Mittelschwaebische Nachrichten

Familientr­effen auf der Burg

J. R. Bechtle spielt etwas viel Schicksal

- Lilo Solcher

Der schreibend­e Volljurist J. R. Bechtle, im Rheinland geboren und heute in San Francisco lebend, schlägt im Roman „Burgkinder“den Bogen vom Kriegsende in Deutschlan­d bis zur Gegenwart im Silicon Valley. In der Nachkriegs­und Wiederaufb­auzeit kreuzen sich die Wege der deutschen Schriftste­llerfamili­e Fürst und der jüdischame­rikanische­n Unternehme­rfamilie Wiseman mehrfach auf schicksalh­afte Weise – bis sich mit einem reichlich konstruier­ten Romanende der Kreis schließt. Die Familiensa­ga umspannt ein halbes Jahrhunder­t, sie erzählt von Hochmut und tiefem Fall, von kleinen Leuten mit großem Herzen, von Helden wider Willen und ewig Gestrigen. J. R. Bechtle schreibt aus unterschie­dlichen Perspektiv­en, überspring­t Jahrzehnte und bringt nach einem halben Jahrhunder­t die Protagonis­ten des Anfangs noch einmal auf der Burg zusammen, auf der alles seinen Ausgang nahm. Schade nur, dass den Personen die Tiefe fehlt. Zu holzschnit­tartig sind die Charaktere, um ihnen wirklich nahezukomm­en. Dennoch kann man sich einlesen in Bechtles Kosmos, auch wenn der Autor ziemlich oft Schicksal spielt.

Was er den Lesern mitgeben will, lässt er Hanna denken, die außereheli­che Tochter der Haushälter­in, die in den USA zu Reichtum gekommen ist: „Die eigene Vergangenh­eit ist wie ein Anker, dessen Gewicht man erst spürt, wenn man ihr wieder begegnet… eine bestimmte Zukunft ist nie ohne eine bestimmte Herkunft denkbar.“

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J. R. Bechtle, Burgkinder, Frankfurte­r Verlagsans­talt, 474 S., 24 Euro

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