Mittelschwaebische Nachrichten
„Es darf dich nicht kaputtmachen“
Interview Augsburgs Manager Stefan Reuter spricht über den Abstiegskampf und die Verletztenmisere des FCA. Warum er an Trainer Manuel Baum weiter festhält und was er über die Ausleihe von Caiuby nach Zürich denkt
Haben Sie derzeit Angst um Ihren Job als Geschäftsführer Sport? Reuter: Ganz und gar nicht. Das haben Michael Reschke in Stuttgart und Bornemann in Nürnberg vor ein paar Tagen wohl auch gedacht. Dann wurden sie freigestellt. Reuter: Ich habe diesbezüglich überhaupt keine Angst. Also haben Sie die volle Rückendeckung von Herrn Hofmann?
Reuter: Wir sind extrem geschlossen und haben bewiesen, dass wir die Dinge auch über die Jahre sehr eng abgestimmt angegangen sind. Das ist die große Stärke des FCA, dass man in schwierigen Phasen geschlossen ist. Von daher mache ich mir darüber gar keine Gedanken. Stehen Sie jetzt in dieser Phase häufiger in Kontakt mit dem Präsidenten? Reuter: Wir haben immer einen engen Austausch. Es gibt 100-prozentiges Vertrauen. Wie plant denn der FCA unten rauszukommen? Reuter: Es ist für uns eine große und schwierige Herausforderung, weil wir viele angeschlagene Spieler haben. Es ist etwas anderes, wenn du deinen ganzen Kader zur Verfügung hast. Dazu kommt noch, dass wir mit Caiuby und Hinteregger zwei Leistungsträger der letzten Jahre nicht mehr dabei haben. Jetzt sind alle gefordert, noch enger und kompakter zu werden, um die nötigen Punkte einzufahren. Wir haben Bayern München vor der Brust. Das ist immer reizvoll, du überlegst immer, wie kannst du Bayern das Leben schwer machen und für eine positive Überraschung sorgen. Die Stimmung vor diesem Spiel könnte aber besser sein, oder? Reuter: Es hat schon viele schwierige Phasen in meiner Fußballzeit gegeben. Natürlich mussten wir mit den Enttäuschungen von Caiuby und
Hinteregger erst einmal umgehen. Das war vor Weihnachten natürlich nicht so geplant. Hat Sie das wirklich überrascht?
Reuter: Ja, die Entwicklung war überraschend und enttäuschend. Auch weil wir gezwungen waren, zu reagieren. Gewisse Dinge gehen innerhalb einer Gruppe aber nicht. Wenn das Fass überläuft, muss man handeln. Klären Sie uns doch auf, warum der FCA bei Caiuby so lange gewartet hat und bei Hinteregger sofort reagiert hat? Reuter: Es ist nicht unsere Art, dies in der Öffentlichkeit zu kommunizieren. Das gehört sich in einem menschlichen Umgang einfach nicht. Es gibt gewisse Dinge, die gar nicht gehen. Wir wollen alle in eine Richtung marschieren und wenn das nicht gegeben ist, müssen sich die Wege trennen. Hat Hinteregger wirklich den FCA in der Winterpause verlassen wollen?
Reuter: Man hört es immer wieder. Aber auch das sind Dinge, die wir nicht kommentieren. Dass ein Berater auch mal aktiv wird und Gespräche führt und dies an die Öffentlichkeit gerät, das ist mittlerweile leider so. Bei uns stehen ganz klar Verein und Mannschaft über jedem Einzelnen, und man kann sich gewisse Dinge nicht einfach herausnehmen. Sie haben Caiuby jetzt noch kurzfristig bis zum Saisonende an Grasshopper Club Zürich verliehen. Warum? Reuter: Wir hatten Caiuby deutlich gemacht, dass er aktuell keine Zukunft in Augsburg hat. Mit Zürich haben wir nun eine Lösung gefunden, die für alle Parteien vorteilhaft ist. Daher haben wir dem Wechsel zugestimmt. Lassen Sie uns auf das Bremen-Spiel zurückblicken, das 0:4 war ernüchternd … Reuter: Natürlich sind wir mit so einem Spiel nicht zufrieden. Wir haben bei den Gegentoren in Bremen gravierende Fehler gemacht. Aber wir kennen auch die ganzen Schwierigkeiten, die wir aktuell haben. Dass Spieler spielen, die keinen guten Rhythmus haben, die keine TopVorbereitung hatten. Aber für die offensive Taktik ist maßgeblich der Trainer zuständig ... Reuter: Es hat nicht immer mit taktischer Ausrichtung zu tun. Es geht auch um die Intensität, wie man anläuft, wie man spielentscheidende Zweikämpfe bestreitet. Es geht um einzelne Situationen. Darum sind wir ganz weit davon entfernt, dem Trainer die Schuld zu