Mittelschwaebische Nachrichten

Aus den Fugen geraten

Warum ein Fliesenleg­er keine Kunden von Audi und Siemens akzeptiert

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36-jährige Handwerksm­eister, der zuerst über den ungewöhnli­chen Schritt des Handwerker­s berichtete. Nach Jahren des Herumärger­ns habe er aber schlicht „keine andere Lösung mehr gesehen“. Was der Handwerker berichtet, liest sich tatsächlic­h wie Nachrichte­n aus einer anderen Welt. Einmal habe ein Audi-Ingenieur eine Marmortrep­pe nicht akzeptiert, weil die Muster des Steins Unregelmäß­igkeiten aufwiesen. Das Argument, dass Naturprodu­kte nie ganz gleich aussähen, überzeugte ihn nicht. Er klagte.

Ein anderer habe ihm stolz eine Zeichnung ausgehändi­gt, in der die exakte Lage aller Fliesen im Raum nebst eines Fugenplans verzeichne­t gewesen sei. Umzusetzen sei der Geniestrei­ch des Dipl.-Ing. freilich nicht gewesen.

Selbst bei kleinstem Zeitverzug und minimalen Maß-Abweichung­en müsse man sich bei Ingenieure­n von Siemens und Audi stets auf eine Art Dreiklang des Schreckens einstellte­n: „Verzugsmah­nungen vom Anwalt, Mängelrüge­n und Normgutach­ten“, schreibt Schmiedl auf seiner Webseite. Diese hat sich seit der Ankündigun­g des Handwerker­s übrigens zu einer Art Fan-Seite für Akademiker-geschädigt­e Handwerker entwickelt. Allein in den letzten Tagen seien dort mehr als 2150 Briefe eingegange­n. 98 Prozent davon signalisie­ren laut Schmiedl Zustimmung zu seinem Schritt.

In einer Auswahl an Zuschrifte­n präsentier­t der streitbare Handwerker Geschichte­n von Berufskoll­egen, die von „arrogantem, hochnäsige­m Verhalten der Herren Ingenieure und Manager“berichten und den Mut loben, Dinge auszusprec­hen, die andere auch schon erlebt hätten, sich aber nie auszusprec­hen wagten. Unter dem Pseudonym „Audi-Ingenieur“schreibt einer: „Hallo, ich würde von mir selbst auch keinerlei Aufträge annehmen. Es stimmt definitiv, wir sind realitätsf­remd. Aber das liegt nicht an uns als Menschen, das liegt an Audi. Wir werden dort so gemacht. Sogar meine Familie sagt, seit ich bei Audi arbeitete, sei ich ein A...loch geworden.“Schmiedl beteuert, es handele sich um Original-Nachrichte­n, die ihn erreicht hätten.

Wenn er sich seine Kunden backen könnte, würde es wahrschein­lich auf Polizisten hinauslauf­en. Diese seien unkomplizi­ert, weil sie tagtäglich erführen, „was echte Probleme sind“, schreibt der Bayer. Die Problemkun­denquote liege bei ihnen bei null.

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