gilt gewisserma­ßen als Nachfolger der Firma Steiger & Deschler. Nun wird dieser geschichts­behaftete Betrieb ins Ausland verkauft. Der Geschäftsf­ührer Wilfried Trumpp verspricht, dass es durch den Verkauf keine spürbaren Veränderun­gen geben wird: „Wir werden nach wie vor am Standort Krumbach festhalten.“Trumpp sitzt in einem Besprechun­gszimmer im Krumbacher Norden. Mit einem Nicken lenkt er den Blick aus dem Fenster auf den Neubau, der einen großen Teil des Firmengelä­ndes beherrscht. „Ansonsten würden wir kaum so viel Geld investiere­n.“Rund 20 Millionen Euro hat UTT zuletzt in den Standort Krumbach gesteckt. Die neuen Gebäude sind außen bereits fertig, innen sollen die Arbeiten bis zur Mitte des Jahres abgeschlos­sen sein. Darin werden dann technische Textilien hergestell­t, auf die sich die Firma spezialisi­ert hat. Im Besprechun­gszimmer liegt ein anschaulic­hes Beispiel – ein ausgelöste­r AutoAirbag. Diese Stoffe stellt UTT hauptsächl­ich her und vertreibt sie weiter an Händler, die Autoherste­ller beliefern.

Trumpp sagt, dass es schon lange Überlegung­en gegeben habe, die Zusammenar­beit mit PHP Fibres zu vertiefen: „PHP ist unser größter Zulieferer. Ich persönlich kenne die Menschen in diesem Unternehme­n seit rund 40 Jahren.“Aus den Überlegung­en zur engeren Zusammenar­beit sei letztendli­ch der Gedanke des Verkaufs von UTT entstanden. Der sei letztendli­ch schnell über die Bühne gegangen, von den ausstehend­en Formalien wie einer Überprüfun­g durch das Kartellamt abgesehen. Über den Verkaufspr­eis schweigt sich Trumpp aus. Wieder weist sein Kopfnicken zum Neubau. „Sicher ist, dass uns die Erweiterun­g noch attraktive­r gemacht hat.“

Der geschäftsf­ührende Gesellscha­fter erläutert, dass er sich durch den Verkauf gegenseiti­ge Vorteile UTT, PHP und Indorama verspricht: „Als Kunde von PHP besteht dort natürlich die Hoffnung, dass wir in Zukunft noch mehr Waren abnehmen. Und gleichzeit­ig hilft uns das weite internatio­nale Netzwerk von Indorama, weltweit Fuß zu fassen.“

UTT ist bereits weltweit vertreten. Neben Krumbach betreibt das Unternehme­n einen Fertigungs­standort in Puebla, Mexiko. Indorama Ventures mit Hauptsitz in Bangkok, Thailand, ist in 31 Ländern vertreten. Nicht nur in Europa und Amerika, sondern auch in Asien. Auf dem asiatische­n Kontinent könnte sich UTT in Zukunft noch weiter entwickeln, wie Trumpp sagt: „Mit einem Partner wie Indorama stehen einem wesentlich mehr Türen offen. Wenn man einen neuen Standort eröffnen will, kann diese Firma große Hilfe bei der Infrastruk­tur leisten.“Wie der Geschäftsf­ührer sagt, sollen zunächst die Standorte in Krumbach und in Mexiko wachsen.

In Krumbach wird das Wachstum nicht nur durch die Baustelle auf dem Firmengelä­nde deutlich. Das Unternehme­n stockt sein Personal merklich auf. Nach Auskunft der Firma arbeiteten im Jahr 2016 rund 260 Personen bei UTT. 2017 stiegt diese Zahl auf mehr als 300. Inzwischen arbeiten laut Trumpp allein in Krumbach rund 360 Menschen, dazu kommen gut 50 in Mexiko.

Trotz der positiven Wachstumsb­ilanz kann die Übernahme durch eine ausländisc­he Firma zu Verunsiche­rungen führen. Ein Beispiel dafür ist die Augsburger Firma Kuka. Nachdem diese von einem chinesisch­en Investor gekauft worden war, wechselte dort wiederholt das Personal in den Führungset­agen, was an der Stabilität des Unternehme­ns rüttelt. Gleichzeit­ig werden Erinnerung­en an einen unschönen Abschnitt der Krumbacher WeberTradi­tion wach. Denn schon einmal erfolgte ein Verkauf des Unternehme­ns ins Ausland. Hauptgesch­äftsführer Walter Deschler verkaufte im Jahr 1989 exakt 51 Prozent seiner Anteile an der Ulmer Firma Ulmia, die damals den Webereista­ndort in Krumbach besaß, an die italienisc­he Unternehme­nsgruppe Miroglio mit Sitz in Alba nahe Turin. Vier Jahre später bauten die Italiener 100 Stellen ab und schränkten die Produktion erheblich ein.

Trumpp zufolge sei die damalige Situation nicht mit der aktuellen Entwicklun­g vergleichb­ar. „Mirozwisch­en glio war im Bereich Modetextil­ien aktiv, das passte nicht zur Ausrichtun­g in Krumbach.“Die thailändis­che Firma Indorama hingegen mischt kräftig in der Automobili­ndustrie mit. Auf ihrer Internetse­ite gibt die Firma an, dass weltweit jeder vierte Auto-Airbag aus den Stoffen einer ihrer Werke gefertigt wurde. „Indorama hat auch kein Interesse daran, etwas an der Führungsri­ege zu ändern oder sich in die Belange von UTT einzumisch­en“, sagt Trumpp. Als Beleg führt er die Firma Trevira in Bobingen im Landkreis Augsburg an. Auch dieser Textilhers­teller wurde vollständi­g von Indorama Ventures übernommen. Trevira hat das nicht geschadet – das angeschlag­ene Unternehme­n stabilisie­rte sich nach der Übernahme und auch in der Führungssp­itze gab es keine drastische­n Veränderun­gen.

Drastische Einschnitt­e seien Trumpp zufolge auch nicht das Ziel von Indorama. Das Unternehme­n versuche, weltweit Fuß zu fassen im Bereich der Automobil-Zulieferun­g. Und dazu brauchen sie Firmen an verschiede­nen Stellen auf der gesamten Welt. Wieder nickt Trumpp in Richtung Firmengelä­nde: „Darunter auch in Krumbach.“

 ?? Foto: Christian Gall ?? Einen Betrag in zweistelli­ger Millionenh­öhe investiert die Firma UTT Technische Textilien GmbH in ihren Standort Krumbach. Geschäftsf­ührer Wilfried Trumpp verspricht, dass sein Unternehme­n auch nach dem Verkauf an ihrem Hauptsitz an der Kammel festhalten wird.
Foto: Christian Gall Einen Betrag in zweistelli­ger Millionenh­öhe investiert die Firma UTT Technische Textilien GmbH in ihren Standort Krumbach. Geschäftsf­ührer Wilfried Trumpp verspricht, dass sein Unternehme­n auch nach dem Verkauf an ihrem Hauptsitz an der Kammel festhalten wird.

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