geben. Der Trainer steht also nicht zur Diskussion? Reuter: Nein. Aber nur 18 Punkte aus 21 Spielen. Wenn es so weitergeht, steigt man ab ... Reuter: So ist es. Aber man muss auch betrachten, in welcher Situation wir uns befinden. Wir haben viele angeschlagene und verletzte Spieler. Da kann ich nicht erwarten, dass ein Team so stabil auftritt, wie wenn alle Spieler im Saft stehen würden. Sie haben bei einer Veranstaltung in Günzburg offen über die Defizite von Manuel Baum gesprochen … Reuter: Das stellen Sie verfälscht dar. Es gibt heute kaum mehr einen Trainer, der alles abdeckt. Die Aufgabenvielfalt ist so enorm, dass man es nur noch im Team leisten kann. Manuel Baum ist ein Top-Trainer, er hat aber selbst nicht auf höchstem sportlichen Niveau gespielt. Das war der Grund, warum wir Jens Lehmann geholt haben, der unser Trainerteam sinnvoll ergänzt. Nimmt man da dem Chef-Trainer aber nicht ein Stück seiner Autorität? Reuter: Nein, gar nicht. Die Außenwirkung hat es aber und es gibt viele, die sagen, der wird nicht ewig in der zweiten Reihe bleiben? Reuter: Doch, das wird er. Jens hat klipp und klar gesagt, als Trainer ist er Neuling, und er kann enorm viel von Manuel Baum lernen und profitieren. Und er kann Manuel aus seinem Erfahrungsschatz als aktiver Spieler viel mitgeben. Von daher ist die Konstellation extrem interessant und gewinnbringend für uns alle. Würden Sie mit Manuel Baum notfalls auch in die 2. Liga gehen? Reuter: Wir haben immer gesagt, dass wir wissen, dass es uns einmal erwischen kann. Aber wir wollen nicht über das Thema 2. Liga sprechen, weil unser Ziel ganz klar der Klassenerhalt ist. Wir sind überzeugt, dass wir unser Ziel erreichen. Trotzdem, noch einmal die Frage: Würden Sie mit Manuel Baum in die 2. Liga gehen? Reuter: Ich würde das im Fall der Fälle nicht ausschließen. Freiburg hat aus es solch vorgemacht, einer Situation wie man hervorgehen gestärkt Wir beschäftigen kann. Noch uns mal nicht ganz mit deutlich: der 2. Liga. Ist das nicht fahrlässig?
Reuter: wir alle Das Kräfte ist nicht bündeln, fahrlässig, um in weil der Liga zu bleiben. Bisher hatte man nie das Gefühl, dass es zwischen den handelnden Personen knirscht. Diesen Eindruck hat man jetzt nicht mehr. So sitzt plötzlich der technische Direktor Stephan Schwarz nicht mehr auf der Bank. Es soll sogar Differenzen gegeben haben ... Reuter: Die Erfahrung, die ein Stephan Schwarz auf der Bank eingebracht hat, kann jetzt Jens Lehmann abdecken, der sowieso jeden Tag mit auf dem Trainingsplatz steht, da er Teil des Trainerteams ist. In der letzten Woche war Stephan Schwarz zum Beispiel bei der U20-Südamerikameisterschaft in Chile. Es ist wichtig, dass wir viel unterwegs sind. Das Scouting ist eine der Hauptaufgaben von Stephan Schwarz. Es gibt also keine Differenzen?
Reuter: Nein. Haben Sie im Scouting und der Teamzusammenstellung Defizite? Zuletzt mussten in der Innenverteidigung zwei 20-Jährige spielen. Reuter: Das ist doch unser Weg, dass wir jungen hochtalentierten Spielern die Möglichkeit geben, sich zu entwickeln. Dass ein Jeffrey Gouweleeuw wochenlang ausfällt, ist bitter. Aber jeder Verein hätte zu kämpfen, wenn Schlüsselspieler und Führungsspieler verletzt oder nicht fit sind. Die kannst du nicht 1:1 ersetzen. Von daher ist es eine schwierige Phase, in der wir auch Kritik einstecken müssen, weil wir zu wenige Punkte haben. Es gilt, gemeinsam dagegen anzukämpfen. Gibt es eine Konstellation, bei der Sie auch sich selbst infrage stellen würden? Reuter: Hätte-, Wenn-und-Aberund Was-müsste-passieren-Fragen interessieren mich nicht. Wir beschäftigen uns jeden Tag damit, wie wir uns die Erfolgserlebnisse holen können, die wir brauchen, um am Ende der Saison in der Liga zu bleiben. Es ist ganz wichtig, in solchen Phasen stabil und zuversichtlich zu bleiben. Es darf dich nicht kaputtmachen. Ich freue mich auf den Moment, wenn alle, die jetzt extrem kritisch sind, sagen: Hut ab, dass die das wieder geschafft haben. Interview: Robert Götz und Wolfgang Langner